Die Reform des Kostenrechtsmodernisierungsgesetz soll zum einen strukturelle Änderungen mit sich bringen und damit die Kosten und Vergütung für die Justiz transparenter und einfacher gestalten: Aus Notarkostengesetz und Justizverwaltungskostenordnung soll ein „modernes Justizverwaltungskostengesetz“ entwickelt werden. Zum anderen müsse die Vergütung von Notaren gerade in strukturschwachen Regionen an die wirtschaftliche Entwicklung angepasst werden. Auch sind Honorare für Sachverständige, Dolmetscher und Übersetzer auf dem freien Markt längst höher, begründet die Bundesregierung den Gesetzesentwurf.

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Der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) errechnete durch die Neuregelung eine Zunahme der Rechtskosten um 13,6 Prozent. Für Gutachter und Sachverständige könnten die Zahlungen um bis zu 60 Prozent angehoben werden. „Gerade im Sozialrecht, wo fast immer Gutachter gebraucht werden, erhöhen sich zudem die Anwaltskosten sogar teilweise um 25 Prozent“, erklärt Gabriele Hillmer-Möbius, Referentin für Rechtsschutz beim GDV.

BRAK und DAV: Lebenshaltungskosten für Anwälte höher als Vergütung

Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) und Deutscher Anwaltsverein (DAV) begrüßen das Gesetzesvorhaben: „Wir freuen uns, dass das berechtigte Anliegen der Anwaltschaft vom Gesetzgeber aufgegriffen wird“, so BRAK-Präsident Axel C. Filges. Nachbesserungen seien jedoch nötig: Die beiden Anwaltsorganisationen fordern eine Erhöhung der Vergütung um weitere 2 Prozent. Das derzeit vorgesehene Anpassungsvolumen gleiche noch nicht einmal die Inflation aus.

Mit den zunehmenden Lebenshaltungskosten, den steigenden Gehältern für Mitarbeiter sowie den höheren Mieten für Kanzlein ist die Bezahlung der Rechtsanwälte in den vergangenen Jahren nicht abgestimmt worden. Eine letzte Anpassung der Anwaltskosten gab es mit dem ersten Kostenrechtsmoderniserungsgesetz von 2004. Die Werte der Gebührentabelle wurden seit 1994 nicht mehr angehoben.

Der GDV sieht im Umsatz- und Einkommensrückgang der Anwälte zusätzlich ein strukturelles Problem. Das von Rechtsanwalten beklagte geringe Einkommen wäre ebenso die Folge der wachsenden Zahl der Anwälte. Derzeit sind 160.000 Anwälte in Deutschland zugelassen. Lediglich eine Gebührenerhöhung durchzuführen, wäre nicht ausreichend, so der Verband.

Höhere Rechtskosten müssen Verbraucher und Bundesländern mitgetragen werden

Rechtsschutzversicherungen sind bei den Verbrauchern gefragter denn je. Im Jahr 2011 erstatteten die Gesellschaften Rechtskosten von mehr als 2,3 Milliarden Euro. Der GDV befürchtet, dass sich auch die Versicherungsnehmer in Form von höheren Prämien an den steigenden Rechtskosten beteiligen müssen. Wie die Rechtsschutzversicherer auf die Erhöhung reagieren, ist dabei eine unternehmensindividuelle Entscheidung. Im Gesetzesentwurf werden diesbezüglich Auswirkungen auf das Preisniveau erwartet, deren Höhe ist derzeit jedoch nicht abschätzbar.

BRAK und DAV weisen in ihrer Mitteilung darauf hin, dass die Anwaltschaft essentieller Bestandteil des Rechtsstaates ist: „Die Anwaltschaft gewährleistet dem Bürger den Zugang zum Recht“, betonen die Präsidenten der Vereinigungen, „allerdings können sie, wie jede andere Berufsgruppe auch, ihre Aufgaben nur dann sachgerecht erfüllen, wenn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stimmen. Doch dürften die Gerichtskosten nicht noch weiter angehoben werden, warnt Hillmer-Möbius vom GDV: „Jeder Bürger muss weiterhin sein Recht geltend machen können - steigen die Kosten für die Rechtsverfolgung zu sehr, wird der Zugang zum Recht behindert.“

Der Gesetzgeber hat auch die Möglichkeit, mit weiteren Maßnahmen grundsätzlich hohe Rechtskosten zu vermeiden. So können etwa Kapitalanlegerstreitigkeiten, bei denen derzeit pro Geschädigten mehrere Gerichtsverfahren notwendig sind, zusammengelegt und in einem Prozess behandelt werden. Bei Kündigungsschutzklagen ist eine Maximalgrenze für den Streitwert effektiv, so der Verband.

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Eine endgültige Entscheidung über das Gesetz liegt in den Händen der Bundesländer. Auch diese müssen die steigenden Kosten tragen. Sie zahlen derzeit Beratungs- und Prozesskostenhilfen. Ihre Zustimmung ist abhängig davon, ob die Gerichtskosten noch mehr als bisher vorgesehen erhöht werden und gleichzeitig die Beihilfen gesetzlich begrenzt werden. Die Bundesregierung hat sich für ein Inkrafttreten der Regelung noch bis zum 1. Juli 2013 ausgesprochen.

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