Die „Qualitätsoffensive Verbraucherfinanzen“ der Bundesregierung 2009 ist eine der politischen Konsequenzen aus den Erfahrungen der Finanzmarktkrise. Eine bessere Verbraucherinformation und eine gesteigerte Qualität in der Finanzberatung zählen zu ihren Zielen. Dies soll durch mehr Transparenz die Verbraucher vor einer Falschberatung und ungeahnten Risiken besser schützen.

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Die Verpflichtung zur Erstellung von Beratungsprotokollen besteht seit 1. Januar 2010 durch die Novellierung vom „Gesetz zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse bei Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen und zur verbesserten Durchsetzbarkeit von Ansprüchen von Anlegern aus Falschberatung“. Darüber hinaus regelt seit 1. Juli 2011 das Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz die Pflicht zur Einführung von Produktinformationsblättern.

Beratungsprotokoll in der Kritik

Das Beratungsprotokoll wird seitdem sowohl von Seiten der Anbieter als auch von den Verbrauchern und dem Verbraucherschutz kritisiert. Anbieter bemängeln den erhöhten Bürokratieaufwand und dass die Kunden nicht – falls sie dies wünschen – auf ein Protokoll verzichten können. Die fehlende Detailgenauigkeit der Beratungsprotokolle kritisieren hingegen die Verbraucher und der Verbraucherschutz. Kreditinstitute haben sich aufgrund des höheren Beratungsaufwandes und den damit verbundenen Kosten vermehrt aus der Aktienberatung zurückgezogen. Wie eine kürzlich veröffentlichte Studie des Deutschen Aktieninstituts belegt, erfolgte darüber hinaus der Rückzug aus der Anlageberatung sogar teilweise gänzlich.

Nutzen umso höher, je kürzer die Abstände zwischen der Anlageberatung

Teilweise waren die Anbieter auch von dem Kundennutzen der Beratungsprotokolle und Produktinformationsblätter nicht überzeugt. Gerade Kunden mit einer hohen Beratungsfrequenz würden hierauf gerne verzichten. Dies bestätigt die Studie des PFI Private Finance Institute der EBS Business School zur „Bedeutung von Vergütungsstrukturen im Nachfrageverhalten nach Finanzdienstleistungen“ jedoch nicht. Es zeigt sich hingegen ein positiver Zusammenhang zwischen der Beratungsfrequenz und der Nutzenbeurteilung von Produktinformationsblatt und Beratungsprotokoll. Vorwiegend bei Verbrauchern mit jährlichem oder halbjährlichem Turnus bei der finanziellen Anlageberatung.

Verbraucher sehen Beratungsprotokoll und Produktinformationsblatt mehrheitlich positiv

Die Einstellung der Verbraucher zu Produktinformationsblatt und Beratungsprotokoll ist ein Teil der bevölkerungsrepräsentativen Studie. Den Ergebnissen der Studie zufolge finden die Verbraucher die Einführung von Produktinformationsblatt und Beratungsprotokoll größtenteils positiv. Lediglich 9 Prozent der insgesamt 1.041 befragten Verbraucher erachten das Produktinformationsblatt weniger oder überhaupt nicht nützlich. 11 Prozent sind dieser Meinung beim Beratungsprotokoll.

Höhere finanzielle Allgemeinbildung = höhere Nutzeneinschätzung

Die positive Nutzenbewertung trifft insbesondere auf Verbraucher mit einer hohen finanziellen Allgemeinbildung zu. Verbraucher mit geringerem Finanzwissen sehen hingegen in den zusätzlichen Informationen eher keinen Nutzen oder können den Nutzen nicht einschätzen. Gerade diese Verbraucher dürften allerding im Fokus der Verbraucherschutzbemühungen stehen.


Finanzielle Allgemeinbildung schulisch verankern

Demnach hat die reine Informationsbereitstellung für Verbraucher mit geringer finanzieller Allgemeinbildung bzw. weniger Beratungserfahrung nur einen eingeschränkten Nutzen. Die zur Verfügung gestellten Informationen bringen diesen Verbrauchern keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn. Der Verbraucher benötigt folglich „mehr“ Erkenntnis anstatt „mehr“ Papier. Dies ist durch eine besseres finanzielle Allgemeinbildung zu erreichen und sollte daher idealerweise bereits in die schulische Ausbildung verankert werden. Nur mit einer besseren finanziellen Allgemeinbildung können durch eine zusätzliche Informationsbereitstellung bessere Entscheidungen getroffen und Fehlentscheidungen reduziert werden.

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