„Online-Makler“- und auch Versicherer-Apps befinden sich hingegen nicht unter den Top 100—dafür aber einige Finanz-/Banking-Apps (Paypal, Volksbank, Sparkasse). Warum, so könnte man an dieser Stelle fragen, nutzen die Kunden Banking-Apps lieber als Versicherungsapps? Auch Bankgeschäfte haben nicht gerade den Ruf, beliebte Sonntagsbeschäftigungen zu sein. Doch es gibt einen kleinen, entscheidenden Unterschied: in der Banking-Apps gibt es—fast wie bei Facebook—bei jedem Einloggen etwas Neues zu entdecken, neue Zahlungseingänge- und Ausgänge, die Entwicklung des Aktienportfolios, usw.

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Und bei den Versicherungsapps? Für den User der App gibt es wenig zu entdecken: die Policen bleiben dieselben, der Schutzumfang ebenso und auch die Prämien ändern sich maximal einmal im Jahr – und auch nur selten zum Positiven. Wenn nicht grade ein Schaden zu regulieren ist oder ein neues Auto zu versichern ist, kann hier grundsätzlich nicht ständig etwas Spannendes passieren. Und deswegen werden solche Apps kaum genutzt. Und schon gar nicht 4-5 verschiedene App dieser Art: eine vom Makler, eine vom Vergleichsportal und eine weitere von jedem Versicherer, bei dem er eine Police hat. Das kann nicht gutgehen.

Erreichbarkeit und Service sind wichtiger

Das heißt nicht, dass Versicherungsapps nicht nützlich sein können. Wenn der Kunde seinen Makler braucht, muss er schnell erreichbar sein. Das kann per Makler-App passieren, aber auch per Browser, per mobil optimierter Homepage oder ganz klassisch per Telefon. Ein schönes Beispiel hielt kürzlich Sascha Friesike, Professor für Design digitaler Innovation, den versammelten Branchenvertretern vor: alle Versicherer entwickeln in den letzten Jahren im Herdentrip Apps zur Schadenmeldung. Aber hat eigentlich mal jemand darüber nachgedacht, dass aufgelöste Kunden nach einem Unfall kaum willens und in der Lage sind, eine App herunterzuladen und zu bedienen? Die gute, alte Hotline bleibt hier letztlich die kundenfreundlichste Lösung für den Erstkontakt. Und wenn der Kunde dann noch die Bilder vom Schaden per WhatsApp schicken kann, ist alles gut.

Das Beispiel zeigt: schnelle Erreichbarkeit und guter Service sind entscheidend, am besten auf verschiedenen Kanälen, je nachdem wo der Kunde gerade ist und was er braucht. Eine hohe Nutzungsfrequenz wird auch die beste App nicht erreichen—weil die Kunden nun mal lieber spielen und shoppen statt sich ihre Policen anzuschauen.

Deutschlands höchstplatzierte Versicherungsapp „Check24“ (gegründet 1999) findet sich auf Platz 101 der iOS-Download-Charts. Warum? Weil sie ein unmittelbares Problem des Kunden halt einfach nur genau dann löst, wenn der Kunde das will. Aber das ist ein Thema für ein anderes Mal.

Über den Autor: Philipp Kanschik ist Bereichsleiter für das digitale Maklergeschäft und Nachfolgelösungen bei Policen Direkt. Einerseits ist er promovierter Philosoph, Weltreisender und Gitarrist und andererseits Experte für technologiebasierte Online-Versicherungs-Plattformen sowie Maklerbestandsübernahmen. So wirft er einen ganz eigenen Blick auf die digitalen Herausforderungen der Versicherungsbranche.

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