Frank Leitgeb: Die Erwartungshaltung der Menschen auf Kundenseite ändert sich. Die Menschen müssen sich angesprochen fühlen vom Angebot der Versicherer – das kann über Expertise oder auf die Zielgruppe zugeschnittene Produkte geschehen. Durch die Digitalisierung ist es für Jungmakler einfacher geworden, „groß“ zu denken und ihr Unternehmen gleichzeitig beherrschbar zu halten. War die Arbeit früher an ein Gebiet nach Postleitzahl gekoppelt, gestalten sich Workflows heutzutage einfacher und kosteneffizienter – es braucht nur wenig Personal und kein festes Backoffice mehr. Die Automatisierung von Prozessen erleichtert die Betriebsorganisation und die digitale Beratung.

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Regina Halmich: Als One-Man- oder One-Woman-Show kann man ein Business stemmen. Das kann ich als selbstständige Unternehmerin unterschreiben. Die Digitalisierung und somit Soziale Medien und andere digitale Tools helfen bei der eigenen Positionierung. Gut gestalteter „snackable“ Content kann als Verkaufstool und innovative Wissensvermittlung dienen. Community Management ist eine Möglichkeit, in die Zielgruppen hineinzuhorchen. Solche Tools steigern ohne großen Aufwand das eigene Business-Wachstum.

Auf welche Herausforderungen trifft der Nachwuchs? Wo gibt es noch Nachholbedarf in der Branche?

Frank Leitgeb: Die Versicherungsbranche hat ein Strukturproblem. Die historisch gewachsenen, hierarchischen Strukturen passen nicht zu den veränderten Bedürfnissen der jungen Menschen. Herausforderungen der Gegenwart mit Strukturen von gestern zu beantworten, gelingt nicht. Es ist jedoch schwer, Strukturen zu hinterfragen und Widerstände zu durchbrechen. Die Person mit dem größten Erfahrungslevel bestimmt bei Versicherungshäusern häufig, wo es lang geht. Doch für einen echten Wandel ist es essenziell, den Themen und Impulsen junger Leute Raum zu geben.

Regina Halmich: Junge Menschen wollen mehr als viel Geld verdienen und Karriere machen. Unabhängig von der Erfahrung und der Karrierestufe, die sie mitbringen, wollen sie sich wertgeschätzt fühlen und einen echten Impact leisten. Speziell in dieser Phase des Lebens sind Mentoren wichtig – gute Coaches, die Wege und eine berufliche Strategie aufzeigen.

Frank Leitgeb: Die Ideen und Vorstellungen der Nachwuchstalente sind der Versicherungsbranche weit voraus. Ein Grund könnte sein, dass der Kundendruck für die Digitalisierung in anderen Branchen deutlich höher ist. Deshalb prallen junge Menschen oft auf eine alte Strukturwelt und steile Hierarchien. Versicherungshäuser sollten sich die Neugier auf die Zukunft als DNA erarbeiten und keine Angst vor Veränderung haben.

Wie sieht dann der Vertrieb der Zukunft aus? Wie funktioniert das Zusammenspiel Makler – Versicherer?

Frank Leitgeb: Die Bedürfnisse von Vermittlern sind so heterogen wie nie zuvor. Denn die geschäftliche Beziehung zwischen Kunden und Vermittlern unterliegt neuen Dynamiken. Klare Antworten und schnelle Prozesse werden vorausgesetzt, denn es fehlt die Zeit für lange Abstimmungsschleifen. Wir möchten Maklerinnen und Maklern als Partner zuverlässig und flexibel zur Seite stehen: Wir nehmen ihre Bedürfnisse ernst, sind schnell und zuverlässig erreichbar, haben fachlich kompetente Antworten und können Sicherheit geben. Um unseren zukünftigen Vertrieb so aufzubauen, brauchen wir Nachwuchstalente mit viel Eigeninitiative und Innovationsdrang.

Welchen Rat würde Sie Ihrem jüngeren Ich mit auf den Weg geben?

Regina Halmich: Berufliche Erfolge fallen einem nicht in den Schoß. Wer Einsatz zeigt, wird dafür belohnt – auch wenn es Situationen im Leben gibt, die erst über Umwege ans Ziel führen. Zum Erfolg im Boxen wie im eigenen Leben braucht es mentale Stärke, Durchhaltevermögen und ein gesundes Selbstbewusstsein. Meinem jüngeren Ich würde ich deshalb sagen: Weiter so, halte durch – es lohnt sich!

Frank Leitgeb: Ich schließe mich dem an und ergänze: Mach das, was du tust, mit Herzblut und Überzeugung oder lass es sein. Sei mutig, kreativ und trau dich, für deine Ideen einzustehen. Wenn das Umfeld das nicht zulässt, ist es nicht das richtige für die eigene Entwicklung. Ziel sollte es für uns sein, nicht um den Nachwuchs kämpfen zu müssen, sondern von jungen Talenten als solch ein Umfeld mit Raum für Weiterentwicklung und Karrierechancen wahrgenommen zu werden.

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Hintergrund: Der Text erschien zuerst im neuen kostenfreien Versicherungsbote Fachmagazin 02-2023. Das Magazin kann auf der Webseite beim Versicherungsbote bestellt werden.

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