Klaus Hermann: Ich stimme Ihnen auf jeden Fall zu. Es gibt zahllose Vermittler, die mit ihrem Büro, dem Outfit und nicht zuletzt mit sich selbst überraschen und begeistern. Das passiert übrigens auch bei einigen Versicherern. Da hat man immer häufiger den Eindruck, bei einem StartUp gelandet zu sein.

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Um das uns anhaftende Klischee loszuwerden müssen wir als Branche eine Art Korpsgeist entwickeln und mit einem anderen Selbstverständnis unserer Zunft auftreten. Die Stadt Bielefeld hat durch eine geniale Marketingstrategie gezeigt, wie man mit einem schlechten Ruf umgehen und ihn drehen kann. Von der Aktion „Bielefeldmillion“, die mit dem Mythos spielt, die Stadt gebe es gar nicht, haben laut einer Umfrage schon hochgerechnet 30 Millionen Menschen gehört: auch internationale Medien wie die BBC und New York Times berichteten darüber.

In einer Sache trifft das Klischee des Vermittlers zu: Der Versicherungsvertrieb ist stark männlich geprägt, auch die Vorstandsetagen der Versicherer sind Männerdomäne. Haben Sie eine Erklärung dafür? Warum ist der Vertrieb für Frauen so unsexy? Wie kann der Job des Versicherungsvermittlers für Frauen attraktiver werden?

Mehr Frauen würden dem Versicherungsvertrieb unglaublich gut tun. Um Ihnen das sprichwörtliche Feld zu bestellen und den Einstieg in diese Welt zu erleichtern muss jegliche Form von Chauvinismus verdrängt werden. In einer Männerdomäne wie dem Versicherungsvertrieb ist das leider zu oft bewusst oder unterbewusst an der Tagesordnung und schreckt weibliche Bewerberinnen ab. Das wird mir immer wieder von Kolleginnen bestätigt und stimmt mich sehr nachdenklich.

Ganz jung ist der Vertrieb auch nicht: Das Durchschnittsalter ist circa 50 Jahre. Wie kann, abgesehen von einem besseren Image, dem Nachwuchsmangel entgegengewirkt werden?

Das geht einher mit einer anderen Darstellung und Wahrnehmung der Assekuranz. Vielleicht sollten die Versicherer mal ein Jahr auf die Abwerbeschlacht im Kfz-Geschäft verzichten und das Geld in Image-Kampagnen investieren. Außerdem brauchen wir Vermittler Bedingungen, unter denen wir guten Gewissens unseren Job und die Agentur den eigenen Kindern empfehlen können. Da würde auch helfen, wenn Presse und Politik uns nicht unter Generalverdacht betrachten und auf uns einprügeln.

Sie bieten Vorträge als „Versicherungsentertainer“ an. Als solcher haben Sie bestimmt schon böse Witze über die Branche gehört. Haben Sie einen Lieblingswitz — vielleicht, weil er doch auch einen wunden Punkt der Branche trifft?

Woddy Allen hat mal gesagt: „Es gibt Schlimmeres als den Tod. Wer schon einmal einen Abend mit einem Versicherungsvertreter verbracht hat, wird wissen was ich meine.“

Einige könnten behaupten, Entertainment und Versicherung, das ist ein Widerspruch in sich. Abgesehen von Ihrem Bühnenprogramm — Was ist an der Versicherungsbranche unterhaltsam?

Ganz klar. Ihre Menschen. Da gibt es so unfassbar viele, interessante, verrückte Charaktere in unsere Branche, die ich bei meinen vielen Vorträgen und Veranstaltungen immer wieder kennenlernen darf.

Sollten Versicherer und Vermittler sich hin und wieder trauen, mehr zu entertainen: auch, um mehr Akzeptanz beim Kunden zu finden? Haben Sie da Tipps?

Neben den Grundsätzen eines verantwortungsbewussten Beraters sollte jeder authentisch sein und bleiben. Wer dabei etwas entertainen kann, umso besser. Jeder Lacher, den unsere Branche beim Kunden erzeugt, ist ein Bausteinchen zum besseren Ruf der Versicherungsindustrie.

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Die Fragen stellte Mirko Wenig

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