Versicherungsbote: Herr Schächtele, die Märkte sind volatil, die Zinsen niedrig, Sparten wie Riester oder die Lebensversicherung sehen sich einem Dauerfeuer durch die Medien ausgesetzt. Provokativ gefragt: Sind das eigentlich gute oder schlechte Zeiten für Finanzberater und Anlagestrategen, wenn die Kunden verunsichert sind?

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Markus Schächtele ist Vorstand der Südcuranz AG Unternehmensgruppe, die seit 26 Jahren besteht. Das Unternehmen mit Sitz in Merdingen leitet er mit seinem Partner Armin M. Spittler. Schächtele ist hauptverantwortlich für die Bereiche Investmentanlage, Geschäftsversicherung, Ruhestandsplanung und private Absicherung. Markus Schächtele: Es werden tagtäglich so viele verschiedene Informationen zu diesem Thema veröffentlicht, dass die Kunden tatsächlich verunsichert sind. Für uns freie Finanzberater ist es eine große Herausforderung, weil die Kunden in diesen Zeiten ganz besonders auf unser Wissen und unsere Erfahrungen vertrauen. Nie zuvor habe ich so viele Beratungsgespräche infolge persönlicher Empfehlungen vereinbart wie heute.

"Professionelle Kundenberatung erfordert Wissen über Finanzmärkte"

Versicherungsbote: Viele Versicherungsmakler scheuen das Thema Investment und konzentrieren sich auf die Versicherungsvermittlung. Sie betreuen mit Ihrer Südcuranz Finanz AG über 7.000 Kundinnen und Kunden, bieten eine Auswahl aus 8.000 Fonds. Warum sollten sich Makler Ihrer Meinung nach mit dem Thema Geldanlage beschäftigen und auch als Finanzberater tätig werden?

Schächtele: Versicherungsmakler, die Lebensversicherungen vermitteln, müssen sich zwangsläufig mit den Kapitalmärkten und verschiedenen Investmentanlagen beschäftigen. Immer mehr Versicherungsgesellschaften bieten nur noch Produkte an, die an Investmentfonds gebunden sind. Eine professionelle Kundenberatung auf diesem Gebiet erfordert daher auch ein fachlich fundiertes Wissen über die aktuelle Entwicklung der Finanzmärkte.

Versicherungsbote: Die Südcuranz Finanz AG hat ihren Sitz in Merdingen, einem beschaulichen Weinbauort im Südwesten Baden-Württembergs mit kaum 2.600 Einwohnern. Das ist nicht unbedingt der Ort, wo man ein Finanz- und Maklerunternehmen mit über 30 Mitarbeitern vermuten würde. Wie kann man denn die Menschen in Kleinstädten und Dörfern für das Thema Investment gewinnen? Muss man sie anders ansprechen, als wenn Sie in einer Metropole agieren würden?

Schächtele: Sparsamkeit und nachhaltiges Wirtschaften waren schon immer die Tugenden der ländlichen Bevölkerung im Südwesten. Das Interesse der Kunden ihr Erspartes ertragreich und sicher anzulegen, ist die größte Triebfeder bei der Suche nach professioneller Beratung. Ob in einer Metropole andere Überlegungen ausschlaggebend sind, kann ich nicht beurteilen.

"Das Investment-Geschäft kann durchaus mit dem Sachversicherungsgeschäft verglichen werden"

Versicherungsbote: Für eine Kfz- oder Wohngebäudeversicherung sehen Kunden selbst leicht den eigenen Bedarf. Wie aber interessiert man sie für Investmentprodukte? Wie finden Sie den Weg zu Ihren Kunden? Findet ein Beratungsgespräch auch mal beim Bier in der Kneipe statt - oder ist das jetzt eine Klischeevorstellung von mir?

Schächtele: Mit einer Sachversicherung schützt der Kunde sein sichtbares Hab und Gut. Mit einem Investmentprodukt möchte der Kunde sein Erspartes sichern und gewinnbringend anlegen. Den Bedarf und den Anspruch, auf beiden Gebieten sachkundig beraten zu werden, bringt der Kunde von sich aus mit. Neue Kunden gewinne ich dadurch, dass ich weiterempfohlen werde. Es ist zwar eine gängige Vorstellung, aber das Thema Geldanlagen möchten die Kunden gerne diskret mit mir besprechen, weshalb eine Kneipe kein geeigneter Ort dafür ist.

Versicherungsbote: Und wie baut man schließlich einen so großen Investmentbestand auf?

Schächtele: Viel arbeiten, für seine Kunden da sein, auch in Krisenzeiten der Finanzmärkte, und seriös und nachhaltig beraten.

Versicherungsbote: In der Vergangenheit wurden viele Vermittler belächelt, die sich mühselig einen Sachbestand aufgebaut haben und nicht (nur) den Fokus auf das Neugeschäft im Bereich Leben gelegt haben. Inzwischen hat sich das Blatt gewendet. Ist der Vertrieb von Fondsprodukten die neue Chance auf eine große Bestandssumme und damit regelmäßige Einkünfte?

Schächtele: Das Investmentgeschäft kann durchaus mit dem Sachversicherungsgeschäft verglichen werden. Insbesondere dann, wenn Sie beispielsweise Fonds-Sparpläne an Kunden vermitteln. Dabei erhalten Sie keine vordiskondierte Abschlussprovision, sondern eine ratierliche Vergütung. Diese rechnet sich für uns zwar erst nach einigen Jahren, aber es kumuliert ohne Stornorisiken zu beeinhalten.

Versicherungsbote: Wie hoch ist Ihr Bestandsvolumen?

Schächtele: Aktuell betreuen wir über 2.000 Kundendepots mit einem Bestandsvermögen von etwa 60 Millionen Euro. Wir haben wenige Großkunden und sehr viele Kunden mit kleinen und mittleren Vermögen.

Versicherungsbote: Wie viel kann man mit Fonds verdienen? Wie hoch sind die durchschnittlichen Abschluss- bzw. Bestandsvergütungen?

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Schächtele: Beim Erwerb von Fondsanteilen fällt eine Gebühr an, der sogenannte Ausgabeaufschlag, der durchschnittlich bei 2,5 Prozent liegt, wovon der Makler etwa 2,0 Prozent erhält. Die Bestandsvergütung beträgt hier im Durchschnitt etwa. 0,2 Prozent pro Jahr. Eine andere Möglichkeit besteht darin, mit dem Kunden ein jährliches Serviceentgelt zwischen 0.5 Prozent und 1,0 Prozent zu vereinbaren. In diesem Fall entfällt dann der Ausgabeaufschlag.

Ehrlich sagen, dass nicht alle Risiken vorhersagbar sind!

Versicherungsbote: Viele Versicherer setzen auf Fondspolicen. Wie stehen Sie dazu?

Schächtele: Mittlerweile bieten fast alle Versicherer eine Fondspolice an. Ich halte die Trennung von Risikoabsicherung einerseits und Vermögensaufbau andererseits meist für sinnvoller, zumal die Kosten geringer sind und der Kunde flexibler bleibt. Letztendlich muss aber immer der individuelle Kundenvorteil im Vordergrund stehen.

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Versicherungsbote: Fonds dürfen seit dem 01. Januar 2015 nur noch von Vermittlern mit Sachkundeprüfung gemäß § 34 f GewO verkauft werden. Vermittler ohne 34 f-Nachweis können aber dieselben Fonds weiterhin im Rahmen einer Fondspolice vertreiben. Wie geht man als entsprechend geprüfter Vermittler mit dieser Konkurrenz um?

Schächtele: Ich sehe darin kein Problem, denn oftmals ist es für den Kunden wirtschaftlich sinnvoller, ohne Einbindung in einen langfristigen Vertrag direkt in Fonds zu investieren. Der gut beratene und aufgeklärte Kunde entscheidet sich dann für das bessere, sprich das für ihn rentablere Produkt. Und in absehbarer Zeit werden vermutlich auch Fondspolicen-Vermittler eine Sachkundeprüfung im Rahmen der GewO nachweisen müssen.

Versicherungsbote: Deutsche Sparer gelten als konservativ, wenn es um die Geldanlage geht. Laut einer Umfrage des GFK Marktforschungsinstitutes sind Sparkonto und Tagesgeld die beliebtesten Anlageformen. Aktien und Fondsanteile hingegen regelrecht verpönt und mit einem schlechten Image behaftet. Wie bringt man die Sparer trotzdem dazu, das Geld entsprechend anzulegen?

Schächtele: Eine kundenorientierte individuelle Beratung beinhaltet auch eine umfangreiche Aufklärung und versetzt den Kunden in die Lage, die mit dem Kauf von Aktien und Fondsanlagen verbundenen Risiken jeweils richtig einschätzen zu können. Das Anlageportfolio muss zum Kunden passen. Wenn der Kunde erkennt, dass ich ihm mit meinem Fachwissen helfen möchte, sein Erspartes seinen Bedürfnissen entsprechend anzulegen, dann ist er auch bereit, ein akzeptables Risiko einzugehen.

Versicherungsbote: Wie viel Geld legen ihre Kunden im Durchschnitt an? Ab welchem Betrag macht das Investment in Fonds Sinn?

Schächtele: Die durchschnittliche Anlagesumme beträgt etwa 40.000,- Euro, der durchschnittliche monatliche Sparbetrag liegt zwischen 150,- und 200,- Euro. Ich biete aber auch Sparpläne schon mit einem monatlichen Beitrag von 10,- Euro für Kinder ab Geburt an, weil ich der Überzeugung bin, dass sich langfristiges Fondssparen immer lohnt.

"Ehrlich sagen, dass nicht alle Entwicklungen vorhersagbar sind"

Versicherungsbote: Hand aufs Herz: Wie kommunizieren Finanzberater, wenn sich doch mal eine Geldanlage nicht wie gewünscht entwickelt oder gar Verluste bringt? Schließlich kann auch der beste Anlageberater daneben liegen. Haben Sie für solche Fälle eine Strategie? Und wie sichern Sie sich persönlich ab?

Schächtele: Ich protokolliere alle Beratungsgespräche ausführlich. Wichtig ist es, dem Kunden schon bei der Beratung ein breit gestreutes Portfolio für sein Kapital anbieten zu können, um sein Verlustrisiko möglichst gering zu halten. Und natürlich muss man dem Kunden auch ehrlich sagen, dass nicht alle Entwicklungen am Finanzmarkt vorhersehbar sind und es durchaus möglich ist, dass sich der eine oder andere der ausgewählten Fonds nicht so gut entwickelt wie erwartet.

Versicherungsbote: Die Webseite der Südcuranz lässt darauf schließen, dass Sie eine ganzheitliche Beratung anstreben, u. a. mit den Bausteinen Altersvorsorge, Risikovorsorge und Geldanlage. Warum ist Ihnen dies wichtig?

Schächtele: Wir streben eine langfristige, lebensbegleitende Kundenbeziehung an. Jede Lebensphase ist von anderen Bedürfnissen geprägt. Wir möchten unsere Kunden jederzeit umfassend und ihren Bedürfnissen entsprechend beraten können.

Versicherungsbote: Und wie geht es weiter mit den Märkten? Wagen Sie einen Ausblick?

Schächtele: Die Märkte werden volatil bleiben und damit bleiben es auch "gute Zeiten" für seriöse Finanzberater, die für ihre Kunden da sind - in guten ebenso wie in schwierigen Zeiten!

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Versicherungsbote: Vielen Dank für das Interview! (Die Fragen stellte Mirko Wenig.)

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