Es ist ein trauriger Rekord: Nie zuvor haben Naturgefahren in Deutschland den Versicherern so hohe Kosten verursacht wie in den vergangenen zwölf Monaten. „Mit versicherten Schäden an Häusern, Hausrat, Betrieben und Kraftfahrzeugen von rund 12,5 Milliarden Euro ist 2021 das teuerste Naturgefahrenjahr seit Beginn der Statistik Anfang der 1970er-Jahre“, sagt Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).

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Von den 12,5 Milliarden Euro entfallen rund neun Milliarden auf Schäden an Wohngebäuden, Hausrat und Betrieben, die durch Überschwemmung und Starkregen verursacht wurden, so berichtet der GDV. Zwei Milliarden Euro seien durch Sturm- und Hagelschäden entstanden, die Kfz-Versicherer mussten weitere 1,5 Milliarden Euro für Naturgefahren erstatten.

Allein Juli-Flut kostet voraussichtlich 8,2 Milliarden Euro

Das schadenträchtigste Ereignis war -wie zu erwarten- die verheerende Sturzflut Mitte Juli 2021. Vom 13. bis 18. Juli hatte die Unwetterfront „Bernd“ mit Starkregen vor allem in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, aber auch in Bayern und Sachsen schwere Schäden angerichtet. Es war die schwerste Überschwemmung seit der Sturmflut 1962, die unter anderem Hamburg heimsuchte. 184 Menschen fanden allein in Deutschland den Tod, ganze Ortschaften wurden komplett zerstört, Häuser und Autos hinweggerissen.

Traurige Berühmtheit erlangte das Ahrtal, wo sich ein Nebenfluss des Rheins zwischen Blankenheim und Ahrweiler erstreckt: und sich der Niederschlag des Starkregens sowie das Wasser des Flusses Ahr schnell im Talbecken ansammeln konnte. Allein in dieser Region waren 134 Tote zu beklagen.

Schon diese Unwetter brachen auch alle Rekorde in Sachen Schadenkosten. „Mit 8,2 Milliarden Euro verursachte die Sturzflut im Sommer die höchsten Versicherungsschäden“, so Asmussen. Davon entfallen etwa 7,7 Milliarden Euro auf Wohngebäude, Hausrat und Betriebe und rund 450 Millionen Euro auf Schäden an Kraftfahrzeugen.

An die Kundinnen und Kunden seien bisher rund drei Milliarden Euro ausgezahlt worden, berichtet Asmussen. Bereits in einem früheren Statement hatte er erklärt, warum bisher nur etwas mehr als ein Drittel an Geldern ausgeschüttet worden sei. “Die Versicherer zahlen nicht pauschal eine Summe aus, sie bezahlen ganz konkret den Wiederaufbau eines Gebäudes“. Das geschehe so zügig wie möglich. „Aber bis alle stark geschädigten Gebäude wieder aufgebaut sind, dauert es noch. Und erst dann sind alle Mittel geflossen”, sagte der 55jährige Verbandschef.


Schadenträchtigstes Jahr

Die hohen Kosten der Juli-Katastrophe tragen dazu bei, dass 2021 alle bisherigen Jahre an Schadenkosten toppt. Rang zwei der teuersten Schadenjahre ist schon ein wenig in Vergessenheit geraten. 1990 suchten starke Orkane Europa heim und fegten mit Geschwindigkeiten von 150 Stundenkilometern und mehr über Deutschland hinweg. Auf dem Brocken im Harz wurde sogar eine Spitzengeschwindigkeit von 230 km/h gemessen. Orkan Wiebke war Ende Februar 1990 der schwerste Sturm und kostete in Deutschland 35 Todesopfer. Doch auch im Spätwinter wüteten mehrere Stürme über Deutschland: binnen eines Jahres insgesamt acht Stück. Die Bilanz 1990: umgerechnet 11,5 Milliarden Euro Schaden für die deutschen Versicherer.

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Drittteuerstes Schadenjahr: 2002. Damals wurden im August vor allem Regionen an der Elbe und Donau von Hochwasser heimgesucht, der Schaden bezifferte sich auf 11,3 Milliarden Euro. Das Bundesland Sachsen war in Deutschland ein Hochwasser-Schwerpunkt: unter anderem wurde die Innenstadt von Dresden überflutet, wobei historische Gebäude wie die Semperoper und der Zwinger stark beschädigt wurden. Im historischen Gedächtnis geblieben sind die Bilder, wie Bundeskanzler Gerhard Schröder in Gummistiefeln die stark geschädigte Stadt Grimma besucht und bei Aufräumarbeiten hilft. Das soll ihm die Wiederwahl als Bundeskanzler gesichert haben: mit sehr knappem Ergebnis.

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