Zuletzt sorgte das Analysehaus „Franke und Bornberg“ für Kritik in der Branche: Das Rating „Deutschlands beste Versicherungen 2018“, gemeinsam durchgeführt mit dem RTL-Sender n-tv und dem Deutschen Institut für Servicequalität (DISQ), zeigte eher, wie man auf ungeschickte Weise Journalismus und PR vermischt, statt einen Mehrwert für Verbraucher zu stiften. Die Testkriterien waren nicht transparent, und wer von den Medienseiten auf die Webseiten der gekrönten Versicherer gelangen wollte, wurde mit sogenannte Affiliate Links zur Kasse gebeten - die Medienmacher ließen sich jeden Klick mit Provisionen ordentlich vergüten.

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Umso besser, dass sich Franke und Bornberg nun wieder auf Kernkompetenzen konzentriert, statt weiter an der eigenen Selbstdemontage zu arbeiten. Die BU-Ratings des Analysehauses waren und sind in der Versicherungsbranche geschätzt und zeigen oft differenzierte Ergebnisse. So auch die aktuelle Leistungspraxis-Studie zu Berufsunfähigkeitsversicherungen (BU).

Das Ergebnis: Der Vorwurf an die Versicherer, sie würden im Falle der Berufsunfähigkeit die Leistung verweigern und die Verbraucher in jahrelange Rechtsstreite verwickeln, lässt sich so pauschal nicht aufrecht erhalten. Und doch gibt es Hürden, die bewirken können, dass Menschen zu Unrecht eine Rente aberkannt wird, wenn sie berufsunfähig werden.

Drei von vier Anträgen auf Berufsunfähigkeits-Rente werden positiv entschieden

Für die aktuelle Studie hat sich Franke und Bornberg das Regulierungsverhalten aus dem Jahr 2016 angeschaut. Wie in den Vorjahren haben sich sieben Berufsunfähigkeits-Versicherer in die Karten schauen lassen: die AachenMünchener, ERGO, HDI, Nürnberger, Stuttgarter, Swiss Life sowie Zurich Deutscher Herold. Die Versicherer verwalten zusammen 4,57 Millionen BU-Verträge, davon 1,19 Millionen als Zusatzversicherung mit Beitragsbefreiung. Die getesteten Gesellschaften vereinen knapp 50 Prozent aller Leistungsfälle auf dem deutschen Markt auf sich.

Um sich einen genauen Überblick zu verschaffen, haben die Analysten nicht nur die bereitgestellten Zahlen ausgewertet. Sie haben sich auch auf Kontrollbesuch zu den Versicherern begeben, und dort stichprobenartig bei der Bearbeitung von Leistungsanträgen den Sachbearbeitern über die Schultern zu schauen: natürlich anonym. Dabei habe der Fokus speziell auf komplizierten Fällen gelegen, berichtet Franke und Bornberg. Pro Versicherer wurden so mindestens 125 Leistungsanträge zusätzlich geprüft.

Nach den Erkenntnissen von Franke und Bornberg gehen drei von vier Leistungsentscheidungen (75,7 Prozent im Jahr 2016, Vorjahr 75,3 Prozent) zu Gunsten der Versicherten aus. Auf ähnliche Zahlen kommt auch der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Dieser hatte für das Jahr 2015 eine Leistungsquote von 77 Prozent ermittelt. In diesen Werten nicht enthalten sind BU-Anträge, die Versicherte nicht weiter verfolgt oder zurückgezogen haben.

589 Versicherte klagten

Auch, dass Verbraucher sich überproportional oft mit ihrem Versicherer vor Gericht zoffen müssen, konnte die Studie nicht bestätigen. Wobei hier relativiert werden muss. Von den Anerkenntnissen erfolgen 86,5 Prozent (Vorjahr 86,6 Prozent) bedingungsgemäß. Lediglich 2,6 Prozent der BU-Renten wurden vor Gericht erfochten (Vorjahr: 2,7 Prozent). Auffallend ist jedoch, dass vergleichsweise viele Fälle mit einer individuellen Vereinbarung beigelegt wurden, etwa in Form eines Vergleichs vor Gericht. Das betraf 10,9 Prozent der Fälle (Vorjahr 10,6 Prozent).

Wenn der Versicherer seine Leistungspflicht ablehnt, kann der Versicherte gegen die Entscheidung klagen. Davon machten im Jahr 2016 bei den untersuchten Gesellschaften insgesamt 589 (Vorjahr 622) Kunden Gebrauch. Verloren haben die Versicherer 10 Prozent der Prozesse (Vorjahr 14 Prozent). Der Rest teilt sich auf in Vergleiche (62 Prozent, Vorjahr 62 Prozent) und gewonnene Prozesse (28 Prozent, Vorjahr 24 Prozent). Bezogen auf alle Leistungsfälle betrug die Quote der von Versicherern verlorenen Prozesse 0,28 Prozent (Vorjahr 0,43 Prozent). Der Studie lagen gut 24.600 BU-Leistungsfall-Neuanmeldungen zugrunde (2015: 23.000).

Michael Franke, geschäftsführender Gesellschafter bei Franke und Bornberg, zieht Bilanz: „Die BU-Versicherung bleibt weiterhin das wichtigste Produkt zur Absicherung der Arbeitskraft. Eine Anerkennungsquote von über 75 Prozent zeigt, dass die BU auch im Leistungsfall funktioniert."

Doch Michael Franke übt auch Kritik. Der große Vorteil einer BU, den persönlichen Gesundheitszustand mit der individuellen beruflichen Leistungsfähigkeit zu verknüpfen, könne sich im Leistungsfall auch als Nachteil entpuppen. So sei es oft besonders aufwendig, die vom Versicherer geforderten Informationen zu beschaffen und nachzuweisen. "Dies betrifft die oft schwer verständlichen Fragebögen im Rahmen der Leistungsbeantragung und die für Ärzte und Versicherer oft schwierige Ermittlung des 50% - Grades, bei dem gesundheits- und tätigkeitsbezogene Faktoren zu berücksichtigen sind", erklärt Franke.

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Folglich ist der häufigste Grund für eine Ablehung der BU-Rente (48,5 Prozent), dass der Antragsteller den erforderlichen Berufsunfähigkeitsgrad von 50 Prozent nicht erreicht. Weitere rund 30 Prozent (30,6 Prozent, Vorjahr 26,7 Prozent) sind auf Anfechtungen und Rücktritte zurückzuführen, etwa wegen Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht: ein durchaus stolzer Wert. Hier sieht Franke und Bornberg die Unternehmen und die Vermittler besonders in der Pflicht. Im Interesse der Kunden sollten Versicherer auf die Rechtsfolgen falscher Angaben im Antrag noch deutlicher als bisher hinweisen, zumal sich Rücktritte und Anfechtungen zumeist als gerichtsfest erweisen, heißt es im Pressetext zur Studie. Mehr Ergebnisse zu der Franke- und Bornberg-Studie gibt es morgen beim Versicherungsboten.

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