Der Altersdurchschnitt der Versicherungsvermittler steigt und der demografische Wandel hält auch nicht vor den Assekuranzen inne. Da es für die Versicherungsbranche nicht ungewöhnlich ist, weit in die Zukunft zu denken, war der Mangel an Nachwuchskräften schon vor Jahren Thema der sogenannten Elefanten-Runde auf der DKM 2018.

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Einigkeit bestand darüber, dass sich die Branche ändern müsse, um junge Menschen für sich zu begeistern. Alexander Vollert (Axa) fasste es damals so zusammen: flachere Hierarchien in den Unternehmen, mehr Teamwork, Leidenschaft für das eigene Thema, Schnelligkeit und Flexibilität sowie eine Risiko- und Fehlerstruktur, die auch das Ausprobieren und Experimentieren erlaube.

Auf ‚Ausprobieren und Experimentieren‘ setzte auch der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) als er 2020 die Kampagne ‚Get real. Werde Insurancer‘ startete. Doch gemessen an der Größe des Instagram-Accounts der Kampagne ist der Erfolg sehr überschaubar: Gab es im Mai 2021 noch 2.164 Follower sind es heute drei weniger.

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Doch dieses Nachwuchsproblem müsste gar nicht bestehen, denn in den Augen vieler möglicher Bewerber ist die Versicherungsbranche durchaus ein attraktiver Arbeitgeber. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie ‚Talents for Insurance 2022‘ der Organomics GmbH. Der Erhebung zufolge kann sich fast jeder dritte (32%) aller Schüler, Studenten und jüngeren Berufstätigen gut vorstellen, zukünftig für einen Versicherer zu arbeiten. Lediglich 14 Prozent schließen dies kategorisch aus.

Diese Faktoren machen Versicherer attraktiv als Arbeitgeber

Die Studie ermittelte auch, welche Faktoren aus Bewerbersicht die Versicherungsbranche zu einem attraktiven Arbeitgeber macht. Die Auswertung der Erhebung differenziert zwischen ‚ausgesprochen attraktiv‘ und ‚sehr attraktiv‘. In der folgenden Übersicht sind die Prozentwerte für beide Möglichkeiten zusammengefasst:

  1. Möglichkeit zum Homeoffice: 55 Prozent
  2. Gehalt + andere materielle Benefits: 55 Prozent
  3. Arbeitsplatzsicherheit: 54 Prozent
  4. Work-Life-Balance: 49 Prozent
  5. Standort des Arbeitsplatzes: 48 Prozent
  6. Karriereperspektiven: 46 Prozent
  7. Arbeitsinhalte und Aufgaben: 39 Prozent
  8. Unternehmens- und Führungskultur: 36 Prozent
  9. Gesellschaftlich geachtete Branche: 34 Prozent
  10. Unternehmensimage: 33 Prozent
  11. Internationalität: 33 Prozent

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Aber auch Schwächen der Versicherer werden deutlich. So heißt es in der Studien-Auswertung: „Gerade bei den für die Bewerber ebenfalls wichtigen emotionalen und beziehungsrelevanten Stärken können die Versicherer immer noch nicht ausreichend punkten. Weder Ehrlichkeit (37%; Vergleichswert 2019: 33%) noch Wertschätzung (40%; 2019: 34%) erreichen bei der Einschätzung der Attraktivität der Branche als Arbeitgeber hohe Werte. Ähnliches gilt auch in puncto spannende Aufgabenfelder. Positiv zu verzeichnen ist hier – im Vergleich zu 2019 – immerhin ein positiver Entwicklungstrend.“

Dr. Thomas Bittner, Geschäftsführer der Organomics GmbH in Köln, leitet aus diesen Ergebnissen ab, dass neue Talente für die Versicherungsbrnache stärker auf der inhaltlichen und emotionalen Ebene zu erreichen sind. „Dabei geht es nicht um Gefühlsduselei, sondern darum, den potenziellen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein ansprechendes, wertegeleitetes und stabiles Beziehungsangebot zu machen.“

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In anderen Worten formulierte es Hans Steup, Betreiber der VersicherungsKarrieren, 2018 gegenüber Versicherungsbote. Auf die Frage, warum er meint, dass Arbeitgeber auch Verführer sein müssten, antwortete er: „Verführung läuft in drei Stufen: Kennen lernen, lieben lernen, haben wollen. In genau dieser Reihenfolge. Viele Arbeitgeber sind schlechte Verführer und benehmen sich wie ein Mann, der auf der Straße wildfremde Frauen fragt, ob sie ihn heiraten wollen. Kandidaten wollen wissen: Wie ist das Unternehmen so? Passt es zu mir? Wie hilft es mir, meinen Job gut zu machen? Zeigen Sie das potentiellen Kandidaten.“

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