Wer sich von einer Lebensversicherung trennen will, der muss sie nicht stornieren. Eine weitere Option ist es, sie auf dem Zweitmarkt für Lebensversicherungen zu verkaufen. Und diese Option nutzen immer mehr Verbraucher. Das Ankaufsvolumen auf dem deutschen Zweitmarkt für Lebensversicherungen ist 2016 im Vergleich zum Vorjahr um 50 Prozent gestiegen, von 175 Millionen auf nun 275 Millionen Euro, so berichtet der Bundesverband Vermögensanlagen im Zweitmarkt Lebensversicherung (BVZL) am Dienstag in einer Pressemeldung.

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Das Geschäftsmodell sieht dabei so aus: Will sich ein Kunde von seiner Lebensversicherung trennen, storniert er sie nicht, sondern verkauft sie an einem Finanzdienstleister auf dem Zweitmarkt für Lebensversicherungen. Dafür muss der Vertrag bestimmte Mindestanforderungen erfüllen: in der Regel bereits eine Weile laufen und mindestens 10.000 Euro wert sein. Auf Anfrage verkauft der Dienstleister dann den Vertrag an interessierte Anleger weiter, sowohl Privatpersonen als auch institutionelle Anleger wie beispielsweise Vereine. Der Käufer zahlt dann die Beiträge weiter bis Vertragsende und kassiert die Aufbauleistung des Vertrages.

„Umfeld wieder positiv“

Ingo Wichelhaus, Vorstandsmitglied des BVZL, wertet die aktuelle Steigerung des Ankaufsvolumens als „klares Indiz dafür, dass das Umfeld für den deutschen LV-Zweitmarkt wieder positiv ist“. Und er nennt einen weiteren Indikator für das positive Umfeld: das vom Verband eingeführte „PolicenAnkaufbarometer“ stehe derzeit wieder auf „Hoch“.

Das Aufkaufbarometer gibt die Wahrscheinlichkeit an, mit der die Zweitmarkt-Anbieter eine Lebensversicherung tatsächlich aufkaufen, wenn sie ihnen angeboten wird. Ist die Bereitschaft zum Aufkauf hoch, spricht dies für eine hohe Qualität der angebotenen Verträge. Noch vor wenigen Jahren lag dieser Wert um fast dreißig Prozent niedriger. Auch die Kaufpreise für Lebensversicherungen seien wieder deutlich gestiegen, berichtet Wichelhaus.

Auch unseriöse Anbieter auf dem Zweitmarkt

Und doch: Gemessen an der Gesamtzahl der Stornierungen in der Lebensversicherung nutzen bisher nur sehr wenige Verbraucher den Zweitmarkt. Genaue Zahlen für das Jahr 2016 liegen noch nicht vor. Aber im Jahr 2015 wurden Lebensversicherungs-Policen im Wert von 13,1 Milliarden Euro storniert, wie aus Zahlen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hervorgeht. Noch immer kündigen viele Sparer ihre Verträge, statt sie zu verkaufen.

Das hat auch damit zu tun, dass sich auf dem Zweitmarkt für Lebensversicherungen schwarze Schafe aktiv sind, woran das Image leidet. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) berichtet auf seiner Webseite: „Auf dem Markt tummeln sich viele Firmen, die die Unwissenheit der Verbraucher ausnutzen und ihnen mehr schaden als nutzen“.

Ein gängiges Geschäftsmodell zum Nachteil des Kunden sei zum Beispiel, dass Finanzdienstleister hohe Gebühren für den Ankauf berechnen und der Kunde letztendlich weniger erhält als den Rückkaufswert im Falle einer Stornierung. Oder die Zweitmarkt-Anbieter zahlen sogar nur Teilbeträge aus und verbinden dies mit dem Versprechen künftiger Zahlungen, dessen Einhaltung jedoch ungewiss ist. Andere wiederum behalten die Abgeltungssteuer ein, obwohl sie dem Kunden vollumfänglich zusteht. Laut Verbraucherzentrale verstecken sich solche nachteiligen Regelungen oft im Kleingedruckten.

Mindeststandards für Mitglieder des BVZL

Der Bundesverband Vermögensanlagen versteht sich als Gegenmodell zu den unseriösen Anbietern. Hierfür müssen sich die derzeit 29 Mitgliedsunternehmen bestimmten Qualitätskriterien unterwerfen, zum Beispiel, dass der komplette Kaufpreis in einer Summe ausgezahlt wird.

Bereits seit 2004 ist der BVZL aktiv – und seine Bemühungen für Seriosität werden vom Verbraucherschutz honoriert. So schreibt auch der Dachverband der Verbraucherzentralen auf seiner Webseite: „Gehört die ankaufende Firma dem Bundesverband Vermögensanlagen im Zweitmarkt für Lebensversicherungen (BVZL) e.V. an, gelten gewisse Qualitätsrichtlinien; denn die Unternehmen haben sich verpflichtet, bestimmte Kaufanforderungen einzuhalten“.

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Der BVZL will nun weiter öffentlich für die „Alternative Zweitmarkt“ werben, wenn sich Sparer von ihrer Lebensversicherung trennen wollen. „Denn auch, wenn das Stornovolumen leicht sinkt, sind es immer noch viele Milliarden Euro, die vorzeitig jährlich ausgezahlt werden, weil Versicherte das Geld benötigen oder das Vertrauen in das Produkt verloren haben“, berichtet Ingo Wichelhaus. In der Regel können Kunden auf zwei bis fünf Prozent mehr Geld hoffen, wenn sie ihre Police verkaufen statt stornieren, berichtet der Verband. Und einen weiteren Vorteil gibt es: ein reduzierter Todesfallschutz bleibt für die Verkäufer ebenfalls bestehen.

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