In insgesamt 27 Fällen haben Pensionskassen im vergangenen Jahrzehnt ihre Leistungen gekürzt, manche mehrfach. Für künftig gezahlte Beiträge wird nun ein niedriger Rentenfaktor berechnet. Das berichtet die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ am Mittwoch. Das Blatt beruft sich auf Zahlen, die die Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Grünen vorgelegt hat.

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Deutlicher Anstieg der Kürzungen nach 2014

Auffallend ist, dass in den letzten Jahren immer mehr Pensionskassen den Rotstift ansetzen mussten. Korrigierten in den Jahren von 2007 bis 2013 noch zehn Vorsorgewerke ihren Rentenfaktor nach unten, so waren es in den vier folgenden Jahren bereits 17 Kassen. Der Rentenfaktor ist der Wert, mit dem das angesparte Kapital der Beschäftigten später in eine Rente umgerechnet wird. Damit entsprechend die Renten gekürzt werden können, ist in der Regel die Zustimmung der Versicherten erforderlich.

Teils erhebliche Einbußen

Betroffen seien Pensionskassen aller Größe, berichtet die „FAZ“. Prominentestes Beispiel: der Versicherungsverein des Bankwesens (BVV). Laut Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zählte die Vorsorgeeinrichtung der Bankangestellten im Jahr 2016 knapp 462.600 Anwärter und Rentner und ist damit der Primus unter den betroffenen Vorsorgern. Rund 350.000 der versicherten Banker stehen aktuell noch aktiv im Berufsleben und erwerben entsprechende Anwartschaften.

Die Versorgungskasse der Banken musste ihre Rentenzusagen zum 1. Januar 2017 deutlich nach unten korrigieren. „Durch die Absenkung der Rentenfaktoren verringert sich die Rentenleistung, resultierend aus Zuwendungen, die nach dem 1. Januar 2017 gezahlt werden, um 24,01 Prozent“, schrieb die Pensionskasse laut „FAZ“ an ihre Mitarbeiter: rund ein Viertel weniger Rente (der Versicherungsbote berichtete). Der niedrigere Rentenfaktor gilt für künftige Einzahlungen, während bestehende Anwartschaften und bereits gezahlte Renten unangetastet bleiben.

Auch andere große Einrichtungen mussten ihre Zusagen kürzen. So zum Beispiel die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL), die knapp 352.000 Angestellte des öffentlichen Dienstes versichert. Seit dem 1. Juni 2016 werden die Beiträge der freiwilligen Altersversorgung für öffentlich Bedienstete statt mit 1,75 nur noch mit 0,25 Prozent verzinst. Ein 37jähriger Musterzahler, der über 30 Jahre 175 Euro einzahlt, muss hier mit bis zu 66 Prozent weniger Rente Vorlieb nehmen (der Versicherungsbote berichtete).

BaFin warnt vor Problemen

Schon länger ist bekannt, dass die Pensionskassen ähnlich unter den niedrigen Zinsen an den Kapitalmärkten leiden wie auch die Lebensversicherer. Nicht nur haben sie den Beschäftigten in Hochzins-Zeiten großzügige Renten zugesichert, die sie nun kaum noch erwirtschaften können. Sie leiden auch darunter, dass ihre Rentner immer älter werden. Im Niedrigzins können sie die steigende Lebenserwartung der Rentenbezieher zudem nicht durch Zinsüberschüsse ausgleichen. Im Durchschnitt haben die Pensionskassen ihren Kalkulationszins um rund 1,2 Prozentpunkte auf zwei Prozent gesenkt, berichtet die "FAZ".

Auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) warnte bereits mehrfach vor einer möglichen Schieflage einzelner Anbieter. "Den Pensionskassen wird es zunehmend schwerer fallen, eine Absenkung des Rechnungszinses zu finanzieren", sagte BaFin-Chefaufseher Frank Grund im November letzten Jahres auf einer Veranstaltung der "Süddeutschen Zeitung". Deshalb würden die Betriebsrentner unter Umständen weit weniger erhalten, als ihnen bei Vertragsabschluss in Aussicht gestellt worden sei.

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Frank Grund nannte eine mögliche Lösung für das Problem. Die 139 beaufsichtigten Pensionskassen erzielen zusammengerechnet eine Bilanzsumme von 143 Milliarden Euro und etwa die Hälfte von ihnen firmiert als Aktiengesellschaft. "Das Problem könnte gemildert werden, wenn Aktionäre oder Arbeitgeber den Pensionskassen zusätzliche Mittel zur Verfügung stellen", appellierte Grund an die Versorgungswerke. Seit 2007 ist die Zahl der Einrichtungen von 153 auf 139 gesunken.

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