Am Anfang steht auf jeden Fall die Risikoanalyse. Die Risikoanalyse allein schafft erstmal ein Bewusstsein für die bestehenden Risiken, entschärft aber noch kein Risiko. Aus unserer Sicht sollte im Rahmen jeder Risikoanalyse für jedes Risiko auch das Schadenpotenzial beziffert werden.

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Wenn Sie zum Beispiel als Mittelständler mit 250 Millionen Euro Umsatz sehen, dass ein Lieferant ein Schadenpotenzial von 50 Millionen Euro hat, dann ist das eine ganz andere Aussage als die reine Einstufung des Lieferanten in eine rote Risikokategorie. Sie wissen zwar nicht, wann oder mit welcher Wahrscheinlichkeit das Schadenereignis eintritt. Aber allein das Wissen um das mögliche Schadenpotenzial öffnet vielen Kunden die Augen. Die Reduzierung dieses Schadenpotenzials dauert oft Jahre. Dieser Weg in die nachhaltige Risikominimierung beginnt oft mit unseren Analysen; bei diesem Prozess stehen wir unseren Kunden mit der Expertise von HDI Risk Consulting zur Seite.

Kriegsereignisse sind in Versicherungsbedingungen traditionell ausgeschlossen. Wie gestaltet sich hier die Situation mit Blick auf den Ukraine-Krieg? Müssen Unternehmen und Versicherer sich auf lange Rechtsstreite einstellen, wenn als direkte oder indirekte Folge Lieferketten unterbrochen wurden – und drohen die Firmen, leer auszugehen?

Ich rechne hier nicht mit langen Rechtsstreitigkeiten, denn laut Versicherungsbedingungen ist die Sache klar. Ist ein Zulieferer aus der Ukraine aufgrund des Angriffs der russischen Armee lieferunfähig und unsere Kunden erleiden dadurch einen Ausfall der Belieferung und im Resultat einen BU-Schaden, dann ist das eindeutig auf das Kriegsereignis zurückzuführen. In der Praxis lässt sich die Frage, ob das auslösende Schadenereignis durch Kriegshandlungen oder einfache Betriebsrisiken zustande gekommen ist, jedoch nicht immer so leicht beantworten. Zudem gestaltet sich auch die Regulierung in der Ukraine, einem Kriegsgebiet, für Versicherer schwierig. Um hier Abhilfe zu schaffen, sind im vergangenen Jahr teilweise territoriale Ausschlüsse erweitert worden.

Mit Blick auf eigenständige Elementarschaden- und Cyberpolicen gibt es aktuell Debatten, ob es künftig überhaupt noch möglich sein wird, alle Risiken abzusichern. Stichwort: Kumulschäden. Gibt es derartige Befürchtungen auch mit Blick auf Lieferketten, die auch von solchen Ereignissen betroffen sein können?

Die Absicherung von Lieferketten über die Rückwirkungsversicherung steht generell nicht zur Debatte und wird auch Teil unseres Produktspektrums bleiben. Was aber derzeit Thema ist, ist ihre Ausgestaltung und Präzision. Wir erkennen seit Jahren einen stetigen Trend steigender Schadensummen zu schadenbedingten Lieferantenausfällen. Dies trifft sicherlich auf einige Branchen – wie zum Beispiel die Automobilindustrie oder die chemische Industrie – stärker zu als auf andere Branchen.

Aus unserer Sicht stellt sich hier jedoch nicht die Frage des „Ob“, sondern des „Wie“. Mehr Transparenz, mehr Informationen zu Lieferanten, spezifische Prämiengestaltung und eine feinere Ausgestaltung der Versicherungsstruktur zum Zulieferrisiko werden der voraussichtliche Weg sein.

Blickt man auf die Industrie- und Gewerbeversicherung, haben oft große und international aufgestellte Makler die Marktführerschaft. Wie lässt sich die Bedeutung der Makler erklären – und welche Funktion übernehmen sie für Unternehmen?

Makler erfüllen vielfältige Aufgaben – allen voran die Beratung des Kunden aus einer neutralen Position. Gerade die Industrieversicherung ist besonders für kleinere Unternehmen ein schwieriges Feld. Insofern ist der Bedarf für Makler definitiv da. Ein anderes Thema ist die Abwicklung, also die Frage: wie sollte hier der Vertrag gestaltet sein. Da steckt eine ganze Menge Formalismus und Administration dahinter, was für Kunden einen großen Aufwand bedeutet. Und oft fehlt auch die Expertise. Aber auch für Makler ist das eine große Aufgabe. Insofern erfüllen Makler eine wichtige Rolle. Und mit vielen arbeiten wir bei HDI Global seit Jahrzehnten vertrauensvoll zusammen.

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Hintergrund: Das Interview erschien zuerst im kostenlosen Versicherungsbote-Printmagazin 01/2023.

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