Werden Menschen im Pflegeheim untergebracht, müssen sie hierfür immer mehr Geld zahlen. Die gesetzliche Pflegeversicherung ist nur eine Art Teilkasko, sie deckt das Risiko der Pflegebedürftigkeit nicht voll ab: Und viele Bürgerinnen und Bürger wissen gar nicht, welche finanzielle Last ihnen im Fall der Pflegebedürftigkeit droht. In den sieben Jahren, die Pflegebedürftige im statistischen Schnitt im Heim verbringen, müssen sie Kosten von 210.000 Euro aus eigener Tasche zahlen, so zeigt eine Modellrechnung des Financial Planning Standards Board Deutschland (FPSB) aus dem Jahr 2019. Ein Drittel der Pflegeheim-Bewohner ist dauerhaft auf Sozialhilfe angewiesen.

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Mehrheit ist für Abschaffung des Pflege-Eigenbeitrags

Doch geht es nach den Deutschen, so soll sich das bald ändern. Rund 60 Prozent sprechen sich tendenziell dafür aus, dass die Pflegeversicherung alle Kosten der Pflege abdecken sollte. Das zeigt eine repräsentative YouGov-Umfrage, über die aktuell die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet. Fast jeder Vierte (24 Prozent) findet, dass die Pflegeversicherung „auf jeden Fall“ alle Kosten der Pflege abdecken sollte, während 36 Prozent mit „eher ja“ antworten. Nur 23 Prozent sprechen sich hingegen tendenziell dagegen aus.

Doch selbst wenn die gesetzliche Pflegeversicherung alle Pflegekosten abdecken würde, bliebe immer noch ein erheblicher Betrag übrig, den die Heimbewohner selbst stemmen müssten. Denn der Eigenanteil, den die Betroffenen zahlen müssen, gliedert sich in mehrere Teilbereiche. Nach Zahlen der Ersatzkassen müssen Heimbewohner im Bundesschnitt einen Eigenanteil von 2.411 Euro pro Monat zahlen: Das ist jener Teil, für den die gesetzliche Pflegeversicherung explizit nicht aufkommt. Auf die Pflegekosten entfallen hiervon 1.139 Euro. Der restliche Betrag verteilt sich auf die Kosten für Unterkunft, Verpflegung und notwendige Investitionen im Heim (Zahlen für Januar 2023).

Pflegereform zur Entlastung der Heimbewohner entfaltet kaum Wirkung

Zwar wurde 2022 eine Pflegereform in Kraft gesetzt, um Heimbewohner zu entlasten. Auch hier wird nur der reine Pflegeanteil bezuschusst, davon ausgenommen sind aber die Kosten für Unterkunft, Verpflegung und notwendige Investitionen. Doch die hohe Inflation frisst mögliche Entlastungen der Betroffenen auf. Selbst wer ab 36 Monaten Heimaufenthalt den höchstmöglichen Zuschuss von 70 Prozent erhält, muss im Bundesschnitt immer noch 1.671 Euro monatlich aus eigener Tasche zahlen, wie DEVK-Zahlen zeigen.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) plant derzeit eine Pflegereform, wonach die Pflegebedürftigen von höheren Zuschüssen profitieren sollen. Ab dem 1. Januar 2024 soll der Eigenanteil für die reine Pflege mit 15 Prozent bezuschusst werden statt -wie bisher- fünf Prozent, im zweiten Jahr mit 30 statt 25 Prozent, im dritten Jahr mit 50 statt 45 Prozent und ab dem vierten Jahr mit 75 statt 70 Prozent. Doch es ist zu erwarten, dass die Eigenanteile auch in diesem Jahr weiter steigen werden.

Dass der Eigenanteil zur Pflege komplett abgeschafft wird, ist hingegen unwahrscheinlich. Die Pflegeversicherung blickt in den kommenden Jahren einem Defizit entgegen, die Kassen sind leer. Aus diesem Grund werden zum 1. Juli die Pflegebeiträge bereits angehoben.

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YouGov fragte in seiner Umfrage auch danach, wie der Wegfall des Eigenanteils zur Pflege finanziert werden soll. 62 Prozent der Befragten sprachen sich für Steuermittel aus dem Bundeshaushalt aus, 15 Prozent für eine Erhöhung des Pflegebeitrages. Der Verband der Privaten Krankenversicherungen sieht das Umlageverfahren in der gesetzlichen Pflegeversicherung an seiner Belastungsgrenze, da zukünftig immer weniger sozialversicherungspflichtig Beschäftigte immer mehr Pflegebedürftige finanzieren müssen. Er plädiert dafür, das gesetzliche Pflegesystem um eine obligatorische und kapitalgedeckte Säule zu ergänzen.

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