Auf einem Symposium des Bundesverbands Deutscher Versicherungsmakler e.V. (BDVM) in Berlin hielt der niederländische Makler Roger van der Linden (ADFIZ-Verband) einen spannenden und sehr aktuellen Vortrag zum Provisionsverbot in den Niederlanden. Das niederländische Modell gilt Provisionskritiker in Deutschland als Erfolgsmodell, über das aber die meisten erstaunlich wenig wissen.

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Philipp Kanschik

Philipp Kanschik

Dr. Philipp Kanschik ist Geschäftsführer von Policen Direkt und dort verantwortlich für Technologieentwicklung und Maklernachfolge.

Es folgen die sechs wichtigsten Fakten aus dem Vortrag des Maklers, die man zum niederländischen Provisionsverbot wissen sollte:

  1. 

Das niederländische Provisionsverbot gilt seit 2013. Es gilt ausschließlich für die Sparte Leben. Es gilt neben Makler auch für Banken und Direktvertrieb der Gesellschaften („level playing field“). Gebundene Agenten gibt es in den NL nicht. Das Verbot gilt nicht für das Komposit und Krankengeschäft und auch nicht für vor 2013 abgeschlossene Verträge.


  2. Seit 2013 muss jede Kundenberatung in den Lebensversicherungen in NL mit einem Gespräch zum Thema Provision vs. Honorar beginnen. Die eigentliche Beratung kann erst erfolgen, wenn eine 8-seitige Standardvereinbarung zur Honorarberatung unterzeichnet wird. Diese wird laut Untersuchungen nur von 11% der Kunden überhaupt gelesen. Der Makler hat Freiheit in der Preissetzung des Honorars.


  3. Die Kunden entscheiden sich nach der Aufklärung in einer Mehrheit gegen die Beratung (>50%) und in einer noch größeren Mehrheit (>90%) gegen eine dauerhafte Honorarvereinbarung. Das bedeutet, dass Kunden typischerweise maximal eine Anfangsberatung erhalten und vergüten, aus der sich für die Makler aber dauerhafte Bestandsverwaltungspflichten ergeben.


  4. Banken und Versicherer versuchen permanent das Verbot zu umgehen, in dem sie die Versicherungsberatung mit anderen Services vermischen – das „level playing field“ ist damit zu Ungunsten der Makler bereits ausgehoben worden.


  5. Seit 2013 sinkt der Anteil der Niederländer mit Berufsunfähigkeitsversicherungen und privater Altersvorsorge, insbesondere bei sozial Schwachen und Selbständigen. 4 von 5 Selbständigen in den Niederlanden haben zum Beispiel keine BU. Die Regierung will dem durch Nudging und Robo-Advisor gegenwirken, betrachtet aber das Provisionsverbot in Evaluationen weiterhin als wirksam.
  6. Tatsächlich ist das Verbot insofern wirksam, als dass es heute viel weniger Fehlberatung als vor 10 Jahren gibt. Dieser Effekt ist vor allem darauf zurückzuführen, dass insgesamt einfach viel weniger Beratung stattfindet.



Man kann aus diesen Fakten sicherlich unterschiedliche Schlüsse ziehen. Aber eines scheint doch ziemlich klar: wer fördern will, dass die Bürger privat mehr für das Alter vorsorgen, sollte das niederländische Modell auf keinen Fall kopieren.

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