Vor ziemlich genau einem Jahr verunglückte der Leipziger Unister-Gründer Thomas Wagner bei einem Flugzeugabsturz. Dessen Vertrauter und einstiger Konzernsprecher Konstantin Korosides erhebt nun schwere Vorwürfe in Richtung der der italienischen und sächsischen Ermittlungsbehörden. Denn noch immer ist unklar, weshalb das Flugzeug mit Thomas Wagner abstürzte.

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Der 38jährige Wagner war gerade bei einem sogenannten Rip-Deal in Venedig betrogen worden, als sein Kleinflugzeug beim Rückflug über Slowenien abstürzte. Drei weitere Männer fanden den Tod. Aber noch immer habe die slowenische Flugaufsicht keinen abschließenden Bericht vorlegen können, sagte Korosides dem Medienbranchendienst Kress. Aktuell seien drei mögliche Ursachen im Gespräch: ein technischer Defekt am Flugzeug, die Vereisung der Flügel oder Fremdeinwirkung.

„Allein die Theorie, dass im Juli die Flügel vereisen, scheint mir wenig plausibel“, so Korosides. Es sei nicht das erste Mal, dass jemand nach einem Rip-Deal den Rückflug nicht überlebe. „Für mich stinkt das Ganze zum Himmel. Wir haben es hier ja nicht mit Kleinkriminellen, sondern mit einem Kartell der organisierten Kriminalität rund um RIP-Deals zu tun“. Dreh- und Angelpunkt sei dabei Italien. "Die Polizei dort weiß das, macht aber nichts."

Koffer voller Falschgeld

Tatsächlich liest sich wie ein Krimi, was bisher über Wagners Tod bekannt ist. Wagner, dessen Internet-Firma Unister in ernsthaften finanziellen Schwierigkeiten steckte, sollte einen 15-Millionen-Euro Kredit von einem israelischen Diamantenhändler namens „Levy Vass“ erhalten. Bedingung hierfür war, dass der Leipziger Unternehmer 1,5 Millionen Euro in bar als Sicherheit nach Venedig bringen sollte, um dieses Geld wiederum gegen die 15 Millionen Euro einzutauschen.

Doch Betrüger hatten Wagner in Italien einen Koffer mit Falschgeld überreicht. Noch in Venedig erstattete der Geschäftsmann Anzeige wegen Betrugs. Den Rückflug nach Deutschland überlebte Wagner nicht. Am 14. Juli 2016 starben der Geschäftsführer und sein Mitgesellschafter Oliver Schilling bei einem Flugzeugabsturz bei dem Ort Ajdovščina in Slowenien.

Ehrgeiz – und falsches zwischenmenschliches Vertrauen

Dass sich Wagner auf dieses fragwürdige Geschäft überhaupt einließ, habe mit der „menschlichen Ebene“ zu tun, sagte Korosides nun. Ein bekannter Politiker habe Wagner zunächst den Kontakt zu einem Leipziger Immobilienhändler vermittelt, der ihn wiederum an einen Wilfried S. vermittelt habe, der den vermeintlichen Goldhändler gekannt haben soll. Mit anderen Worten: Wagner vertraute seinen dubiosen Geschäftspartnern. Auch die Hauskanzlei CMS Hasche Sigle habe den Deal vorab geprüft, so Korosides. Die Kanzlei habe von einem „merkwürdigen Geschäft“ gesprochen, aber grundsätzlich ihr Okay gegeben.

Verdacht auf Insolvenzverschleppung

Doch auch Ehrgeiz trieb Wagner an. Laut dem Insolvenzverwalter des Unternehmens, Lucas Flöher, gebe es Indizien, dass Unister bereits lange vor Wagners Tod zahlungsunfähig gewesen sei. Unter anderem forderte die HanseMerkur einen Kredit über 50 Millionen Euro zurück, den das Unternehmen wohl nicht bedienen konnte (der Versicherungsbote berichtete).

Mehrere Unister-Tochterfirmen meldeten jedoch erst nach Wagners Tod die Insolvenz an. Laut Insolvenzverwalter Flöher steht nun der Verdacht der Insolvenzverschleppung im Raum. Er sammle gerichtsfeste Beweise und bereite Anfechtungen vor, sagte Flöher der "Ostthüringer Zeitung", um zivilrechtliche Ansprüche wegen Insolvenzverschleppung durchzusetzen.

Korosides erklärte nun, dass Thomas Wagner mehrere Übernahmeangebote von anderen Konkurrenten abgelehnt habe. Er wollte demnach nicht „die zweite Geige“ im Unternehmen spielen und den Wert der Firma auf eine Milliarde Euro steigern, was bisher in Deutschland nur Rocket-Internet-Chef Oliver Samwer gelungen sei. Die Unabhängigkeit von Unister und den Tochterfirmen wollte Wagner mit allen Mitteln aufrecht erhalten - auch mit derart fragwürdigen Kreditgeschäften.

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Das kriminelle Energie im Spiel war, haben auch deutsche Richter bestätigt. Wilfried S., der den Deal vermittelte, wurde im März vom Landgericht Leipzig wegen Betrugs zu einer Haftstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt.

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