Die Wohngebäudeversicherung gilt neben der Kfz-Versicherung als das große Sorgenkind der Branche. Das verwundert kaum – durch eine zunehmende Zahl extremer Wetterereignisse steigen Kosten für Elementarschäden. Hinzu kommen steigende Baukosten, da sich Baumaterialien wie Stahl, Stahlerzeugnisse, Holz oder Glas in 2022 durch Lieferengpässe, Materialknappheit und hohe Energiepreise merklich verteuert haben (Versicherungsbote berichtete). Demnach verwundert kaum, dass sich die heikle Situation auch in den Kennzahlen der Branche niederschlägt.

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Dies zeigt aktuell auch der Branchenmonitor Wohngebäudeversicherung 2023, der soeben durch die V.E.R.S. Leipzig GmbH veröffentlicht wurde: Die Schadenquote (Schadenaufwendungen brutto direkt in Prozent der verdienten Bruttoprämien) liegt in 2022 bei 76,74 Prozent. Zwar ist die Quote niedriger als 2021, als Sturmtief Bernd die höchsten Ausgaben für Naturgefahren in der Geschichte der Schadenstatistik verursachte (Versicherungsbote berichtete). Dennoch liegt die Quote höher als in den Jahren 2017 bis 2020. Die hohe Schadenquote wirkt sich natürlich auch auf die Schaden-Kosten-Quote des Jahres 2022 (und damit auf Schaden- sowie Betriebsaufwendungen in Prozent der verdienten Bruttoprämien) aus.

Combined Ratio: Wesentlich besser als 2021; aber dennoch schlecht

Die Katastrophe im Ahrtal, aber auch viele Hagel- und Sturmereignisse führten in 2021 zu einer katastrophalen durchschnittlichen Schaden-Kosten-Quote bzw. Combined Ratio (CR) von 127,57 Prozent. Die Unternehmen gaben also mehr für Schadenaufwendungen und weitere Kosten aus, als sie einnahmen. Besonders schlimm traf es jene Versicherer, die im Ahrtal besonders engagiert waren. So musste die Provinzial sogar eine Schaden-Kosten-Quote von über 200 Prozent hinnehmen (Versicherungsbote berichtete). 37 der 50 größten Wohngebäudeversicherer befanden sich 2021 in der Verlustzone.

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In 2022 sind es noch 31 Unternehmen, die eine Schaden-Kosten-Quote über 100 Prozent vorweisen müssen. Folglich ist auch der Branchenschnitt über 50 Versicherer hinweg nicht auskömmlich: er liegt 2022 bei 104,33 Prozent (und damit noch höher als im Unwetterjahr 2018, als Stürme, Starkregen und Hochwasser ebenfalls Rekordschäden verursachten). Da ist es auch nur ein schwacher Trost, dass durchschnittliche Schadenaufwendungen je Versicherer in 2022 von 192,48 Mio. Euro auf 147,21 Mio. Euro sinken – diese Schadenaufwendungen sind trotzdem noch höher als in allen Jahren vor 2021.

Prämieneinnahmen steigen durch Beitragsanpassungen

Erste Reaktionen auf aktuelle Schadengeschehnisse offenbaren die Prämien: das gebuchte Beitragsvolumen steigt von 177,02 Mio. Euro je Versicherer in 2021 auf 193,00 Mio. Euro je Versicherer in 2022 (und damit im Durchschnitt um 9,0 Prozent). Diese Zahl ist auch deswegen beachtlich, weil die Zahl der gehaltenen Verträge je Versicherer sinkt: von 375.537 Policen auf 366.902 Policen in 2022. Durchschnittlich gebuchte Prämien je Vertrag steigen 2022 von 511,83 Euro im Jahr auf 556,98 Euro im Jahr.

Demnach erklären sich die steigenden Prämieneinnahmen einzig aus Beitragsanpassungen. Für 2024 werden weitere Verteuerungen bei den Wohngebäude-Prämien erwartet (Versicherungsbote berichtete).

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Auch das versicherungstechnische Ergebnis der Branche ist im Minus

Auch das versicherungstechnische Ergebnis der Branche (vor Schwankungsrückstellung) ist im Minus: es liegt bei minus 12,74 Mio. Euro. Bei dieser Kennzahl sind es sogar 33 Unternehmen, die mit einem negativen Ergebnis im Geschäftsjahr 2022 abschließen müssen.

Durchschnittliche Betriebsaufwendungen je Versicherer übersteigen erstmals die 50 Mio. Euro- Marke

Auffallend sind auch stetig steigende Betriebsaufwendungen über die Jahre. In 2017 lagen die Betriebsaufwendungen je Versicherer noch bei 34,75 Mio. Euro; in 2020 lagen die durchschnittlichen Betriebsaufwendungen schon bei 42,20 Mio. Euro. Im Unglücksjahr 2021 kletterten Betriebsaufwendungen erneut – auf durchschnittlich 47,30 Mio. Euro je Versicherer. Nun in 2022 wird erstmals die 50 Mio. Euro- Marke überstiegen – mit Betriebskosten von durchschnittlich 50,77 Mio. Euro je Versicherer.

Die zehn schlechtesten Schaden-Kosten-Quoten

Da 31 Wohngebäudeversicherer eine Schaden-Kosten-Quote über 100 Prozent ausweisen, sollen an dieser Stelle nur die zehn schlechtesten Werte genannt werden. Folgende Unternehmen weisen in 2022 die schlechtesten CR-Werte aus:

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  • Provinzial Nord Brandkasse: 115,60 Prozent
  • Feuersozietät Berlin Brandenburg: 115,92 Prozent
  • Nürnberger Allgemeine: 117,95 Prozent
  • Ergo: 118,32 Prozent
  • Provinzial Versicherung: 119,26 Prozent
  • Adler: 119,73 Prozent
  • Mannheimer: 121,20 Prozent
  • Bayerische Allgemeine: 122,42 Prozent
  • Hamburger Feuerkasse: 127,98 Prozent
  • Gothaer Allgemeine: 140,27 Prozent
  • Ostfriesische Landschaftliche Brandkasse: 144,76 Prozent

Hintergrund: Alle Zahlen sind dem neuen Branchenmonitor Wohngebäudeversicherung 2023 der V.E.R.S. Leipzig GmbH entnommen. Der Monitor deckt die 50 größten Unternehmen und damit 95 Prozent des Wohngebäude-Markts ab und kann auf der Webseite der Leipziger Experten kostenpflichtig bestellt werden.

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