Gerd Kemnitz ist Diplomingenieur und Versicherungsmakler mit Spezialisierung auf BU-Versicherungen. Foto: Gerd Kemnitz Wer viel Geld für eine Berufsunfähigkeitsversicherung ausgibt, erwartet natürlich einen zuverlässigen Versicherungsschutz. Da kommt es schon mal vor, dass ein Interessent im Beratungsgespräch nach der Leistungsquote des empfohlenen Versicherers fragt. Und auch wenn wir Fachleute wissen, dass die Leistungsquote ein Vergangenheitswert ohne Aussagekraft für das Leistungsverhalten eines Versicherers in 20 oder 30 Jahren ist – der Interessent hat ein Recht auf eine fundierte Antwort.

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Doch ohne nachvollziehbare Zahlen wird eine Erklärung unmöglich.

Allgemein bekannt ist, dass Morgen & Morgen die BU-Leistungsquote im Rahmen des Teilratings „BU-Kompetenz“ aus dem Verhältnis der anerkannten zu den beantragten Leistungsfällen bildet. Doch wann gilt eine Leistung als beantragt bzw. anerkannt? Wie werden Leistungsanträge bewertet, die im Betrachtungszeitraum gestellt – aber erst Jahre später anerkannt werden?
Und kann es wirklich sein, dass ein Versicherer fast 93 Prozent der Leistungsanträge bewilligt und ein anderer nur jeden zweiten? [Anmerkung der Redaktion: Im aktuellen Rating 05/2017 kommt die Condor auf eine Leistungsquote von 93 Prozent, die Interrisk erreicht hingegen nur 50 Prozent.] Oder gibt es Faktoren, die ein verzerrtes Bild liefern?

Da solche Fragen sicherlich mehrere Vermittler beschäftigen, stellte ich diese öffentlich auf meiner Facebook-Seite. So kann jeder die Diskussion verfolgen und mitdiskutieren.

Morgen & Morgen informiert über Details

Erfahrungsgemäß antwortet nicht jedes Unternehmen auf kritische Fragen. Deshalb möchte ich mich nochmals ausdrücklich für die Antwort des Analysehauses bedanken. Laut Morgen & Morgen werden also folgende Komponenten zur Berechnung der Leistungsquote herangezogenen und bei den Versicherern erfragt:

  1. Anzahl der anerkannten BU-Leistungsfälle
 (Das können auch Leistungsfälle sein, die zunächst abgelehnt und erst nach Widerspruch im Betrachtungszeitraum bewilligt wurden.)
  2. Anzahl der zeitlich befristet anerkannten BU-Leistungsfälle
 (Ob hierzu auch Leistungen aus einer AU-Klausel zählen, wurde noch nicht ausdrücklich gesagt – ist aber anzunehmen.)
  3. Anzahl der abgelehnten BU-Leistungsfälle gesamt
  4. Anzahl der wegen fehlender Reaktion des Kunden abgelehnten Anträge auf BU-Leistung
  5. Anzahl der abgelehnten Anträge auf BU-Leistung aufgrund Fehlen des schriftlichen Leistungsantrags.

Dabei werden von der Grundgesamtheit (Anzahl der entschiedenen BU-Leistungsfälle gesamt) die Fälle abgezogen, bei denen keine BU-Leistung gezahlt wird, weil sich der Kunde nicht mehr zurückmeldet oder etwa nach einem Telefonat erst gar keinen schriftlichen Leistungsantrag einreicht.

Mehr Transparenz deckt auch die Schwachpunkte auf

Nun mag jeder Vermittler selbst entscheiden, welchen Stellenwert er einer solchen Quote beimessen will. Ich habe meinen Standpunkt in einem Blogbeitrag zur BU-Leistungsquote dokumentiert: So halte ich die Quote für wenig aussagekräftig, weil zum Beispiel nicht berücksichtigt wird, ob die BU-Leistungen erst nach einem Widerspruch oder gar Rechtsstreit bewilligt wurden.

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Durch die detaillierteren Informationen wissen wir jetzt, warum ein einzelner Versicherer eine auffallend hohe Leistungsquote hat. Warum jedoch ein anderer Versicherer angeblich nur 50 Prozent der Leistungsanträge bewilligt, bleibt unklar. Aber vielleicht hilft uns Morgen & Morgen oder ein durch die Berechnungsmethode benachteiligter Versicherer, auch das noch aufzuklären. Hoffentlich stellt sich dann nicht heraus, dass es im Betrachtungszeitraum nur zwei Leistungsanträge gab, von denen einer abgelehnt wurde.

Gerd Kemnitz

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