Warnung schützt vor Haftung nicht: Das Oberlandesgericht Oldenburg (OLG) hat festgestellt, dass ein Hundehalter nach der Tierhalterhaftung schadensersatzpflichtig ist, wenn der Hund einer Person ins Gesicht beißt. Das gilt selbst dann, wenn der oder die Geschädigte aufgefordert wird, das Tier nicht anzufassen, und sich zu ihm hinunterbeugt. Über das Urteil berichtet das Gericht in einem aktuellen Pressetext.

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Geburtstagsparty ging furchtbar schief

Im verhandelten Rechtsstreit war die Klägerin zum 75. Geburtstag eines Bekannten eingeladen. Bei der Geburtstagsparty war auch ein Hund anwesend, den der Jubilar drei Wochen zuvor aus einem Tierheim in Rumänien mitgebracht hatte. Der Rentner hatte seine Gäste ausdrücklich gewarnt, dem Hund kein Leckerli zu geben und ihn nicht anzufassen, da er noch scheu sei. Dennoch konnte sich das Tier freilaufend in der Wohnung bewegen.

Die Klägerin missachtete jedoch die Warnung und beugte sich zu dem Hund hinunter, um ihn zu begrüßen. Die Sache ging gehörig schief: Der verschreckte Hund biss die Klägerin ins Gesicht. Sie erlitt schmerzhafte Biss-, Riss- und Quetschwunden, die notärztlich behandelt werden und mehrfach operiert werden mussten.

Daraufhin verklagte die geschädigte Frau den Hundehalter auf Schadensersatz. Dieser lehnte ab und begründete dies damit, dass die Frau auf eigene Gefahr gehandelt und den Hund begrüßt hätte. Er habe ja ausdrücklich darum gebeten, das Tier nicht anzufassen. Deshalb sei der Frau zumindest ein Mitverschulden anzurechnen.

Hundehalter haftet vollumfänglich

Das Oberlandesgericht Oldenburg schloss sich jedoch dem Urteil der Vorinstanz an und verpflichtete den Hundehalter dazu, vollumfänglich Schadensersatz zu leisten. Nach Auffassung der Richter habe sich mit dem plötzlichen Biss des Hundes eine typische Tiergefahr verwirklicht. In einen solchen Fall müsse der Halter nur dann nicht haften, wenn sich jemand ohne triftigen Grund bewusst in eine Situation drohender Eigengefährdung begebe. Dies sei hier nicht gegeben. Nach der Beweisaufnahme stehe fest, dass die Frau den Hund nicht gefüttert und gestreichelt, sondern sich lediglich zu ihm hinuntergebeugt habe.

“Angesichts der Tatsache, dass der Hund auf der Feier frei herumgelaufen sei, habe sie nicht damit rechnen müssen, dass hierdurch bereits ein Beißreflex ausgelöst werde. Ein Gast dürfe bei einem freilaufenden Haustier nach Treu und Glauben damit rechnen, dass bei einem normalen Herunterbeugen zu einem Haustier dieses nicht bereits zu einem Angriff gereizt werde“, heißt es zur Urteilsbegründung im Pressetext des OLG Oldenburg.

Der Klägerin sei auch kein Mitverschulden anzurechnen. Wer einen Hund auf einer Feier frei herumlaufen lasse, könne sich nicht auf ein Mitverschulden eines Geschädigten berufen, wenn dieser bei der bloßen Zuwendung zu dem Tier gebissen werde. Es handele sich um einen adäquaten Umgang mit dem Tier.

Hundehalterhaftpflicht ist schon vielerorts Pflicht

Gegen die finanziellen Folgen eines solchen Bisses können sich Tierfreunde mit einer Hundehalterhaftpflicht absichern. Sie zahlt, wenn Dritten durch den Hund ein Schaden entsteht: nicht jedoch, wenn Familienmitglieder gebissen werden. Werden Angehörige der eigenen Familie gebissen, zahlt in der Regel die private Unfallversicherung.

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In sechs von 16 Bundesländern besteht bereits eine Pflicht, den eigenen Hund mit einer solchen Hundehalterhaftpflicht abzusichern: Berlin, Hamburg, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen. In anderen Ländern können die Behörden bei vermeintlich gefährlichen Rassen eine solche Haftpflicht verlangen, bevor die Haltung eines Hundes genehmigt wird, etwa in Bayern für einen Pit Bull Terrier.

mit Pressematerial OLG Oldenburg

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