Wie können kleine und mittlere Unternehmen dazu gebracht werden, zukünftig ihren Mitarbeitern Betriebsrenten anzubieten? Diese Frage treibt die schwarz-rote Koalition um, hat sie doch eine stärkere Förderung der betrieblichen Altersvorsorge im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Laut Frankfurter Allgemeine Zeitung zeichnet sich nun ab, wie das Vorhaben in die Realität umgesetzt werden soll. Demnach will Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) es den Tarifparteien erleichtern, gemeinsame Vorsorgeeinrichtungen aufzubauen, die anschließend von der Politik für allgemeingültig erklärt werden.

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Im Klartext bedeutet dies: Arbeitgeber und Gewerkschaften sollen an einen gemeinsamen Tisch, um für Unternehmen einer Branche eine verbindliche Altersvorsorge zu vereinbaren. Davon wären dann wahrscheinlich auch jene Firmen betroffen, die gar keine Betriebsrenten anbieten wollen – sie könnten über Tarifverträge dazu gezwungen werden. Dies gehe aus einem Papier des Ministeriums hervor, das der FAZ vorliegt.

Mehrere Formen der betrieblichen Altersvorsorge

Bisher gibt es mehrere Formen der betrieblichen Altersvorsorge. Beliebt ist, dass Arbeitgeber eine direkte Zusage aussprechen, wie hoch zusätzliche Renten ausfallen. Auch die sogenannte Entgeltumwandlung erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Arbeitnehmer zahlen Teile ihres Lohns ein und sparen Steuern sowie Sozialabgaben. Mitunter geben die Unternehmen einen Zuschlag für den Altersvorsorge-Topf.

Nun aber fürchten Kritiker, dass tarifliche Vereinbarungen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern bevorzugt werden. Als Anreiz will Andrea Nahles die Arbeitgeber von der Pflicht befreien, Mittel zuzuschießen, wenn die Leistungszusagen an die späteren Ruheständler nicht ausreichen. Im Gegenzug müssen Arbeitgeber selbst in die Pensionskasse einzahlen und einen Absicherungsfonds beitreten, der bei finanziellen Engpässen die Betriebsrenten auszahlt.

Zwar sind die Unternehmen damit aus der Haftung befreit. Arbeitgeber fürchten aber, dass dieses Modell in der Summe teurer wird und zu Lasten des Wettbewerbs geht. Zudem sei nicht die Nachschusspflicht größte Hürde für Arbeitgeber, eine Betriebsrente anzubieten, kritisiert Peter Weiß von der Arbeitnehmergruppe der CDU-Bundestagsfraktion gegenüber der FAZ. „Untersuchungen zeigen, dass eher die derzeitige steuerliche Förderung und die Komplexität der Durchführungswege die Betriebe davon abhalten“.

Viele Unternehmen nicht tariflich organisiert

Erschwerend kommt hinzu, dass gerade kleine und mittlere Unternehmen häufig nicht von Tarifverträgen erfasst werden und die Angestellten auch nicht gewerkschaftlich organisiert sind. Die Tarifbindung im Westen betrug 2012 nur rund 60 Prozent, im Osten gar 48 Prozent, wie eine Untersuchung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) ergab. Tendenz sinkend.

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Auch gehört es heute eher zum Normalfall, dass ein Beschäftigter in seiner Erwerbsbiographie mehrere Arbeitgeber hat. Trotz guter Konjunktur boomen Teilzeitstellen, Minijobs und Leiharbeit. 2013 waren mehr als 40 Prozent der sogenannten „atypischen Beschäftigung“ zuzurechnen, berichtet das WSI. Viele der betroffenen Arbeitnehmer dürften kaum von einer Förderung der bAV profitieren.

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