“Selbst bei geringerer Verzinsung ist dieser Tausch sehr attraktiv“

Im Dezember 2017 hatte eine Generali-Kundin einen zwiespältigen Brief von einer „Generali Filialdirektion“ erhalten, berichtete die Redaktion mit einem Einspieler. Der Betreff des Schreibens: „Angebot Generali – kostenloser Produktumtausch“. Darin wird der Kundin vorgeschlagen, ihre hochverzinste Kapitallebensversicherung mit Garantiezins gegen mehrere Fondsrenten ohne Garantien einzutauschen. Der Wechsel habe zahlreiche Vorteile, unter anderem sei eine flexible Geldentnahme schon nach einem Jahr möglich, wirbt der Brief. Auch könne die Laufzeit den individuellen Wünschen angepasst werden.

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Abschließend heißt es in dem Schreiben der Generali: „Schauen Sie sich die Unterlagen ruhig an. Selbst bei einer geringeren Verzinsung ist dieser für Sie kostenfreie Tausch sehr attraktiv!“ Kerstin Becker-Eiselen von der Verbraucherzentrale Hamburg klärte auf, dass die Kundin ihren hochverzinsten Altvertrag mit Garantiezins gegen zwei fondsgebundene Rentenversicherungen hätte eintauschen sollen: der Rückkaufswert der Lebensversicherung wäre in einen Vertrag geflossen, die angesparten Überschüsse in einen weiteren Vertrag. Bei beiden Policen sei sogar ein Totalverlust möglich.

Dass dieses Angebot für die Kundin eher nicht attraktiv ist, schon gar nicht bei niedrigerer Verzinsung, darauf konnten sich die Talkshowgäste schnell einigen. Zweifel wurden auch daran laut, ob der Produkttausch tatsächlich kostenlos sei – Frank Plasberg spekulierte, dass für beide Neuverträge auch doppelt Provisionen fließen könnten. „Wir wissen nicht, ob der Umtausch die Marschrichtung des Versicherers ist oder ob hier der Vermittler tatsächlich eine Provision erhalten hätte“, sagte Becker-Eiselen. Die Kundin hatte sich bei der Verbraucherzentrale über den Produktkauf beschwert.

Die Versicherer würden versuchen, die Kunden aus den guten Altverträgen mit hoher Garantieverzinsung rauszulotsen, sagte Becker-Eiselen. „Weil sie offensichtlich zu teuer werden“. Die Generali antwortete der ARD auf Nachfrage: „Auf keine Weise werden unsere Kunden in neue Verträge gedrängt, die nicht dem aktuellen Kundenbedarf entsprechen. Sie beraten lediglich Kunden, die wegen der Niedrigzinsen neue Anlagemöglichkeiten suchen“. Hierauf erklärte Becker-Eiselen wiederum, dass die Kundin nicht aktiv um Rat gesucht hätte, sondern vom Versicherer bzw. der Filialdirektion aktiv angeschrieben worden sei.

"Verscherbeln von Millionen Altverträgen"

Die Versicherer wollen sich von nicht mehr lukrativen Altverträgen trennen: In diese Richtung lief auch die anschließende Debatte über Run-offs, bei der es teils wild durcheinander ging: also, wenn Versicherer ihr Neugeschäft einstellen oder ihre Leben-Bestände gar an externe Investoren verkaufen. Das "Verscherbeln von Millionen Altverträgen an Investoren" werde auch von der Politik kritisch gesehen, sagte CDU-Mann Brinkhaus. Die Politik wolle sich diesem Thema widmen und eine "Komplettbewertung der Branche" vornehmen. Im Klartext: Schlimmstenfalls drohen der Versicherungswirtschaft strengere Aufsichtsregeln.

Auch hier versuchte Schwark, die mitunter schrill vorgetragene Kritik zu relativieren. "Ihr Vertrag ist immer noch bei der Lebensversicherung, bei der Sie abgeschlossen haben", erwiderte er den Vorwurf von Kohl, die Branche liefere ihre Kunden externen Investoren aus China aus. Und hatte Probleme, das zu erklären. Von einer Änderung der Eigentümerstruktur hänge die Sicherheit der Verträge nicht ab, darüber wache die BaFin, erklärte er schließlich. Auch, dass der Investor genug Kapital habe.

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Es war letztendlich CDU-Politiker Ralph Brinkhaus, der zwischen Befürwortern und Gegnern oft vermitteln konnte. Und sowohl an die Versicherungsbranche als auch die Verbraucher appelierte: So hätten sich viele Käufer beim Kauf darauf verlassen, dass ihnen bei den Zukunftsprognosen der Lebensversicherer der Höchstwert zugesichert sei – inklusive der nicht garantierten Anteile. „Ich rate ihnen, die Jahreserklärungen der Versicherer genau anzuschauen“, sagte Brinkhaus ans Publikum gewendet. Noch besser wäre es seiner Meinung nach, wenn die Versicherer ihre Policen im Stile der „Sendung mit der Maus“ erklären könnten. Frank Plasberg erwiderte: „Ich weiß von den Kollegen, die die Sendung mit der Maus machen, wie schwierig so etwas ist.“

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