Eine 80jährige Britin musste aktuell die Erfahrung machen, dass man auch in einem sehr lebendigen Zustand offiziell für Tod erklärt werden kann. Ende Juli fand sie ein Kondolenzschreiben ihres Versicherers Standard Life im Briefkasten, in dem ihr das eigene Ableben mitgeteilt wurde.

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„Ich bedauere es sehr, von Misses Fs. Tod erfahren zu müssen, nachdem die Bank ihre Rente an uns zurücküberwiesen hat“, schrieb ein Angestellter der Versicherung in dem Schreiben, das an den angeblichen Nachlassverwalter der Frau adressiert gewesen ist. „Ich drücke Ihnen im Namen der Standard Life mein aufrichtiges Beileid aus!“ Zudem wollte die Versicherung das genaue Sterbedatum der Rentnerin mitgeteilt bekommen, weshalb dem Brief ein frankierter Rückumschlag beigelegt war.

“Zum Glück habe ich noch alle Sinne beisammen“

Die Witwe regte sich über das Schreiben sehr auf – schließlich war sie ja noch am Leben. „Sie können sich vorstellen, wie mich der Brief geschockt hat“, sagte die Frau, die anonym bleiben möchte, dem Telegraph. „Zum Glück habe ich noch alle Sinne beisammen. Aber ich wage nicht darüber nachzudenken, welche Auswirkungen ein solches Schreiben auf einen Menschen in schlechterem Gesundheitszustand haben kann.“

Warum die Frau fälschlicherweise für tot erklärt wurde, konnte schnell aufgeklärt werden. Wie ein Standard Life-Sprecher mitteilte, hat ein Verwaltungsmitarbeiter versehentlich „verstorben“ als Grund für eine nicht erfolgte Rentenzahlung ins Computersystem eingetragen. „Es tut uns sehr leid, dass dieser Fehler passiert ist“, sagte der Sprecher dem Telegraph. „Wir haben die Rentenzahlung schnell neu angewiesen und werden der Frau als Entschädigung einen Blumenstrauß und 50 Pfund zukommen lassen.“

Um einen Einzelfall handelt es sich laut dem britischen Blatt nicht. In den letzten Jahren seien Versicherungen und Banken mehrfach dafür kritisiert worden, dass sie das angebliche Ableben von Menschen nicht prüfen, bevor sie Kondolenzschreiben verschicken. So wurde 2012 dem 52jährigen Fred Banagan die Auszahlung eines Kredites verweigert, weil er von einer Wirtschaftsauskunftei dreimal für tot erklärt worden ist. Mehrere Beschwerden des Mannes hatten keinen Erfolg. "Es ist, als würde man tatsächlich nicht mehr existieren, nur weil der Computer behauptet, man sei tot", hatte der Brite damals geklagt.

Es hätte schlimmer kommen können: Phänomen Scheintod

Doch die Betroffenen hatten noch Glück, dass sie nur auf dem Papier für tot erklärt wurden. Wenn ein Mediziner bei einem Patienten fälschlicherweise den Tod feststellt, kann dies weit bittere Konsequenzen haben.

So ereignete sich in einem Mettmanner Seniorenheim 2002 ein folgenschweres Missverständnis, als ein Mediziner bei einer 72 jährigen Rentnerin irrtümlich den Tod diagnostizierte. Auf einer Trage schoben Altenpfleger die angeblich tote Frau in die 4 Grad Celcius kalte Aufbahrungskammer des Friedhofes Mettmann. Dort starb die Frau, die zu diesem Zeitpunkt noch am Leben war, tatsächlich – an den Folgen einer Unterkühlung, wie der WDR berichtet. Bemerkt wurde der Irrtum nur, weil für die Feuerbestattung eine zweite Leichenbeschau der Frau erfolgte.

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Solche Fälle eines Scheintodes seien zwar ein seltenes Phänomen, aber würden immer wieder auftreten, erklärt der WDR: etwa, wenn Patienten aufgrund von Medikamenten vorübergehend leblos wirken und nur eine schwache Herztätigkeit haben. Um derartige Irrtümer zu vermeiden, sollen sich Mediziner bei der Leichenbeschau nicht auf unsichere Zeichen verlassen wie blasse Haut, geringe Körperwärme sowie Atem- und Herz-Kreislauf-Stillstand. Vielmehr müssen "todsichere" Zeichen wie z.B. Totenflecken, Totenstarre oder Zeichen der Fäulnis vorhanden sein.

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