MB: Unsere Studie zeigt auf, dass es drei Kriterien gibt, die wesentlich die Gesamtbeurteilung eines Kaufs prägen: Erstens ist es wichtig, dass der Vorgänger oder Verkäufer mithilft, dass die Transaktion gelingt, indem er seinen Nachfolger bzw. Käufer bei seinen wichtigen Kunden persönlich einführt. Zweitens ist es entscheidend, dass die Kunden bleiben. Dafür sollte der Jungmakler wissen, was für ein „Typ“ der Vorgänger war. Wie alt werden die Kunden sein? Aus welchen Beziehungsnetzwerken heraus sind sie Kunden geworden, und kann der Nachfolger in diese Netzwerke integriert werden? Welche Beratungs- und Betreuungsphilosophie hat der Vorgänger vertreten und damit welche Erwartungen bei den Kunden ausgelöst? Drittens ist der Kaufpreis entscheidend. Wer zu viel zahlt, ist später enttäuscht. Helfen können hier auch Raten- oder Rentenvereinbarungen, durch die der Vorgänger noch lange in der Mitverantwortung bleibt, dass der Übergang auf den Jungmakler erfolgreich verläuft.

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Welche Auswirkungen hat die Rechtsform für Nachfolgeregelungen auf die Bestandsübertragung? Macht es Sinn, diese zu ändern?

Kapitalgesellschaften sind generell wesentlich besser als die Rechtsformen Einzelkaufmann oder Personenhandelsgesellschaft geeignet, einen Verkauf herbeizuführen. Eine Kapitalgesellschaft kann schlicht durch Verkauf der Gesellschaftsanteile veräußert werden, ohne aber, dass sich an den Vertragsverhältnissen zwischen Kunden und der juristischen Person Maklergesellschaft etwas ändert. Datenschutzrechtlich ist das ein enormer Vorteil. Allerdings waren wir doch überrascht, dass in unserer Umfrage auch viele Einzelkaufleute und Personengesellschaften erfolgreiche Verkäufe und Käufe berichtet haben. Das hatten wir so nicht erwartet.

Wenn Maklerverträge und die dazugehörigen Folgedokumente wie Datenschutzerklärungen und Maklervollmachten fehlen, sinkt der Wert des Bestandes. Aber kann das Fehlen der Dokumente auch rechtliche Fallstricke mit sich bringen, wenn Makler einen solchen Bestand erwerben?

Ja, das bringt erhebliche Probleme mit sich. Wenn es keine schriftlichen Maklerverträge gibt, die genau bezeichnen, wofür der Makler überhaupt genau sich verpflichtet hat, kann es passieren, dass ein Nachfolger für Verträge und für Versicherungsbedarfe zur Verantwortung gezogen wird, von denen er gar nicht wusste. Beispielsweise könnte dem Vorgänger unausgesprochen klar gewesen sein, dass sein freiberuflich tätiger Kunde nur die beruflichen Verträge über diesen Makler platziert. Der Nachfolger wird aber vielleicht damit konfrontiert, dass nun im privaten Bereich eine passende Versicherung versäumt wurde zu platzieren. Und besonders schwierig ist es auch, wenn Beratungsdokumentationen fehlen und der Nachfolger nicht nachvollziehen kann, was Inhalt der letzten Kundenberatungen war.

Müsste es für angehende Makler aktuell nicht verlockend sein, den Markteintritt zu wagen, wenn viele Vermittler in den Ruhestand gehen? Oder wird der Bedarf an Maklern generell schwinden?

Einerseits steigt der Bedarf an Maklern, weil Kunden zunehmend schätzen, eine Auswahl an verschiedenen Produkten zu erhalten. Das sind sie von den Vergleichsportalen gewöhnt. Andererseits muss man derzeit einigen Mut aufbringen, seine Existenz als Makler zu gründen. Die Flut an Regulierungen und die andauernde Diskussion über die Vergütung verunsichern Interessenten. Hinzu kommt, dass der Arbeitsmarkt jedenfalls für gut ausgebildete Personen Perspektiven bietet wie nie. Und gerade in der jungen Generation beobachte ich eine Abneigung gegenüber der Selbstständigkeit und den damit verbundenen Risiken. Wer die Wahl hat, entscheidet sich lieber für eine festangestellte Position mit geregeltem Einkommen, geregelter Arbeitszeit und „Work-Life-Balance“. Dazu passt, dass nach den Erkenntnissen unserer Studie das Haupt-Kaufgeschehen im Bereich des Aufkaufs durch etablierte Makler stattfindet. Und dort entstehen zunehmend solche Arbeitsplätze, die sich die jungen Talente wünschen.

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Die Fragen stellte Mirko Wenig

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