In Deutschland hat sich die Sterbewahrscheinlichkeit ungünstiger entwickelt als in anderen Industriestaaten. Das geht aus einer Studie der Londoner Bayes Business School hervor, über die aktuell die Tageszeitung WELT berichtet. Die Sterbewahrscheinlichkeit gibt auf einer Skala von 0 bis 1 an, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, in einem bestimmten Lebensjahr zu versterben.

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Konkret haben die Forscher die Daten von 21 OECD-Staaten ausgewertet und hierbei Sterberaten von Menschen im Alter von 50 bis 95 Jahren angeschaut. Je höher das Alter der Menschen, desto höher erwartungsgemäß auch die Sterbewahrscheinlichkeit. Dabei wurden die Muster aus einem Zeitraum von 50 Jahren (1960 bis 2010) aktuelleren Werten aus den Jahren 2011 bis 2017 gegenüber gestellt. Entsprechend spielen mögliche Effekte der Corona-Pandemie noch keine Rolle.

Sterberisiko sank in untersuchten Altersgruppen, aber...

Zwar hat sich auch die Sterbewahrscheinlichkeit in Deutschland positiv entwickelt: allerdings ist in den letzten untersuchten Jahren ein regelrechter Einbruch zu beobachten. Bei den Frauen sank sie in den untersuchten Altersgruppen von durchschnittlich 2,4 Prozent im Jahr in den Jahren 1991 bis 2000 auf einen Prozent im Zeitraum von 2011 bis 2017. Bei den Männern verschlechterte sich die Besserungsrate von 2,2 Prozent auf 1,23 Prozent. Damit schnitt Deutschland von allen untersuchten Ländern mit am schlechtesten ab. Lediglich Taiwan und Griechenland zeigten geschlechterübergreifend noch ungünstigere Zahlen.

Die Gründe, weshalb Deutschland anderen Ländern hinterher hinkt, können vielfältig sein, berichtet „WELT“. Grundsätzlich sind der Lebenserwartung biologische Grenzen gesetzt. Aber hierzulande würden sich auch Volkskrankheiten wie Diabetes und Adipositas negativ auf das Sterberisiko auswirken. Auch ist in Deutschland die Zahl der Raucher -anteilig zur Bevölkerung- höher als zum Beispiel in Ländern wie Dänemark oder Norwegen, die in der Studie weit besser abschneiden. Ein weiterer möglicher Grund seien laut den Studienautoren sozialer Natur: in vielen Staaten hätten sozial schwächere Gruppen ein höheres Sterberisiko.

Die "WELT" zitiert hierzu Pavel Grigoriev, Leiter der Forschungsgruppe Mortalität am Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB). Der Forscher beobachtet eine „seit Langem bestehende Gesundheitskluft zwischen erfolgreicheren Ländern und Deutschland“. Der Nachteil sei unter anderem der Altersgruppe kurz vor dem Rentenalter (55-64) geschuldet, wo Herz-Kreislauf-Erkrankungen derart oft zum Tode führen, dass sie einen Hauptfaktor für den Unterschied zwischen Deutschland und anderen Nationen darstellen. Das lasse sich statistisch eindeutig ablesen.

Auch Lebenserwartung stagnierte zuletzt

Darüber hinaus lässt sich zeigen, dass auch die Lebenserwartung in Deutschland zuletzt stagniert ist und kaum anstieg. Nach den Ergebnissen der Sterbetafel 2018/2020 betrug die durchschnittliche Lebenserwartung für neugeborene Mädchen 83,4 Jahre und für neugeborene Jungen 78,6 Jahre, wie aus Daten des Statistischen Bundesamtes hervorgeht. Im Vergleich zur vorangegangen Sterbetafel 2017/2019 hat sie sich nur sehr geringfügig verändert: bei Jungen um +0,01 Jahre, bei Mädchen um +0,04 Jahre.

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Auch für ältere Menschen sind die Werte für die Lebenserwartung nahezu unverändert geblieben. Nach der Sterbetafel 2018/2020 beläuft sich die noch verbleibende Lebenserwartung – die sogenannte fernere Lebenserwartung – von 65-jährigen Männern wie bereits 2017/2019 auf 17,9 Jahre. Für 65-jährige Frauen ergibt sich nach wie vor eine fernere Lebenserwartung von 21,1 Jahren. Allerdings ist bei diesen Zahlen das erste Jahr der Corona-Pandemie bereits eingerechnet. So sei die Lebenserwartung in Sachsen sogar gesunken, was die Statistiker auf die hohe Zahl von tödlichen Corona-Erkrankungen zurückführen.

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