Versicherungsbote: Sie nennen sich Antrags-Nanny. Eine Nanny ist eine Tagesmutter, die Kinder betreut – Sie kümmern sich stattdessen um die Versicherungen und Finanzen Ihrer Kundinnen und Kunden. Zugespitzt gefragt: Weshalb brauchen Familien für diese Themen eine „Nanny“?

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Miriam Pöllath: Der Begriff „Nanny“ bedeutet ja „betreuen“ bzw. „sich kümmern“. Und bei dem Thema Elterngeld fandMiriam Pöllath ist Versicherungsmaklerin aus Neustadt an der Waldnaab ich den Ausdruck ganz charmant. Nur, dass ich mich eben nicht um die Kinder kümmere, sondern um die Bürokratie drum herum. Das ist aber auch eher nur ein Spitzname. Mein Unternehmen heißt Asistencia - financial services.

Sie haben sich auf junge Familien als eine wichtige Zielgruppe spezialisiert. Wie fanden Sie zu dieser Zielgruppe? War es von Anfang an Ihr Wunsch, mit jungen Familien zu arbeiten – oder hat sich das so ergeben?

Tatsächlich sind werdende Eltern und junge Familien in der Versicherungsberatung auf mich zugekommen, wenn sie Fragen zum Elterngeld und zu Steuern hatten. So ist auch die Antrags-Nanny entstanden. Ich wollte Eltern den lästigen Bürokram, den ich ja wiederum gerne mache, abnehmen und sie bei all den Behördenangelegenheiten unterstützen. Ich hab mich dann in das Elterngeld-Thema reingefuchst. Meine persönlichen Erfahrungen als dreifache Mama machten es mir natürlich leicht.

... und wie finden Sie Ihre Kundinnen und Kunden? Werben Sie gezielt an Orten, wo man junge Familien vermutet: vielleicht Schwangeren-Beratungen, Kindergärten etc.? Und welche Rolle spielt hierbei das Internet als Werbekanal?

Bis zum ersten Lockdown 2020 sind meine Kunden fast nur über Empfehlungen zu mir gekommen. Hier und da bekam ich mal eine Anfrage über Facebook oder Instagram. Im April 2020 dann habe ich eine Facebook-Kampagne gestartet, mein Instagram-Profil in die Hand genommen – und seither erreichen mich auf diesem Weg die Interessenten. Das klappt wunderbar und total unkompliziert. Aber ohne Werbeagentur und professionelle Beratung würde es wohl nicht so gut funktionieren.

Ihre Beratungstätigkeit beschränkt sich nicht allein auf Versicherungen. Sie beraten auch zu Elterngeld, Eltern- zeit-Planung, Steuern und anderen Dingen, mit denen sich junge Familien rumplagen müssen. Wie lassen Sie sich diese Beratungs-„Extras“ vergüten?

Für die Elterngeldberatung habe ich drei Pakete geschnürt mit einer Preisspanne von 35 Euro bis zu 220 Euro. Die Lohnsteuerhilfe wird im Rahmen der Vereinigten Lohnsteuerhilfe in Form von Mitgliedsbeiträgen erhoben.

Eine weitere Zielgruppe von Ihnen sind Frauen. Wie sind hier Ihre Erfahrungen: Muss man Frauen in finanziellen Dingen anders ansprechen und beraten als Männer? Oder ist das ein Klischee?

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Ich mache tatsächlich keinen Unterschied zwischen Mann und Frau in der Beratung. Ich würde es schon als Klischee bezeichnen. Aber ich weiß, was Sie meinen. Wenn ich in einem Haushalt eine Finanzanalyse mache, dann wünsche ich mir das Paar als solches am Tisch. So etwas sollen beide Partner sich anhören, ansehen – und gemeinsam entscheiden.

„Corona hat mich gezwungen, Marketing und Akquise zu digitalisieren“

Noch immer sind Frauen hauptverantwortlich für Kindererziehung und die Pflege Angehöriger – was sich nicht nur in tendenziell niedrigeren Löhnen auswirkt, sondern auch in einer Rentenlücke. Würden Sie sagen, dass es Frauen schwerer fällt, finanziell vorzusorgen? Wenn ja: Haben Sie vielleicht Ideen, was Politik und Wirtschaft tun können, um diese finanzielle Unwucht „auszugleichen“?

Interessante Frage! Und danke, dass Sie das Thema ansprechen. Tendenziell beobachte ich den Trend zwar schon dahingehend, dass sich Männer und Frauen gleichermaßen die Rolle teilen. Die Mehrheit geht aber den „klassischen“ Weg. Zu oft erlebe ich es, dass sich Frauen in Bezug auf Vorsorge gar keine Gedanken machen. Nach der Beratung sehen sie dann zwar die Notwendigkeit und die Gefahr, haben allerdings doch einige Jahre „verschenkt“. Über Gründe und Ansichten lässt sich an dieser Stelle stundenlang diskutieren und philosophieren.
Am Ende ist es ein gesellschaftlicher Prozess. Wirtschaft und Politik müssen Mann und Frau in jeder Hinsicht auf eine Stufe stellen. Die Politik gibt einen Elterngeldsatz vor, egal ob männlich oder weiblich. In Betrieben herrscht wohl oft noch ein geschlechtlicher Gehaltsunterschied. Gleiche Bedingungen und gleiche Entlohnung für alle! Wenn Frauen mehr verdienen als Männer, strukturieren sich Familien meist schon um und der Papa bleibt zu Hause.

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Wie haben Sie beruflich die Coronazeit gemeistert – auch angesichts der Tatsache, dass Sie selbst Mutter dreier Kinder sind? Sind Sie der Ansicht, vielleicht auch aus Ihrem Kontakt mit anderen Familien heraus, dass der Staat junge und berufstätige Familien ausreichend unterstützt hat?

Für uns war die Coronazeit anspruchsvoll, wir hatten durchaus unsere Kämpfe mit dem Homeschooling. Meine kleine Tochter war gerade mal zwei Jahre alt – ich musste mein Business nebenbei wuppen. Und Corona hat auch mich dazu gezwungen, mein Marketing und meine Kundenakquise auf digital umzustellen. Das war ein Mega-Learning, aber auch kostspielig. Ich brauchte eine neue Software, ein CRM, meine Homepage musste angepasst werden usw. Zum Glück gibt es den Digitalbonus.

Laut einer Umfrage von AssCompact sind nur circa 12 Prozent der Maklerschaft weiblich. Was sind aus Ihrer Sicht Gründe, dass so wenige Frauen diesen Beruf ergreifen?

Ganz ehrlich – das frage ich mich auch. Ich habe wirklich keine Antwort darauf. Und ich kann es nicht verstehen ... In der Immobilien- und Bankenbranche gibt es doch auch mehr Frauen.

Was kann getan werden, damit mehr weiblicher Nachwuchs für die Branche gewonnen wird?

Werbung schalten! Und zwar ansprechend! Außerdem familienfreundliche Vertriebsprozesse.

Haben Sie Tipps für junge Gründerinnen und Gründer, die sich mit Versicherungs- und Finanzdienstleistungen selbstständig machen wollen? Wo finden sie Ansprechpartner? Was sollten sie beachten?

Das Wichtigste ist, dass man an sich glaubt und sich nicht unterkriegen lässt. Weder von außenstehenden Meinungen noch von Rückschlägen.
Ein Beratungskonzept, definierte Arbeitsprozesse und hohe Beratungsqualität sind absolut notwendig! Als Makler sollte man sich auf jeden Fall einem guten Pool anschließen, welcher bei fachlichen Fragen unterstützt, vielseitige Möglichkeiten für eine effiziente Beratung zur Verfügung stellt – und da unterstützt, wo man die Hilfe braucht.

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Hinweis: Das Interview erschien zuerst im Versicherungsbote Fachmagazin 01/2021.

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