Das Analysehaus Franke und Bornberg hat zum achten Mal das Leistungsverhalten deutscher BU-Versicherer unter die Lupe genommen. Für die aktuelle Studie hat sich das Unternehmen mit Sitz in Hannover das Regulierungsverhalten aus dem Jahr 2022 angeschaut. Dazu seien Stichproben von Regulierungen von BU-Leistungsfällen geprüft worden. In diesem Jahr haben sich zehn BU-Versicherer in die Karten schauen lassen. Darunter befinden sich laut Franke und Bornberg die vier größten BU-Versicherer in Deutschland. Die untersuchten Unternehmen vereinen über sieben Millionen Versicherte und damit mehr als 60 Prozent des Marktes.

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Im Ergebnis spiegelt sich der Vorwurf an die Versicherer, sie würden im Falle der Berufsunfähigkeit die Leistung verweigern und die Verbraucher in jahrelange Rechtsstreite verwickeln, jedoch nicht wieder. Denn nach den Erkenntnissen von Franke und Bornberg gehen 78,04 Prozent und damit vier von fünf Leistungsentscheidungen zu Gunsten der Versicherten aus. In der Auswertung der Zahlen aus dem Vorjahr waren es noch etwa 80 Prozent. Für Ablehnungen gibt es eine Reihe von Gründen. Bei 58,6 Prozent aller Ablehnungen wurde der vertraglich vereinbarte BU-Grad nicht erreicht. Anfechtungen und Rücktritte folgen mit 20,41 Prozent als zweitwichtigste Ursache.

Je nach Krankheitsbild schwankt der Anteil der Anerkennungen jedoch deutlich. So würden beispielsweise bei Krebs („bösartige Neubildungen“) genau 94,95 Prozent der Anträge auf BU-Leistungen anerkannt. Krankheiten des Kreislaufsystems (84,79 Prozent) sowie Krankheiten des Nervensystems (84,20 Prozent) führen ebenfalls mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Anerkennung. Bei psychischen Erkrankungen und Verhaltenstörungen werden dagegen nur sieben von zehn Anträgen (72,50 Prozent) bewilligt. Im Vergleich zum Vorjahr ist der Anteil der positiven Entscheidungen bei Psyche immerhin um fast drei Prozentpunkte gestiegen. Denn im Vorjahr waren es noch 69,62 Prozent. Trotzdem bleibt für Versicherer das Problem, eine psychische Erkrankung, ihre Folgen für die berufliche Tätigkeit und die weitere Prognose nur schwer einschätzen zu können.

Berufsunfähigkeitsrenten für Versicherte zwischen dem 53. und 59. Lebensjahr besonders häufig bewilligt. Als Faustregel gelte laut Franke & Bornberg: Je älter Versicherte, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Antrag auf BU-Rente Erfolg hat. Jenseits der 60 gingen die Ablehnungen langsam gegen null. Eine erste Häufung von anerkannten BU-Anträgen gegenüber Ablehnungen würde die Studie für Männer und Frauen der Altersgruppe Mitte 30 ausweisen. Auslöser seien zumeist Krebs oder psychische Erkrankungen. Die Ablehnungsquote sei derweil in jungen Jahren besonders hoch. Hier würden sich hauptsächlich Anfechtungen und Rücktritte innerhalb der gesetzlichen Fristen niederschlagen.

BU-Leistungsregulierung braucht Zeit

Die Regulierung von BU-Leistungen ist langwierig. Die durchschnittliche Dauer hat sich in den zurückliegenden Jahren bei fünf bis sechs Monaten eingependelt: Im vergangenen Jahr dauerte die durchschnittliche Gesamtregulierung 184 Tage. Die Studienergebnisse deuten allerdings auf einen oft nur begrenzten Einfluss der Versicherer auf diese Bearbeitungszeiten, denn Wartezeiten auf ärztliche Unterlagen oder Gutachten müssen bedacht werden. Vergleichsweise schnell werde bei Krebs entschieden. Besonders lange habe die Regulierung bei psychischen Krankheiten und Unfällen in Anspruch genommen. Das liege unter anderem an fehlenden Fachärzten und Gutachtern sowie bei Unfällen an spät eintreffenden Stellungnahmen von Polizei und Staatsanwaltschaft. Gutachten werden immer dann angefordert, wenn sich aus den Angaben von Antragsstellern, Ärzten oder aus weiteren Quellen kein abschließendes Urteil ableiten lässt. 2022 passierte das in 3,38 Prozent aller Regulierungen.Die langen Zeiten bis zur finalen Entscheidung habe zum Teil auch an den Versicherten gelegen.

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Dennoch gibt es auch auf Versichererseite noch Verbesserungsmöglichkeiten. Allein die Bearbeitungsdauer nach Eingang der letzten Unterlage bis zur Entscheidung liege durchschnittlich bei 17 Tagen und damit mehr, als in vielen Versicherungsbedingungen vereinbart ist. Dort hat sich in den letzten Jahren ein Standard von zehn Arbeitstagen oder 14 Kalendertagen etabliert.

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