Erneut legt eine Statistik nahe: finanziell handelt es sich bei der Versicherungswirtschaft um einen attraktiven Wirtschaftszweig mit guten Verdienstmöglichkeiten. Denn wer in der Versicherungsbranche Vollzeit arbeitet, erzielt im Schnitt einen monatlichen Bruttoverdienst von 5.203 Euro, der sich zusammensetzt aus einem monatlichen Durchschnittslohn von 4.947 Euro und aus Sonderzahlungen in Höhe von 256 Euro.

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Dieser Betrag schlägt den Durchschnitt über alle Branchen hinweg: der branchenübergreifende Bruttomonatsverdienst für Vollzeitbeschäftigte in Deutschland lag bei durchschnittlich 4.222 Euro, zu denen Sonderzahlungen in Höhe von 216 Euro hinzukamen. Glaubt man also den jüngst veröffentlichte Zahlen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) zu „Verdiensten und Arbeitskosten“ für das dritte Quartal 2018, kann sich die Branche nicht beklagen.

Kaum ungelernte Arbeit

Aber einige Einwände sind nötig, die den positiven Befund relativieren. So zeigt sich innerhalb der Branche ein großes Lohngefälle, wenn man – in Übereinstimmung mit dem Statistischen Bundesamt – fünf verschiedene Leistungsgruppen unterscheidet: von „Arbeitnehmern in leitender Stellung“ bis hin zu „ungelernten Arbeitern“. Gibt doch das Statistische Bundesamt in seiner Veröffentlichung das Durchschnittseinkommen wieder, nicht jedoch das Medianeinkommen.

Der Unterschied: Da beim Durchschnittseinkommen weder Spitzen- noch Niedrigverdiener herausgerechnet werden, soll eine andere Methodik verfälschende Durchschnittswerte ausgleichen: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden vom Statistischen Bundesamt nach fünf Tätigkeits- und Qualifikationsprofilen unterschieden, um innerhalb bestimmter Tätigkeitsbereiche eine bessere Vergleichbarkeit der Verdiensthöhe zu gewährleisten.

Für die Versicherungsbranche aber muss vorausgeschickt werden: die unteren zwei Leistungsgruppen – "angelernte Arbeitnehmer" mit überwiegend einfachen Tätigkeiten und "ungelernte Arbeitnehmer" mit einfachen, schematischen Tätigkeiten – finden in der Branche praktisch nicht statt. Braucht es doch ein gewisses Qualifikationsniveau, um überhaupt in der Versicherungswirtschaft tätig zu werden, so dass nur jeweils ein Prozent aller Arbeitnehmer für die unteren zwei Leistungsgruppen verzeichnet sind.

Das beeinflusst den Durchschnittsverdienst über alle fünf Leistungsprofile hinweg: Wenn es, anders als zum Beispiel im Zweig „Grundstücks- und Wohnwesen“, bei "Versicherungen" statt 11 Prozent nur zwei Prozent Menschen mit typischen Profilen für niedrigen Verdienst gibt, drücken Nichtqualifizierte den Durchschnittswert des Zweigs nicht nach unten.

Lohngefälle in Versicherungsbranche - trotz überwiegend qualifizierter Arbeit

Für die drei verbleibenden Anforderungsprofile in der Versicherungswirtschaft zeigen sich aber doch beachtenswerte Unterschiede. Besonders die Leistungsgruppe drei und damit immerhin die Leistungsgruppe der "Fachkräfte" mit „schwierigen Fachtätigkeiten“ hat einen auffallenden Kontrast zu verschmerzen gegenüber der höchsten Leistungsgruppe der „Arbeitnehmer in leitender Stellung“:.

Für die Fachkräfte weist die Statistik einen monatlichen Bruttoverdienst von 3.895 Euro inklusive Sonderzahlungen aus. Arbeitnehmer in leitender Stellung hingegen verdienen als höchste Leistungsgruppe durchschnittlich 8.705 Euro inklusive Sonderzahlungen. Im anteiligen Verhältnis der Gesamtgruppe machen Fachkräfte hierbei 38 Prozent von allen Arbeitnehmern des Wirtschaftszweigs aus, der Anteil der Arbeitnehmer in leitender Stellung beträgt 11 Prozent.

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In der Mitte zwischen beiden Gruppen liegt, mit 49 Prozent aller Arbeitnehmer, die größte Leistungsgruppe des „Versicherungen“-Zweigs: "Herausgehobene Fachkräfte" mit sehr schwierigen bis komplexen oder vielgestaltigen Tätigkeiten. Für diese Gruppe verzeichnet die Statistik einen guten Durchschnittsverdienst von 5.488 Euro inklusive Sonderzahlungen. Dass der allgemeine Durchschnittsverdienst in der Branche so hoch ist, liegt demnach auch an der auffallend großen zweithöchsten Leistungsgruppe mit entsprechend guten Verdienstmöglichkeiten.

Gender Pay Gap betrifft auch die Branche

Neben dem Lohngefälle zwischen verschiedenen Tätigkeitsprofilen muss ein weiterer relativierender Einwand für die Verdienstmöglichkeiten des Versicherungen-Zweiges vorgebracht werden. Ein branchenübergreifendes Gefälle zwischen dem Verdienst der Frauen und Männer spiegelt sich auch innerhalb der Branche, und zwar über alle Leistungsgruppen hinweg. Denn an der „Gender Pay Gap“ beziehungsweise der Gehaltslücke zwischen Frauen und Männern leidet auch der Versicherungen- Zweig, da Frauen auffallend weniger verdienten im direkten Vergleich der Statistik.

Über alle fünf Leistungsgruppen hinweg brachten es Männer beispielsweise auf einen durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst von 5.674 Euro inklusive Sonderzahlungen im Zweig „Versicherungen“, Frauen aber verdienten durchschnittlich nur 4.476 Euro. Dieser Unterschied zeigt sich auch innerhalb der Leistungsgruppen: 8.985 Euro verdienen durchschnittlich die Männer in leitender Stellung, 7.479 Euro verdienen durchschnittlich die Frauen. Und das, obwohl sich die durchschnittlich bezahlte Wochenarbeitszeit laut Statistik kaum unterscheidet: 37,9 Stunden für Männer stehen 37,8 Stunden für Frauen gegenüber.

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Bei den Fachkräften verdienen Männer durchschnittlich 4.050 Euro inklusive Sonderzahlungen, Frauen verdienen durchschnittlich 3.744 Euro. Hier stehen 37,7 Stunden als durchschnittlich bezahlte Arbeitszeit der Männer gegen 37,5 Stunden für die Frauen ... erneut ein geringerer Unterschied, als der ungleichartige Durchschnittsverdienst nahelegt. Für die dazwischen liegende Leistungsgruppe der herausgehobenen Fachkräfte mit sehr schwierigen bis komplexen oder vielgestaltigen Tätigkeiten verzeichnet die Statistik einen Durchschnittsverdienst von 5.711 Euro inklusive Sonderzahlungen für die Männer und von 5.060 Euro für die Frauen. Auch hier kaum Unterschiede bei der durchschnittlich bezahlten Wochenarbeitszeit: 37,6 Stunden der Männer stehen gegen 37,5 Stunden der Frauen.

Freilich dominieren Männer auch zahlenmäßig die Versicherungsbranche, denn die Statistik weist einen Frauenanteil von nur 39,3 Prozent für den Gesamtzweig aus. Beschränkt man den Blick also auf die "Versicherungen", könnte pointiert werden: Die Branche hat bei Frauen und Frauen haben in der Branche einen schwereren Stand.

Durchschnittsverdienste der Frauen im Branchenvergleich: Versicherungen bieten dennoch gutes Auskommen

Zwar nicht entschuldigend, aber überdies beachtenswert: Vergleicht man branchenübergreifend nur die Durchschnittsverdienste der Frauen, ist der Versicherungen-Zweig dennoch finanziell attraktiv. Denn der durchschnittliche Bruttomonatsverdienst für Frauen im Zweig „Versicherungen“ liegt immerhin 50 Euro über dem Verdienst für Frauen im Zweig „Zentralbanken und Kreditinstitute“ und sogar 617 Euro über dem Verdienst im Zweig „Grundstücks- und Wohnungswesen“. Daran zeigt sich: Sobald man die Durchschnittswerte für nur ein Geschlecht zugrunde legt, gewinnen positive Meldungen über gute Verdienste für Versicherungen- Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, trotz aller Relativierungen, ihre Berechtigung.

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Der Verdienst-Unterschied zum Zweig "Grundstücks- und Wohnungswesen“ erklärt sich allerdings auch daraus, dass die niedrigen Leistungsgruppen in anderen Zweigen eine zahlenmäßig größere Rolle spielen und niedrige Verdienste den Durchschnittswert zum Schlechten beeinflussen.

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