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Man könnte die Abschlusskostenquote eine polemische Kennzahl nennen: Hohe (und damit schlechte) Quoten werden schließlich häufig mit Provisionsexzessen, überteuerten Produkten und mit Fehlberatung in Verbindung gebracht – und bescheren Versicherern und Vermittlern oft einen schlechten Ruf. Dass es ganz so einfach aber nicht ist, zeigt beispielhaft die PKV-Sparte, für die es einen gesetzlich vorgeschriebenen Provisionsdeckel gemäß Paragraf 50 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) gibt: Abschlussprovisionen oder sonstigen Vergütungen dürfen in der Vollversicherung demnach maximal 3 Prozent der Bruttobeitragssumme des Neuzugangs betragen.

Krankheitskostenvollversicherung: Der mühsame Absatz

Wenn nun aber stark divergierende Quoten nicht durch Provisionen verschuldet sind, wie erklären sie sich dann? Fakt ist, dass insbesondere in der Krankheitskostenvollversicherung ein hoher Aufwand betrieben werden muss, um überhaupt neue Kunden zu gewinnen. Die Branche verlor zwischen 2017 und 2021 insgesamt 36.624 Krankheitskostenvollversicherungen, zwischen 2011 und 2021 sogar 260.000 Krankheitskostenvollversicherungen. Die Branche tritt bei Neukunden in der Krankheitskostenvollversicherung seit einer Dekade auf der Stelle.

Zwischen 2020 und 2021 reduzierte sich der Bestand ebenfalls – um 7.124 Vollversicherungen. Experten wie Professor Matthias Beenken von der Fachhochschule Dortmund vertreten sogar die These: Nennenswerter Wachstum ließe sich in der privaten Krankenversicherung nur noch erzielen, indem man der Konkurrenz Bestandskunden wegnimmt (Versicherungsbote berichtete). Folglich könnte man die These aufstellen: Nicht nur fürs Gewinnen neuer PKV-Kunden ist viel Vertriebs- und Werbeaufwand nötig, sondern auch für den Umdeckungskampf.

Kleinere Anbieter mit Schwerpunkt auf Zusatzversicherungen haben höhere Quoten

Zudem darf man nicht vergessen, dass insbesondere im Geschäft mit Zusatzversicherungen andere Vertriebsbedingungen herrschen. Die Abschlusskostenquote wird bezogen auf die Beitragseinnahmen ermittelt. So werden Anbieter mit großem Beitragsvolumen tendenziell eher bevorteilt, wohingegen kleine Anbieter mit einem hohen Portfolio an Zusatzversicherungen im Angebot eher benachteiligt werden. Aus diesem Grund hat auch die Ergo die schlechteste Quote: sie konzentriert sich ausschließlich auf das Geschäft mit Zusatzversicherungen.

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Abschlussaufwendungen nicht nur unter Kostenaspekten sehen.

Abschlussaufwendungen sollten also nicht nur unter Kostenaspekten betrachtet werden, wie auch Reinhard Klages als Autor des MAP-Report anmerkt – eine Investition in neue Kunden stellt immerhin auch eine Investition in die Zukunft des Unternehmens dar. Tatsächlich gehören einige Versicherer mit „schlechten“ Abschlusskostenquoten zu den Gewinnern im Bestand mit Vollversicherungen: Allen voran die Arag. Diese muss zwar die zweitschlechteste Abschlusskostenquote der Branche in 2021 hinnehmen, ist aber Wachstumssieger bei Vollversicherungen (plus 18,61 Prozent: von 52.344 Vollversicherungen auf 62.083 Vollversicherungen). Auch die Concordia (plus 11,05 Prozent im Bestand) hat zwar eine schlechte Abschlusskostenquote, aber ein hohes Bestandswachstum bei Vollversicherungen (von 15.491 auf 17.203). Solche Zusammenhänge sollten beachtet werden, wenn im Folgenden „gute“ und „schlechte“Abschlusskostenquoten gegenübergestellt werden.

Die "besten" und "schlechtesten" Abschlusskostenquoten

Schaut man auf die Branche, wurden 2021 für Vertragsabschlüsse Aufwendungen in Höhe von 2,86 Mrd. Euro verbucht – das sind rund 170 Mio. Euro mehr als 2020. Auch die durchschnittliche Quote des Marktes stieg leicht: Von 6,30 Prozent auf 6,34 Prozent. In diesem Kontext weist Reinhard Klages für den MAP-Report darauf hin, dass wachstumsschwache Phasen eigentlich zu sinkenden Abschlusskosten führen müssten, was aber seit Jahren in der privaten Krankenversicherung nicht der Fall sei. Eine versuchte Erklärung des Experten: Scheinbar werde das sinkende Neugeschäft mit steigenden Kosten eingekauft.

Versicherer mit den besten Abschlusskostenquoten

Angegeben sind Abschlussaufwendungen in Prozent der verdienten Bruttobeiträge.

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  1. Landeskrankenhilfe: 0,94
  2. FAMK: 1,65
  3. Vigo: 2,80
  4. Huk-Coburg: 2,85
  5. Debeka: 3,70
  6. VRK: 4,28
  7. Alte Oldenburger: 4,47
  8. DKV: 5,10
  9. SDK: 5,25
  10. Gothaer: 5,39

Versicherer mit den höchsten Abschlusskostenquoten

Angegeben sind Abschlussaufwendungen in Prozent der verdienten Bruttobeiträge.

  • Hallesche: 8,19
  • UKV: 8,76
  • R+V: 9,86
  • Mecklenburgische: 9,99
  • Barmenia: 10,42
  • Concordia: 11,76
  • HanseMerkur: 12,93
  • Arag: 17,78
  • Ergo: 19,68

Der Geschäftsbericht der Ottonova lag noch nicht vor; allerdings lagen hier die Abschlusskosten in 2020 bei hohen 47,09 Prozent.

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Hintergrund: Alle Zahlen sind dem aktuellen MAP-Report mit der Nummer 925 entnommen – dem aktuellen Bilanzrating der PKV-Versicherer für den Zeitraum 2017 bis 2021. Der Report kann – ebenso wie weitere Ausgaben des Traditionsratings – kostenpflichtig auf der Webseite des Analysehauses erworben werden.

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