Haus gegen LKW – Haus verliert

Bereits am 11. Mai diesen Jahres war ein LKW wegen eines technischen Defektes von der am Haus vorbeiführenden Straße abgekommen und direkt in die Hauswand gefahren. Der Laster hätte gleich neben der Schlafstube gestanden. So berichtet BILD.

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Altersvorsorgetraum geplatzt

Nun ist das Haus einsturzgefährdet und die Versicherung des Lkw-Fahrers will nur den Zeitwert ersetzen. Die avisierte Zeitwert-Summe würde jedoch gerade für die Abrisskosten reichen, ein Neubau ist damit nicht möglich und der Traum der Altersvorsorge durch das bereits abgezahlte Haus sei dahin - so berichtet BILD weiter.

Ist die Haftpflichtversicherung des LKW wirklich schuld?

Unterschwellig wird im vorgenannten Artikel dem Haftpflichtversicherer des LKW’s unterstellt, dass er an der Misere die Schuld tragen würde. Von "Dauerzoff mit der Versicherung" ist im Artikel die Rede. Aber trifft die LKW-Haftpflichtversicherung wirklich eine Schuld?

Haftpflichtversicherung – wofür und für was zahlt sie?

Das Recht im Bereich der Haftpflichtversicherung ist nicht ganz unkompliziert. In den Musterbedingungen des Gesamtverbandes der Versicherungswirtschaft (GDV) zur Kfz-Haftpflichtversicherung findet sich in Abschnitt A.1.1 der Allgemeine Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB) sinngemäß und bezogen auf den vorliegenden Fall folgendes:

  • Wir stellen Sie von Schadenersatzansprüchen frei, wenn durch den Gebrauch des Fahrzeugs Sachen beschädigt oder zerstört werden oder abhandenkommen oder Vermögensschäden verursacht werden, die weder mit einem Personen- noch mit einem Sachschaden mittelbar oder unmittelbar zusammenhängen (reine Vermögensschäden) und deswegen gegen Sie oder uns Schadenersatzansprüche aufgrund von Haftpflichtbestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs ... geltend gemacht werden.

Regelungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)

Die Haftpflichtversicherungs-Bedingen beziehen sich insbesondere auf das BGB aber auch weitere Gesetze. Zur Schadenersatzpflicht laut BGB finden sich auf den vorliegenden Fall bezogen insbesondere drei bedeutsame Regelungen:

  • Nach § 823 BGB (Schadensersatzpflicht) ist zum Ersatz des entstandenen Schadens verpflichtet, wer vorsätzlich oder fahrlässig das Eigentum eines Anderen verletzt. Zumindest steht aber die Gefährdungshaftung nach § 7 (1) Straßenverkehrsgesetz (StVG) im Raum. Die Haftung eines Kfz-Haftpflichtversicherers würde jedoch u.a. dann nicht zum tragen kommen, wenn "höherer Gewalt" im Spiel wäre, denn eine Haftung für höhere Gewalt wäre nach § 7 (2) StVG ausgeschlossen - wobei derartige Fälle kaum vorstellbar sind, da die Rechtsprechung hier sehr enge Grenzen gesteckt hat.
  • Wenn bewiesen wäre, dass die LKW-Haftpflichtversicherung zu leisten hätte, dann wäre eine Leistung nach § 249 BGB (Art und Umfang des Schadensersatzes) denkbar. Denn wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat nach § 249 BGB den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
  • Allerdings wäre nach § 251 BGB (Schadensersatz in Geld ohne Fristsetzung) ggf. auch die Angemessenheit der Entschädigung zu prüfen. Denn soweit die (Wieder)Herstellung nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich ist wäre auch eine Geldleistung möglich, die vermutlich gerade nicht den Wiederherstellungskosten entsprechen würde.

Diese Gesetze und weitere Gesetze hat der LKW-Haftpflichtversicherer in seine Entschädigungsüberlegungen einzubeziehen. Denn in dessen Bedingungstext (AKB) findet sich ggf. gemäß Musterbedingungen des GDV Punkt A.1.1.3 auch folgender Text

  • Sind Schadenersatzansprüche unbegründet, wehren wir diese auf unsere Kosten ab. Dies gilt auch, soweit Schadenersatzansprüche der Höhe nach unbegründet sind.

Besser selbst für Versicherungsschutz sorgen

Auf vollständige Regulierung durch einen Haftpflichtversicherer zum Neuwert zu hoffen bzw. sich auf Regulierung durch einen Haftpflichtversicherer in voller Höhe verlassen zu wollen, ist also kein guter Plan. Dies betrifft sowohl den Bereich der Versicherung von Sachen/Eigentum wie auch der eigenen körperlichen Unversehrtheit. Im hier vorliegenden Fall hätte das Rentnerpaar besser die Beratung durch einen tatsächlich wissenden Versicherungsvermittler oder Versicherungsberater in Anspruch nehemen sollen – wie bei jeder anderen Versicherung auch.

Lösung wäre einfach gewesen

Es gibt mittlerweile genügend Anbieter am deutschen Versicherungsmarkt, die weitreichende Bedingungen anbieten. Bei einem Versicherungsmakler wäre z.B. die InterRisk erhältlich gewesen, bei einem Versicherungsvertreter bzw. Versicherungsmakler die DEVK oder die Zurich oder die Alte Leipziger, um nur einige Gesellschaften zu nennen. Alle vorgenannten Versicherer (und weitere Versicherer) bieten im erweiterten Bedingungstext aller bzw. einiger Tarife zur Wohngebäudeversicherung entsprechenden Versicherungsschutz auch für den Anprall von Fahrzeugen.

Schnelle Entschädigung zum Neuwert

Eine schnelle Entschädigung zum Neuwert (hier durch Neubau) wäre über die richtige(!) eigene Wohngebäudeversicherung also möglich gewesen. Darüber hinaus wären die Abrisskosten, behördliche Auflagen, Hotelunterbringung etc. in vollem Umfang versichert gewesen. Um den Regress beim Haftpflichtversicherer des LKW’s hätte sich die Wohngebäudeversicherung ebenfalls gekümmert.

Geiz ist im Versicherungsbereich gar nicht geil

Ganz allgemein gesagt (und hier nicht auf den vorliegenden Fall bezogen) ist Geiz im Versicherungsbereich der völlig falsche Ansatz. Wer eine gute Versicherungsleistung erwartet, der muss einen leistungsgerechten Beitrag dafür entrichten. Nun tatsächlich auf den vorliegenden Fall bezogen hätten die jährliche Überprüfung des bestehenden Versicherungsschutzes durch den betreuenden Versicherungsvermittler und ein paar Euro mehr Versicherungsbeitrag sehr geholfen. Bei guter Beratung und etwas Mehrbeitrag wäre sodann die Police zu einer Wohngebäudeversicherung vorhanden gewesen, die z.B. folgenden Bedingungstext enthalten hätte:

  • Versichert ist der Anprall von Schienen-, Straßen- oder Wasserfahrzeugen auf das versicherte Gebäude. Versicherungsschutz besteht auch, wenn das den Schaden verursachende Fahrzeug Ihnen, Ihren Angehörigen, Angestellten oder Mietern gehört.

Versicherungen nicht im Internet abschließen

Versicherungsmakler, Versicherungsvertreter und Versicherungsberater haften für den dem Verbraucher erteilten Rat. Versicherungsmakler umso mehr, da sie ihrem Rat eine hinreichende Anzahl von Versicherungsangeboten zugrunde legen müssen. Dazu das konkrete, auf den Fall bezogene Beispiel bei einer Vertragsbetreuung durch einen Versicherungsmakler:

Das gute Beispiel für Versicherungsmakler und Kunde:

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  • Der Versicherungsmakler hat dem Kunden nach ausführlicher Beratung zu einer Police geraten, die möglichst vollumfänglich in ihrem Bedingungswerk ist und trotzdem über ein ausgewogenes Preisleistungsverhältnis besitzt.
  • Der Schaden wäre folglich von der Wohngebäudeversicherung vollumfänglich beglichen worden.
  • Kunde zufrieden, Versicherungsmakler glücklich.

Das schlechte Beispiel für den Versicherungsmakler, schlechtes Ende für den Kunden: Der Versicherungsmakler kämpfte um den Kunden lediglich auf Preisgrundlage, da der Kunde ganz unbedingt das preiswerteste Produkt wünscht, welches er bei einem Vergleichsportal im Internet gefunden hat. Der Kunde "zwingt" den Versicherungsmakler quasi zur Vermittlung eines Billigproduktes. Der Versicherungsmakler vergaß darüber hinaus die gesetzliche Pflicht zur Dokumentation des Beratungsgespräches inklusive dem zu erteilenden Rat. Am Ende sieht dies im Ernstfall für den Versicherungsmakler aber auch für den Kunden möglicher Weise gar nicht gut aus:

  • Der Kunde verklagt den Versicherungsmakler auf den Schadendifferenzbetrag zwischen der Entschädigung durch den LKW-Haftpflichtversicherer und dem tatsächlich entstandenen Schaden.
  • Der Versicherungsmakler kann im folgenden Gerichtsprozess keinen Nachweis erbringen, dass er den Kunden im Beratungsgespräch zur Wohngebäudeversicherung auch mit Hinsicht auf den Anprall von Fahrzeugen beraten hat.
  • Der Kunde gewinnt daher den Prozess gegen den Versicherungsmakler.
  • Der Versicherungsmakler wird zu vollem Schadenersatz verurteilt.
  • Die Vermögensschadenhaftpflichtversicherung des Versicherungsmaklers verweigert die Leistung wegen Kardinalspflichtenverletzung (hier Verletzung der gesetzlichen Dokumentationspflicht, Verletzung der Erteilung des gesetzlich vorgeschriebenen Rates).
  • Der Versicherungsmakler ist finanziell nicht in der Lage den Schaden zu ersetzen. Er geht in geschäftliche Insolvenz und in Privatinsolvenz.
  • Der Kunde hat zwar einen Titel, bleibt auf einem Großteil des Schadens und seinen Anwaltskosten sitzen.
  • Der Kunde hat am falschen Ende gespart. Zwar hat der Kunde über ein paar Jahre etwas Beitrag eingespart, was sich aber nun bitter rächt.
  • Der Versicherungsmakler hätte auf eine sorgfältige Dokumentation achten sollen.

Fazit

  • Jeder der Sachen von Wert besitzt sollte dafür sorgen, dass diese aus Eigeninteresse heraus bestmöglich versichert sind. Dazu zählen nicht nur materielle Dinge, sondern insbesondere das eigene Leben und die eigene Arbeitskraft.
  • Versicherungsverträge schließt man nur nach persönlicher Beratung durch und bei einem Versicherungsvermittler ab. Wer mag kann vorher (gegen gesondert zu zahlendes Honorar) bei einem Versicherungsberater Rat einholen, sollte dann aber trotzdem bei einem Versicherungsvermittler seine Verträge abschließen und betreuen lassen.
  • Keine Verträge im Internet abschließen. Das Internet ist kein Haftungspartner.
  • Geiz ist gerade im Versicherungsbereich nicht geil.
  • Versicherungsvermittler und Kunden sollten auf einer sauberen und von beiden Seiten unterzeichneten Dokumentation zum Beratungsgespräch bestehen. Im Klartext: Keine Dokumentation = kein Vertragsschluss.

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