Viele Wohngebäudeversicherer haben zum Jahresanfang 2019 ihre Prämien für Bestandskunden angehoben. Das berichtet die Süddeutsche Zeitung am Mittwoch und beruft sich auf Vermittler und Versicherer. So berichtet etwa der Düsseldorfer Versicherungsmakler Johannes Brück, dass es Prämienerhöhungen von bis zu 15 Prozent gegeben habe. Schuld sei oft, dass es in älteren Häusern zu Wasserschäden aufgrund maroder Leitungen komme. Peter Grieble von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg beobachtet Erhöhungen zwischen zehn und dreißig Prozent in der Branche.

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Wohngebäude-Policen auf Kante genäht

Überraschend ist das Prämienplus bei den Versicherern nicht. Laut Süddeutscher Zeitung nahmen die Versicherer 2017 7,2 Milliarden Euro an Prämie in dem Wohngebäude-Bereich ein, gaben aber 5,2 Milliarden für Schäden und 1,8 Milliarden Euro für Vertrieb und Verwaltung aus. Das bedeutet eine Schaden-Kosten-Quote von 97,9 Prozent: Die Branche arbeitet mit Ach und Krach kostendeckend.

Dabei hat sich die Lage der Versicherer bereits verbessert. Von 2001 bis einschließlich 2015 schrieben die Wohngebäude-Anbieter im Branchenschnitt durchgehend rote Zahlen, so geht aus Daten des Branchenverbandes GDV hervor. Doch weil Wohngebäude Renommee bei den Hauseigentümern versprach und oft als Türöffner beim Kunden funktionierte, waren die Versicherer jahrelang bereit, Geld zuzuschießen bzw. den Wohngebäude-Bereich mit erträglicheren Policen querzusubventionieren.

Dass die Branche ein Kostenproblem hat, belegen auch Studien wie der „Branchenmonitor Wohngebäudeversicherung“ aus dem Hause V.E.R.S. Leipzig und YouGov. Von den 50 größten Wohngebäude-Versicherern schrieben 2017 vier von zehn Gesellschaften Verluste, so zeigt die Auswertung der Geschäftsberichte. Neuere Zahlen liegen aktuell noch nicht vor (der Versicherungsbote berichtete).

So wies auch der Marktführer Allianz 2017 rote Zahlen beim versicherungstechnischen Ergebnis aus: am Jahresende war im Wohnsegment ein Fehlbetrag von 85,54 Millionen Euro und eine Schaden-Kosten-Quote von 104,42 Prozent zu beklagen. Eine Quote von mehr als 100 Prozent bedeutet, die Versicherer geben mehr für Schäden und andere Kosten aus, als sie an Brutto-Beiträgen einnehmen. Ebenfalls Verluste schrieben 2017 große Wohngebäude-Anbieter wie die Generali (-14,22 Millionen), R+V Allgemeine (-20,85 Millionen) und einige öffentliche Versicherer wie die VGH Landschaftliche Brandkasse (-14,71 Millionen).

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Insgesamt aber stehen die öffentlichen Wohngebäude-Versicherer vergleichsweise gut da. Die Westfälische Provinzial (Combined Ratio von 79,42 Prozent) und die SV Gebäudeversicherung mit einer Combined Ratio von 78,54 Prozent hatten mit das erträglichste Verhältnis von Kosten und Einnahmen in 2017. Hierbei gilt es aber zu bedenken, dass viele öffentliche Versicherer teils regional begrenzt agieren und dort eine sehr mächtige Marktstellung im Wohngebäude-Segment haben. Anders formuliert: Treten in der Region Unwetter auf, haben sie in der Regel recht hohe Kosten. Bleibt eine Region hingegen verschont, sind auch die Schadenskosten gering.

Problem für Hauseigentümer: Änderungskündigung

Wenn Hauseigentümer einen Altvertrag in der Wohngebäudeversicherung haben, stehen sie oft vor einem Dilemma. Mitunter bieten Altverträge einen geringeren Deckungsumfang als neuere Policen. Aber gerade, wenn in der Region in den letzten Jahren Schäden durch Naturereignisse aufgetreten sind, droht sich der Vertrag zu verteuern. Mitunter müssen Kunden sogar fürchten, gar keinen neuen Vertrag zu erhalten, wenn sie zusätzlich einen Elementarschaden-Baustein vereinbart haben und die Adresse des Hauses in eine höhere Risikozone nach dem ZÜRS-System eingegliedert wurde.

Ein Beispiel für Nachteile aus Altverträgen: "In vielen alten Policen ist die sogenannte Neuwertklausel nicht enthalten", erklärt Peter Grieble von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg der "Süddeutschen Zeitung". Das bedeutet, der Kunde bekommt nach einem Totalschaden nicht das Geld für den Bau eines neuen Hauses, sondern nur den Zeitwert der beschädigten Immobilie ersetzt. Im Zweifel reicht das Geld dann nicht aus, um das Haus neu zu errichten. Auch grobe Fahrlässigkeit sei in vielen Altpolicen nicht mitversichert: Etwa, wenn unbewohnte Räume des Hauses im Winter nicht ausreichend beheizt werden und deshalb ein Wasserrohr platzt.

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Im Zweifel Expertenrat einholen

Aufgrund der Wichtigkeit sollten Hauseigentümer einen Wohngebäude-Vertrag mit Elementarschutz nicht einfach kündigen, sondern sich zuvor erkundigen, ob und zu welchen Konditionen man einen neuen Vertrag erhalten würde. Ein Ärgernis hierbei: „Änderungskündigungen“. Gerade nach den jüngsten Stürmen und Hochwassern haben einige Versicherer ihren Kunden derartige Briefe ins Haus geschickt, beklagt der Verbraucherschutz. Das bedeutet, der Versicherer setzt nach Schäden in der Region die Prämie rauf, teils deutlich. Und wenn der Kunde nicht akzeptiert, wird er vor die Tür gesetzt und verliert seinen Schutz.

Damit setzt der Versicherer dem Kunden die Pistole auf die Brust. Denn diese Änderungskündigungen sind in der Regel rechtens. Wer die Preiserhöhung nicht akzeptiert, verliert binnen einer bestimmten Frist seinen Versicherungsschutz. Gerade wenn die eigene Region erst kürzlich von einem Unwetter heimgesucht wurde, kann es aber schwer werden, eine neue Versicherung für Naturgefahren zu finden. Im Zweifel müssen hohe Preisaufschläge akzeptiert werden oder das eigene Gebäude ist nicht mehr ohne weiteres versicherbar.

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Deshalb kann es klüger sein, eine moderate Beitragsanpassung anzunehmen und sich parallel bei einem Versicherungsvermittler oder -berater ein neues Angebot machen zu lassen. Die Kündigung des bestehenden Vertrages ist nur ratsam, wenn bereits ein neuer Versicherer gefunden und der Abschluss des Vertrages dort unterschriftsreif vorbereitet ist. Denn es gilt: Ein etwas teurerer Schutz für die eigenen vier Wände ist besser als gar keiner.

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