Frauen erzielen in Deutschland ein nur halb so hohes Alterseinkommen wie Männer: Im Schnitt müssen weibliche Ruheständler mit 53 Prozent weniger Vorlieb nehmen. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der grünen Bundestagsfraktion hervor (Drucksache 18/11319).

Anzeige

Berücksichtigt wurden hierbei nicht nur die gesetzliche Rente, sondern auch Einkünfte aus privater und betrieblicher Altersvorsorge. Besonders hoch ist die Rentenlücke bei den Betriebsrenten: Hier erzielen Frauen gar 60 Prozent weniger. Am geringsten ist die Rentenlücke hingegen bei der privaten Altersvorsorge mit 14 Prozent (siehe Grafik).

Damit sind Frauen auch stärker von Altersarmut bedroht, wie eine Auswertung des gewerkschaftsnahen WSI-Instituts zeigt. Zum Jahresende 2016 waren 308.726 Frauen ab 65 Jahren auf Grundsicherung im Alter nach dem SGB XII angewiesen – aber „nur“ 216.869 Männer. Der Frauenanteil ist bei dieser Sozialleistung um mehr als 42 Prozent höher.

Relative Rentenlücke: Wie viel Alterseinkünfte erzielen Frauen im Schnitt weniger als Männer? Quelle: Bundesregierung / Alterssicherung in Deutschland (ASID)

Frauen unterbrechen Arbeit öfter – und werden schlechter bezahlt

Ein wichtiger Grund für die Rentenlücke sind laut Bundesregierung erwerbsbiographische Unterschiede: So unterbrechen Frauen ihren Job nach wie vor weit öfter, um Kinder großzuziehen oder Angehörige zu pflegen. Das bestätigen auch Zahlen des Statistischen Bundesamtes: Zwei Drittel der pflegenden Angehörigen sind Frauen, wenn in einer Familie Menschen zum Pflegefall werden und nicht ins Heim kommen sollen.

Auch strukturelle Benachteiligungen tragen dazu bei, dass Frauen im Alter weniger Geld im Portemonnaie haben. Nicht nur sind Frauen seltener in Führungspositionen tätig, unter anderem, weil sie aufgrund familiärer Aufgaben oft in Teilzeit arbeiten. Soziale Berufe, in denen Frauen überproportional vertreten sind, etwa in der Pflege oder Erziehung, sind oft auch schlechter bezahlt als technische Berufe, in denen bisher Männer dominieren. Nicht zu vergessen die Gender Pay Gap: Noch immer erhalten Frauen rund 23 Prozent weniger Lohn, wenn sie die gleiche Arbeit wie ihre männlichen Kollegen verrichten.

Rentenlücke verringert sich – sehr langsam

Aber es gibt eine gute Nachricht: Die Rentenkluft zwischen den Geschlechtern verringert sich. Das liegt auch daran, dass immer mehr Frauen erwerbstätig sind. In den alten Bundesländern dominierte noch bis Ende der 70er Jahre das männliche Alleinernährer-Modell: Der Mann sorgte für das Einkommen der Familie, während die Frau zu Hause blieb und sich um Haushalt und Kinder kümmerte. Das hat sich erst durch die Frauenbewegung radikal gewandelt, wie zum Beispiel die Sozialwissenschaftlerin Helga Riedmüller in ihrem Aufsatz „Frauen- und familienpolitische Leitbilder im deutschen Alterssicherungssystem“ ausführt. Folglich erwarben Männer früher auch höhere Renten-Anwartschaften.

Doch selbst, wenn alle Faktoren mit einem Mal wegfallen würden, die Frauen benachteiligen: Dann würde es immer noch mehr als 60 Jahre dauern, bis Frauen und Männer gleichauf bei den Alterseinkommen sind. Das zeigen ebenfalls Berechnungen des WSI Institutes. Die Grünen fordern deshalb eine Arbeitsmarkt- und Rentenreform. Betreuungsangebote für Kinder sollen ausgebaut, die schlechtere Bezahlung von Frauenberufen abgeschafft werden. Eine „flexible Vollzeit“ soll die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf garantieren. Eine "Garantierente" soll zudem den Frauen mindestens 850 Euro aus der Rentenkasse sichern, wenn sie dreißig Jahre und mehr in die Rentenkasse eingezahlt haben.

Anzeige

„Geht der Trend so weiter, würde es noch bis zum Jahr 2080 dauern, bis diese Lücke geschlossen ist. Im Gegensatz zur Bundesregierung geht uns das viel zu langsam“, heißt es im Pressetext der Grünen. Und an anderer Stelle: „Frauen arbeiten genauso viel wie Männer – mindestens. Ihr Pech: Sie werden für diese Arbeit entweder gar nicht bezahlt oder eben deutlich schlechter als Männer. Ihr doppeltes Pech: Die Rente ist ein Spiegelbild des Erwerbslebens.“

Anzeige