Das Sicherungsniveau vor Steuern (sogenanntes steuerbereinigtes Nettorentenniveau) wird als Orientierungsgröße seit 2005 erhoben, um die Stabilität des gesetzlichen Altersbezüge abzubilden. Es beschreibt das Verhältnis zwischen dem aktuellen Durchschnittseinkommen der deutschen Bevölkerung sowie der Rentenhöhe, die ein Durchschnittsverdiener nach 45 Jahren erhalten würde. Und glaubt man Modellrechnungen des Arbeitsministeriums, so erhöht sich bis zum Jahr 2025 das Durchschnittseinkommen von derzeit 30.268 Euro jährlich auf 46.700 Euro, steigt also um 54 Prozent. Die Renten erhöhen sich im selben Zeitraum jedoch nur um 34 Prozent. Der Abstand zwischen Löhnen und Renten vergrößert sich deutlich zu Ungunsten der Renten.

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Das Arbeitsministerium betonte jedoch, dass ein sinkendes Rentenniveau nicht mit sinkenden Altersbezügen gleichzusetzen sei. Vielmehr handle es sich um einen politisch gewollten Vorgang, der dazu beitragen soll, die Renten für jüngere Generationen bezahlbar zu halten – so wurden von den vorherigen Regierungen Dämpfungsfaktoren eingeführt, um das Rentenniveau planvoll zu reduzieren. „Es geht nicht um ein Absenken der Rente, sondern um ein langsameres Ansteigen“, erklärte ein Sprecher des Ministeriums.

Debatte um Ursachen und Maßnahmen

Vor dem Hintergrund steigender Altersarmut ist die Debatte über die Stabilität der gesetzlichen Rente jedoch neu entbrannt. Die aktuellen Zahlen gehen auf eine schriftliche Anfrage der Linkspartei an das Bundesarbeitsministerium zurück – Parteichef Klaus Ernst nahm die Daten zum Anlass, erneut eine gesetzliche Mindestrente von 850 Euro monatlich zu fordern. „Die Renten sind im freien Fall. Es muss eine verbindliche Untergrenze geben, die Altersarmut verhindert“, sagte Ernst der Passauer Neuen Presse.

Ulrike Maschner vom Sozialverband VdK forderte, die Abschlagsfaktoren in der Rentenformeln zu streichen – diese würden seit Jahren dazu führen, dass die Renten nur minimal steigen und Ruheständler folglich nicht vom Wirtschaftsaufschwung profitieren könnten. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen hatte zwar angekündigt, sich ab kommender Woche dem Thema Altersarmut bei ihren Expertenrunden zum „Regierungsdialog Rente“ zu widmen, lehnt eine steuerfinanzierte Mindestrente sowie eine Streichung der Abschlagsfaktoren jedoch bisher strikt ab. Stattdessen will sie eigene Vorschläge in die Debatte einbringen.

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Zu den prominenten Kritikern der aktuellen Rentenpolitik zählt auch Ex-Arbeitsminister Norbert Blüm. Das sinkende Rentenniveau sei „eine Folge der rot-grünen Rentenreform von 2001“, sagte der Unionspolitiker gegenüber der Westdeutschen Zeitung. Und kritisierte seinen Amtsnachfolger Walter Riester: Dieser habe das Rentenniveau gesenkt, um die private Altersvorsorge zu fördern und Gelder aus den gesetzlichen Kassen der Assekuranz zuzuführen. „Da wurden der Rentenversicherung vier Prozent weggenommen und an die Versicherungskonzerne transferiert, um die Riesterrente zu finanzieren.“ Diese Beträge würden nun fehlen in der Rentenkasse fehlen, um die Altersbezüge auf einem stabilen Niveau zu halten.

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