Für deutlichen Unmut sorgt auch die Verzögerung bei der Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs. Der heutige Pflegebedürftigkeitsbegriff sei nicht in der Lage, Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz tatsächlich gerecht zu werden. „Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff und das neue Begutachtungs-Assessement müssen so kurzfristig wie möglich umgesetzt werden. Die Vorarbeiten dafür sind doch längst abgeschlossen“, so Heinz Kaltenbach, Geschäftsführer des BKK Bundesverbandes. „Die Einführung stattdessen weiterhin auf unbestimmte Zeit zu verschieben, kann keine Option sein. Wir brauchen zumindest einen verbindlichen Zeitplan für die Realisierung der notwendigen Umsetzungsschritte.“

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Begrüßenswert sei allerdings die Intentionen des Gesetzes, die Versorgung insbesondere bei demenzkranken Pflegebedürftigen zu verbessern. „Das Gesetz bietet Chancen, zumindest für einen Teil der demenziell erkrankten Menschen und ihren Angehörigen die Pflege zu erleichtern. Bedauerlich ist jedoch, dass der – für eine tatsächliche Besserstellung der Demenzkranken dringend notwendige – neue Pflegebedürftigkeitsbegriff mit dem PNG nicht eingeführt wird“, so Kaltenbach.

Stärkung neuer Wohn- und Betreuungsformen

Die Betriebskrankenkassen begrüßen die im Referentenentwurf des PNG vorgesehene Stärkung neuer Wohn- und Betreuungsformen, da sich die Bedürfnisse der heutigen Seniorengeneration geändert haben. Kritisch hinterfragt werden müsse jedoch das innovative Potential der vorgesehenen Anschubfinanzierung zur Gründung von ambulanten Wohngruppen, für die ein Budget von 30 Millionen Euro vorgesehen ist. Bei einem Deckungsbetrag in Höhe von 10.000 Euro je Wohngemeinschaft könnten nach Angaben des Verbandes nicht mehr als maximal 3.000 Wohngemeinschaften gefördert werden. Fraglich sei auch, ob ein einmaliger Förderbetrag den Anstoß zur Gründung einer Wohngemeinschaft geben kann.

Pflegeversicherung braucht nachhaltiges Finanzierungskonzept

Bereits jetzt sei absehbar, dass die Anhebung des Beitragssatzes um 0,1 Prozentpunkte die bevorstehenden Mehrausgaben nicht über das Jahr 2013 hinaus ausgleichen wird, teilte der Verband der Betriebskrankenkassen mit. Auch die in einem weiteren Gesetzgebungsverfahren angekündigte steuerliche Förderung von privaten Pflegezusatzversicherungen wird die Pflegeversicherung nicht langfristig stabilisieren können. Die Betriebskrankenkassen mahnen daher eine gesetzliche Lösung für eine zukunftsfähige, nachhaltige, solidarische und paritätische Finanzierung der Pflegeversicherung an.

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Zusätzlich sieht das PNG auch finanzielle Belastungen für die gesetzliche Krankenversicherung vor. So sollen niedergelassene Fachärzte finanzielle Zuschläge in Höhe von 77 Millionen Euro dafür erhalten, Pflegebedürftige in Heimen medizinisch zu versorgen. Doch bereits heute zählt dies zu den ureigenen Aufgaben der Ärzte. Dass sich die Mehrkosten für die GKV – wie in der Gesetzesbegründung aufgeführt – mit „höhere[n] Einsparungen durch verringerte Kosten in Folge vermeidbarer Krankenhauseinweisungen und Krankentransporte“ auch nur in Ansätzen einsparen lassen, ist stark zu bezweifeln. „Fragwürdig bleibt insgesamt die Zielsetzung des Pflege-Neuausrichtungsgesetzes zum wiederholten Male die niedergelassenen Ärzte finanziell zu fördern, während die übrigen, hauptsächlich betroffenen Pflegeberufe auf der Strecke bleiben. Im Interesse einer hohen Versorgungsqualität in der Pflege wäre es lohnender, die Attraktivität der Pflegeberufe zu stärken“, so Heinz Kaltenbach.

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