‚Sieben Jahre länger…‘ heißt eine Kampagne des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), die darauf aufmerksam machen soll, dass Deutsche ihre Lebenserwartung unterschätzen, also deutlich älter werden, als sie erwarten, unrealistische (Kosten-)Vorstellungen vom Alter haben und deshalb falsch, zu wenig oder gar keine Altersvorsorge betreiben.

Anzeige

‚Sieben Jahre länger…‘ das könnte auch als Motto über dem Rentenkonzept der AfD stehen. Denn zwischen Parteigründung und dem ersten Rentenpapier vergingen ebenfalls sieben Jahre. Auf dem Bundesparteitag in Kalkar stimmten die Delegierten einem Leitantrag zur Sozialpolitik (PDF) zu, der in wesentlichen Teilen im März diesen Jahres konzipiert wurde (Versicherungsbote berichtete). Dem nun vorgelegten Rentenkonzept war ein jahrelanger partei-interner Machtkampf vorausgegangen.

In der Präambel des Papiers heißt es, man wolle „einen Weg aus der demografischen Krise skizzieren, um die Ursache der Schieflage langfristig zu beheben und zudem einen Beitrag dazu leisten, die drohende Altersarmut zu vermeiden.“ Was genau mit „Schieflage“ gemeint ist? Nur wenige Zeilen später wird das AfD-Papier deutlich: „Bei einer Geburtenrate von 1,5 Kindern schrumpft ein Volk um ca. 30% pro Generation, was zu einem Zusammenbruch der Sozialversicherungssysteme führen muss und den kulturellen Erhalt gefährdet.“

Als „elementare Ungerechtigkeit der Lastenverteilung“ wird gesehen, dass „Eltern die Kosten für die Kinder tragen, die später auch die höheren Renten für die Kinderlosen erwirtschaften. Die Kosten werden individualisiert, die späteren Erträge in Form von Rentenbeiträgen und Steuern werden vergesellschaftet.“ Dieser, mit der Rentenreform von 1957 eingeführte Zustand bedürfe einer dringenden Korrektur, heißt es in dem Leitantrag.

Nach den Vorstellungen der Partei könnte ein Lastenausgleich Abhilfe schaffen: So sollten Familien für jedes Kind 20.000 Euro Beiträge der Eltern zur Rentenversicherung aus Steuermitteln erstattet bekommen, ohne dass sich die Rentenansprüche dadurch verringern. Wurden noch keine Beiträge in entsprechender Höhe gezahlt, soll eine Anrechnung auf zukünftige Rentenbeiträge erfolgen.

AfD fordert „demografische Wende“

Denn als „einzige Möglichkeit zur Stabilisierung und zum Erhalt unserer Sozialsysteme, aber auch zur Bewahrung unserer Kultur und zum Fortbestand unseres Volkes“ wird die Steigerung der Geburtenrate bezeichnet. Und zwar „auf ein bestandserhaltendes Niveau von 2,1 Kindern pro Frau“. Dieses Ziel soll durch weitere Maßnahmen erreicht werden, u.a.:

Anzeige

  • Betreuungsgeld in den ersten drei Jahren nach Geburt eines Kindes. Diese Lohnersatzleistung soll sich am bisherigen durchschnittlichen Nettolohn der letzten drei Jahre orientieren und auf die Höhe des allgemeinen durchschnittlichen Nettogehalts gedeckelt sein.
  • Renteneintritt in Abhängigkeit von der Kinderzahl

Auch die private, zusätzliche Altersvorsorge soll weiterhin gefördert werden. Die bisherigen Modelle (Rürup- und Riester-Renten) sollten durch „flexiblere sowie unbürokratischere Modelle“ ersetzt werden, schreibt die AfD. Bei diesen Modellen sollen die Sparer während der Einzahlphase frei entscheiden können, wie das Geld angelegt werden soll. Gleiches soll für die Mittelverwendung bei der Auszahlung gelten. Weiter heißt es: „Pro geborenem Kind mit deutscher Staatsangehörigkeit und Lebensmittelpunkt in Deutschland soll der Staat außerdem eine zusätzliche Einzahlung in Höhe von 100 Euro pro Monat bis zum 18. Lebensjahr in die Spardepots der jeweiligen Kinder tätigen. Die Höhe dieses Beitrags ist regelmäßig vom Gesetzgeber dem Verlauf der Inflation anzupassen und entsprechend zu erhöhen.“

Altersrente nicht voll auf Grundsicherung im Alter anrechnen

Um Altersarmut zu bekämpfen, schlägt die AfD vor, dass nur noch 25 Prozent der Altersrente auf die Grundsicherung im Alter angerechnet werden. Damit lohne es sich auch in der Erwerbsphase, Tätigkeiten mit geringem Einkommen anzubieten, heißt es in dem AfD-Papier.

Bei den Streitfragen, wer alles in die Rentenkasse einzahlen soll, bezieht die Oppositionspartei klar Stellung: So sollten auch Selbstständige grundsätzlich in die Gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Bei Nachweis einer privaten Altersvorsorge könnten sie aber austreten bzw. Beitragszahlungen suspendieren.

Anzeige


Die GRV soll auch für den Großteil der künftigen Staatsbediensteten geöffnet werden, so die AfD. Die Vollbeamtung soll sich auf rein hoheitliche Aufgaben beschränken, wie sie bspw. von Bundeswehr, Zoll, Polizei, Finanzverwaltung und Justiz übernommen werden.

Finanzierung aus Steuermitteln

Fragen zur Finanzierung dieser Maßnahmen beantwortet der Leitantrag im Konjunktiv: „Eine steuerbasierte Altersvorsorge könnte die Vorteile haben, dass der Faktor Arbeit entlastet und durch Automatisierung und Digitalisierung entstandene Wertschöpfung in die Finanzierung einbezogen würde, sie bezöge alle Gesellschaftsschichten ein und bedürfte keiner eigenen Verwaltungsstruktur. Grundgedanke dieses steuerbasierten Systems ist, dass alle Steuerzahler auf der einen Seite die Altersversorgung der Rentnergeneration finanzieren und dadurch auf der anderen Seite Ansprüche auf eigene Leistungen im Alter aufbauen. Für Anspruchsberechtigte würde eine Grundrente gezahlt, die deutlich über dem Niveau der Grundsicherung zu liegen käme. Auf diese Weise würde die aktuell zu beobachtende Altersarmut weiter Bevölkerungsschichten in Zukunft verhindert.“

Anzeige

Ein derartiger Systemwechsel könne nur gemeinsam mit einer umfassenden Steuerreform realisiert werden, so die AfD. Die unüberschaubaren Steuerarten und -ausnahmen müssten durch ein einfaches Grundsystem mit wenigen Steuerarten und fast ohne Ausnahmetatbestände ersetzt werden. Diskussionen über weitergehende Steuer- und Rentenreformen werde man sich nicht verschließen, so die Partei.

Seite 1/2/

Anzeige