Ich sehe schon die Tendenz, viele kleine Anbieter zu Plattformen zusammen zu führen. Das liegt aber auch daran, dass kleinen Anbieter zusehends gezwungen sind, immer mehr Geld in die Hand zu nehmen, um attraktive technische Lösungen zu entwickeln. Das macht man heutzutage nicht mehr zu zweit in einer Garage, sondern da ist Manpower und Einsatz notwendig. Und das muss gegenfinanziert werden, dafür braucht es Kapital. Deswegen ist dieser Konzentrationsprozess aus meiner Sicht ein ganz normaler.

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Dennoch werden wir weiterhin ein breites Angebot haben. Wir werden mehrere Player am Markt haben – und diese werden tunlichst daran interessiert sein, dass Kunden nicht weggehen zum Konkurrenten. Dass wir jetzt ein alles erdrückendes Monopol bekommen, das die Makler gängelt – diese Gefahr sehe ich nicht.

Ein großes Thema für Pools im Moment ist auch Bestandsgeschäft. Das kann man natürlich auch zur Bindung der Makler nutzen. Also Blau direkt stellt zum Beispiel auch Kredite zur Verfügung für Makler, die Bestände kaufen wollen, Fonds Finanz lässt besonders gute Makler über das Loyalty-Programm den eigenen Bestand verwalten usw. usf. Ist das gerade so ein bisschen der Trend? Beobachten Sie das auch an anderen Stellen im Markt?

Sehen Sie mir bitte zunächst nach: Mein Blick ist tatsächlich nach Berlin und Brüssel gerichtet und sehr stark an regulativen Thematiken orientiert. Ich schaue mir da nicht jedes Angebot an, das auf dem Markt erfolgt. Selbstverständlich ist aber: Zum einen haben wir Makler, die sich aktiv selbst um den Bestandsnachlass kümmern und darum kümmern, wer zukünftig den Bestand betreut. Und es gibt auf der anderen Seite eben Makler, die sagen: „Ich kann meinen Job heute schon nicht mehr so machen, wie ich ihn machen möchte, aber ich kenne auch niemanden, der sich mit meinem Bestand beschäftigen möchte.“ Diese nutzen dann Pools, bekommen dann auch für eine gewisse Zeit noch eine Art „Maklerrente“ bezahlt. Und sie haben zugleich das sichere Gefühl, dass es einen neuen Betreuer für ihre Bestände gibt.

Ich sehe das wirklich positiv. Denn unbetreute Bestände sind auch etwas, das unserem Image nicht hilft – wenn der Kunde zum Beispiel in einer Situation nicht weiter weiß und keinen Ansprechpartner hat. Das ist nicht gut. Deswegen halte ich Bestandskäufe unter den Fittichen eines Pools für ein sehr gutes Instrument, damit Bestände nicht unbetreut irgendwo herum liegen, sondern es für die Kunden auch Ansprechpartner gibt.

Und auch haftungstechnisch ist eine Weiterbetreuung der Bestände natürlich wichtig – Verträge müssen angepasst, Risiken nachjustiert werden. Denn der Kunde hat vielleicht noch irgendwo in der Schublade einen Maklervertrag liegen, der garantiert: Der Makler kümmert sich. Kommt es jedoch zur Unterdeckung, kann das auch für einen ausscheidenden Makler zum Problem werden, falls er die Nachfolge nicht entsprechend regelt. Zumal der Versicherer ja aus laufenden Verträgen auch immer noch Prämien vereinnahmt.

Welche Entwicklungen und Trends sollte ein Versicherungs- und Finanzanlage-Vermittler aus Ihrer Sicht im Auge behalten… weil sie mitentscheiden könnten, wer sich auf dem Markt behauptet?

Also ich begleite ja Makler und auch größere Betriebe eher regulativ, kenne dadurch nicht jeden Digitalisierungstrend. Aber ich denke: ein Makler sollte dafür Sorge tragen, dass sein Bestand für ihn zugänglich bleibt, er rein rechtlich beweglich bleibt bei Kündigungsfristen und ähnlichem und er auch mit seinem Maklerbestand agieren und er davon leben kann. Er sollte die Bedingungen seiner Produkte gut im Blick haben und gute Vergleiche fahren und gute Angebote machen können. Und er sollte auch zum breiten Markt Zugang haben. Hierfür ist ein technisch gutes Umfeld wichtig. Aber da sehe ich beim Kurs, den auch wir haben im Verband, eine stetige Fortentwicklung. Das wird eigentlich immer mehr ein Schritt hin zu einem besseren Angebot, weil sich in den letzten Jahren quasi alle großen Pools in diesem Bereich deutlich verbessert haben und ihren Kunden – in diesem Falle den Maklern – nun ein besseres Angebot bieten.

Welchen Trend wir alle nicht verpassen dürfen auch aus innerer Überzeugung, das ist das Thema Nachhaltigkeit. Da sollte kein Makler sagen: das würde seine Kundschaft nicht interessieren, das ist den Kunden egal. Natürlich wird es immer auch Kunden geben, denen ist Nachhaltigkeit nicht wichtig oder ist nur „nice to have“. Aber auf diese Kundengruppen sollte man sich nicht verlassen, die werden schrumpfen. Und die nächsten Kundengruppen, die man sich erschließt, die werden Nachhaltigkeit als selbstverständlich betrachten – und werden auch wie selbstverständlich erwarten, dass ihnen ein Makler oder Finanzanlagenvermittler zur Nachhaltigkeit Erklärungen geben kann. Bei diesem Thema sollte man unbedingt mit dabei sein.

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Hintergrund: Das Gespräch ist Teil eines Interviews aus dem kostenfreien Versicherungsbote Fachmagazin 01/2023.

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