Am 14. Juli 2021 melden Wetterdienste extreme Starkregenfälle für weite Gebiete im Westen Deutschlands. Zu diesem Zeitpunkt ahnt niemand, welches Ausmaß der Zerstörung die Flutkatastrophe hinterlassen wird: Über 180 Menschen verlieren ihr Leben, unzählige Gebäude werden beschädigt und sind unbewohnbar, Brücken werden zerstört, Straßen und Gleise unterspült, Fahrzeuge weggeschwemmt.

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Noch nie zahlten Versicherer mehr Geld für die Folgen von Naturkatastrophen in Deutschland als vergangenes Jahr - acht Milliarden Euro allein für die Flut im Ahrtal. Doch der volkswirtschaftliche Schaden solcher verheerender Ereignisse ist wesentlich höher. Insgesamt werden die Schäden auf über 30 Milliarden Euro beziffert.

„Diese Katastrophe war auch für uns unglaublich bedrückend. Wir gehen im Alltag nicht mit einer so hohen Zahl an Todesopfern und Katastrophen dieser Größenordnung um“, so Jochen Haug, Chef der Schadenabwicklung der Allianz. Gegenüber der Deutschen Presseagentur verwies der Manager auf über 23.000 Schadenmeldungen in kurzer Zeit. Davon sei ein Großteil bearbeitet: „Bei der Schadenregulierung haben wir die Kfz- und Hausratschäden nahezu komplett abgeschlossen“, sagte Haug. „Bei den Gebäudeschäden sind knapp 20 Prozent noch nicht vollständig reguliert.“ Haug nennt drei wesentliche Ursachen dafür:

  • Die Instandsetzung öffentlicher Infrastruktur (Strom- und Wasseranschlüsse) dauert.
  • Die Wiederherstellung weggespülter Gebäuden ist schwierig.
  • In einigen Fällen ist unklar, ob der Wiederaufbau des Gebäudes an gleicher Stelle stattfinden kann.

Eine weitere Schwierigkeit bei der Schadenregulierung: „Selbst wenn völlig klar ist, dass der Versicherer für den Schaden einsteht, dauert es, bis Sie einen Handwerker bekommen“, weiß auch Haug. Nach derartigen starken Zerstörungen könne es mehrere Jahre dauern, bis alles wieder vollständig hergestellt ist, so der Manager.

Allianz erwartet weitere Flutkatastrophen

Der Versicherer habe aus den Erfahrungen nach dem Unwetter-Tief ‚Bernd‘ gelernt und sein Krisen-Konzept angepasst: „So beschaffen wir Trocknungsgeräte und Notstromaggregate bei Bedarf selbst, weil diese dann sehr rasch am Markt nicht mehr verfügbar sind.“ Nach eigenen Angaben beschaffte die Allianz unter anderem 2000 Trocknungsgeräte und 100 Notstromaggregate.

Allianz erwartet weitere Flutkatastrophen

Nach Einschätzung der Allianz werden sich vergleichbare Flutereignisse häufen: „Wir werden zu unseren Lebzeiten noch das eine oder andere Ereignis dieser Art in Deutschland sehen“, so Haug. „Hoffentlich nicht ganz so schlimm wie im Ahrtal, aber solche extremen Wetterereignisse werden statistisch häufiger.“ Es sei vermehrt festzustellen, dass Gewitterzellen nicht mehr wandern bzw. sich nur sehr langsam fortbewegen. „Wenn ein starkes Gewitter stehen bleibt, führt das zu einer dramatischen Niederschlagsmenge in einem kleinen Gebiet“, erklärt Haug. Seiner Auffassung nach sollten die Warnketten für Bürger deutlich verbessert werden. Zu einer solchen Einschätzung kam jüngst auch ein Gutachten, das von der Zurich in Auftrag gegeben wurde (Versicherungsbote berichtete).

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Kritik am schleppenden Wiederaufbau in den besonders heftig betroffenen Gebieten übten am Wochenende bis zu 200 Betroffene in Mainz. Die Kritik richtete sich auch gegen den Beschluss, Fluthilfe-Zentren im Ahrtal bis Ende Juli zu schließen. Der Landtagsabgeordnete Horst Gies (CDU) forderte u.a. eine schnellere Auszahlung der Fördergelder für den Wiederaufbau. Bislang seien erst 20 Prozent der Gesamtsumme an Betroffene ausgezahlt wurden. Zudem müsse die Investitions- und Strukturbank (ISB) personell aufgestockt werden, um die Anträge der Betroffenen schneller bearbeiten zu können.

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