Die Inflation ist hoch, die Kaufkraft der Senioren sinkt und das Rentenniveau sackt in den Keller – Das Thema Altersarmut bestimmt seit Jahren die Schlagzeilen, doch neuerdings knirscht es wieder besonders laut in den Medien. „Rentner haben weniger im Geldbeutel“, „Jeder zweite geht mit Abschlägen in die Rente“, „Die Rente lahmt“ - so titelte etwa der Versicherungsbote in den letzten Wochen, denn auch wir wurden mit einer Fülle teils alarmistischer Meldungen konfrontiert. Experten prophezeien für die Zukunft sogar ein Sinken des Alterseinkommens unter das Grundsicherungsniveau.

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Doch bisher ließ Bundessozialministerin Ursula von der Leyen alle Rufe nach Reformen ungehört verhallen. Linkspartei und Sozialverbände hatten angeregt, eine gesetzliche Mindestrente einzuführen, auch eine Abkopplung der Altersbezüge von der Lohnhöhe wurde diskutiert. Das alles ging der CDU-Politikerin zu weit: Sie wollte Schritte zur Armutsprävention in die Wege leiten, aber mit Bedacht. Vor allem kosten durften die Maßnahmen nicht viel, schließlich will die Sozialministerin in den nächsten beiden Jahren die Beiträge zur Rentenversicherung senken.

Am gestrigen Mittwoch stellte sie nun eigene Pläne im Kampf gegen Altersarmut vor. Gegenüber der Leipziger Volkszeitung sagte die Ministerin: "Unser Rentensystem ist im Grundsatz fest aufgestellt. Doch es haben sich auch einige Schwachstellen gezeigt, an denen wir besser werden müssen. Ziel sind konkrete gesetzgeberische Schritte, die wir Anfang des Jahres auf den Weg bringen wollen". Rentner sollen zukünftig besser gestellt werden – doch nicht allen wird die Reform nützen.

Vorschläge der Bundesregierung zur Eindämmung der Altersarmut

  • Rentenzuschüsse für Geringverdiener Geringverdiener, die mindestens 45 Jahre lang in die Rentenkasse eingezahlt haben, sollen eine Aufstockung ihrer Grundsicherung auf monatlich 850 Euro erhalten. Es ist angedacht, die Zuschüsse aus Steuermitteln zu finanzieren. Nach Informationen der Passauer Neuen Presse könnten im Startjahr 2013 rund 17.000 Rentner davon profitieren, diese Zahl bis zum Jahr 2035 auf 1,1 Millionen Bezugsberechtigte steigen.
    Zum Start der Zuschussrente ist zudem eine 10jährige Übergangszeit mit erleichterten Zugangsbedingungen angedacht. Hierzu teilt das Bundesministerium auf seiner Homepage mit: „In den ersten 10 Jahren reichen für den Zugang zur Zuschussrente 40 Versicherungsjahre (mit angerechnet werden können: Beschäftigung, Schulbildung ab Alter 17, Ausbildung, Studium, Krankheit, Arbeitslosigkeit, Schwangerschaft), 30 Beitragsjahre (angerechnet werden Beschäftigung, Zeiten der Kindererziehung oder Pflege) und zum Start (2013-2017) 5 Jahre zusätzlicher Vorsorge.“

  • Bessere Zurechnungszeiten für Erwerbsminderungsrenten Wer aufgrund einer Behinderung oder Krankheit nur eingeschränkt erwerbsfähig ist, hat in Deutschland Anrecht auf eine Erwerbsminderungsrente. Bisher werden Empfänger von Erwerbsminderungsrenten so gestellt wie Arbeitnehmer, die bis zum 60. Lebensjahr gearbeitet und in die Rentenversicherung eingezahlt haben. Diese Grenze soll nun schrittweise auf 62 Jahre erhöht werden. Dadurch will man eine Erhöhung der Erwerbsminderungsrente bewirken.

  • Erhöhung der Hinzuverdienstgrenzen für Frührentner Zeitgleich sehen die Pläne vor, die Hinzuverdienstgrenze für Frührentner zu ändern. Derzeit dürfen diese lediglich 400 Euro ohne Abschläge dazuverdienen. Bei höheren Einkünften verringert sich die Rente dementsprechend. Diskutiert wird nun, die Grenze auf die Höhe des früheren Nettolohns anzuheben.

Nicht alle können profitieren

Auf wenig Gegenliebe stießen die Pläne des Bundesministeriums bei Sozialverbänden und Gewerkschaften. Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtverbandes, sprach von einer Mogelpackung. "Es ist wie beim Bildungspaket für Hartz-IV-Empfänger: Eine grundsätzlich richtige Sache wird gemacht, doch die Rahmenbedingungen führen dazu, dass kaum jemand die Leistung in Anspruch nehmen kann."
Ähnlich äußerte sich Annelie Buntenbach vom Deutschen Gewerkschaftsbund. Sie kritisierte, dass vor allem selbstständige Geringverdiener nicht von den Maßnahmen profitieren können, da die Begünstigungen an die Einzahlung in die Rentenkasse gebunden sind.

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Doch auch aus den eigenen Reihen kam Kritik. Sachsens Sozialministerin Christine Clauß (CDU) äußerte gegenüber der Leipziger Volkszeitung die Befürchtung, dass gerade ostdeutsche Rentner benachteiligt werden. Der Grund: Eine Aufstockung der Rente erhält nur, wer eine lückenlose Erwerbsbiographie vorzuweisen hat. Viele ältere Arbeitnehmer verloren jedoch im Trubel der Nachwendezeit ihren Job. Wer im Jahr 2020 in Rente geht und bisher zu den Geringverdienern zählte, muss folglich trotz der angedachten Regelungen ein Abrutschen in die Altersarmut fürchten.

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