In Zeiten niedriger Zinsen war die betriebliche Altersvorsorge besonders unter Druck geraten: den Anbietern fiel es schwer, die Garantiezusagen für Rentnerinnen und Rentner zu erwirtschaften. Erschwert wurde dies dadurch, dass Garantien mehrheitlich mit Anleihen abgesichert werden müssen: Diese brachten kaum noch was ein oder schrieben sogar negative Renditen. Viele Vorsorgeanbieter gerieten unter Druck.

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Als Lösung präsentierte die damalige Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) das sogenannte Sozialpartnermodell, welches 2016 in ein Gesetz gegossen wurde. Kern der Reform war es, einerseits den Anbietern in der betrieblichen Altersvorsorge mehr Investments in Aktien und Fonds zu ermöglichen, um von den Chancen am Kapitalmarkt zu profitieren. Und andererseits die Arbeitgeber zu enthaften: Bisher mussten sie dafür einstehen, dass der Beschäftigte seine Rente auch ausgezahlt bekommt, wenn der Versicherer oder die Pensionskasse in die Insolvenz rutschten. Die Arbeitgeberhaftung schreckte vor allem kleinere und mittlere Unternehmen ab, eine betriebliche Vorsorge anzubieten. Nun müssen die Arbeitgeber nur noch für die Höhe der zugesagten Beitrags-Zahlungen bürgen, aber nicht mehr für die Höhe der Betriebsrente.

Erstes Sozialpartnermodell nach vier Jahren

Voraussetzung für das Angebot des Sozialpartner-Modells ist es, dass sich die Tarifpartner -Arbeitgeber und Gewerkschaften- auf eine Altersvorsorge einigen. Und sich darüber hinaus ein Versicherer bzw. ein Zusammenschluss mehrerer Anbieter findet, um das Produkt auch umzusetzen. Doch das schien bisher wenig praktikabel. Bereits seit 2018 darf eine entsprechende Altersvorsorge laut Gesetz angeboten werden - bisher war keine solche auf dem Markt erhältlich. Vor allem die Gewerkschaften hätten Bedenken gehabt, weil die Höhe der Betriebsrente eben nicht mehr garantiert ist, sondern davon abhängt, wie sich die Kapitalmärkte entwickeln - und auch vom Investment-Geschick des jeweiligen Anbieters.

Doch nun, nach vier Jahren, wird es doch ein erstes Angebot für die „Nahles-Rente“ geben. Wie die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di berichtet, haben sich mehrere Arbeitgeber der Energie- und Wasserwirtschaft mit den Gewerkschaftern auf einen entsprechenden Tarifvertrag geeinigt. Produktgeber ist das Bankhaus Metzler - genauer gesagt die Metzler Sozialpartner Pensionsfonds AG (MSPF). Der Tarifvertrag soll am 01.01.2023 in Kraft treten. Genehmigt wurde der entsprechende Pensionsplan Metzler rBZ 1 bereits von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin).

Mit dabei ist neben ver.di die Industriegewerkschaft IGBCE, das Energieunternehmen Uniper SE, der Arbeitgeberverband energie- und wasserwirtschaftlicher Unternehmungen e.V. (AVEW) und die Arbeitgebervereinigung Bayerischer Energieversorgungsunternehmen e.V. (AGV Bayern). Sobald ein entsprechender Vertrag vorliegt, können sich andere Firmen der Branche anschließen: auch, wenn sie nicht tariflich organisiert sind.

Im Pressetext hierzu heißt es: "Die reine Beitragszusage verpflichtet den Arbeitgeber zur Zahlung der Beiträge für die Betriebsrente der Mitarbeitenden an einen externen Versorgungsträger bspw. einen Pensionsfonds. Der Arbeitgeber darf nicht für eine Leistung in bestimmter Höhe einstehen. Eine Beteiligung der Mitarbeitenden am Kapitalanlageerfolg und damit eine höhere Versorgung in der Rente wird durch den Verzicht auf Garantien möglich. Die eingezahlten Beiträge werden durch den Pensionsfonds in ein breit diversifiziertes Portfolio investiert und somit die Chance auf höhere Renditen erreicht".

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Zwei Prozent des Bruttogehalts eingezahlt

Die Einigung bei Uniper sieht vor, dass der Arbeitgeber zwei Prozent des Bruttojahresentgelts eines Beschäftigten als Grundbeitrag in den Pensionsfonds einzahlt. Zahlt der Beschäftigte selbst ein, steuert das Unternehmen zusätzlich ein Drittel des Grundbetrages bei. Beschäftigte, die bereits eine betriebliche Altersvorsorge haben, sollen wählen können, ob sie weiterhin nach dem alten Modell vorsorgen - oder das neue Modell bevorzugen.

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