Das Fachportal hat die kürzlich veröffentlichten Solvenz-Berichte (SFCR) der Versicherungs-Start-ups für 2021 ausgewertet und die Zahlen in einer Grafik bereitgestellt. Wefox, der aktuelle Star auf dem deutschen Markt, konnte demnach mit dem hauseigenen Versicherer Prämien von 45,56 Millionen Euro brutto einnehmen. Dem steht ein negatives versicherungstechnisches Ergebnis von 5,52 Millionen Euro netto gegenüber. Neben Kfz-Tarifen bietet wefox seit seinem Markstart Anfang 2018 auch Privathaftpflicht- und Hausratversicherungen an.

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Zu beachten ist aber, dass das Versicherungsgeschäft nur ein Teil des Wefox-Geschäftsmodells ist. Unter anderem ist die Gruppe auch als Versicherungsmakler aktiv und vertreibt Versicherungen anderer Anbieter. Aber auch als IT-Dienstleister für Versicherer und Vermittler haben sich die Berliner bereits positioniert: unter anderem mit Beratungstools und -Plattformen. Dass der Anbieter mehrgleisig fährt, hat auch Kapitalgeber überzeugt. 2021 konnte Wefox in einer Finanzierungsrunde 650 Millionen US-Dollar einsammeln. Mit drei Milliarden Dollar (2,74 Milliarden Euro) wurde das Unternehmen bewertet. Der Umsatz belief sich 2021 auf rund 310 Millionen Euro.

Auch Ottonova noch in den roten Zahlen

Ebenfalls noch immer in den roten Zahlen steckt Ottonova, mit großen Ambitionen 2017 als erster rein digitaler Krankenversicherer Deutschlands gestartet. Prämieneinnahmen von 14,6 Millionen Euro steht ein versicherungstechnischer Verlust von 2,08 Millionen Euro gegenüber. Auch hier ist ein Aufwärtstrend zu erkennen, denn im Vorjahr stand ein Fehlbetrag von rund 3,72 Millionen Euro in den Geschäftsbüchern. Gegenüber anderen Krankenversicherern hat Ottonova aber einen Trumpf in der Hand. Weil man schwerpunktmäßig Digital Natives als Zielgruppe anspricht, ist das Versichertenkollektiv mit im Schnitt 28 Jahren vergleichsweise jung: Das verspricht deutlich niedrigere Krankheitskosten. Als „reiner“ Direktversicherer sind die Münchener nicht mehr aktiv, vermehrt kooperiert man mit Vermittlern und Vergleichsportalen.

Überraschend ist, dass ein weiterer Star der Branche ebenfalls ein negatives versicherungstechnisches Ergebnis erzielt. Die Deutsche Familienversicherung setzt konsequent auf Direktvertrieb, auch wenn man sich im schwierigen PKV-Geschäft auf Krankenzusatz- und Krankentagegeld-Policen spezialisiert hat. Seit 2018 sind die Frankfurter an der Börse notiert. Auch sie konnten den gebuchten Bruttobeitrag nach vorläufigen Zahlen 2021 ordentlich hochschrauben: von 114,7 Millionen auf 155,2 Millionen Euro. Das operative Ergebnis vor Steuern belief sich aber auf -0,8 Millionen Euro. Das ist ein deutlich besserer Wert, da man im Vorjahr noch -10,6 Millionen Euro ausweisen musste. Ab dem kommenden Jahr will der Versicherer ein positives Ergebnis erzielen. Neu ist, dass der Versicherer in das Rückversicherungs-Geschäft eingestiegen ist: und künftig auch Leben-Policen anbieten will. Die DFV ist streng genommen kein Start-up, sondern bereits seit 2007 auf dem Markt aktiv. Sie verfolgt aber ein ähnliches Geschäftsmodell.

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Nexible: hohe Schadenskosten in der Kraftfahrt-Sparte

Nexible, 2017 gegründet, zählt ebenfalls zu den Start-ups: und hatte ordentlich Starthilfe, da es sich um eine Ausgründung der Ergo handelt. Das Geschäftsmodell: Kfz-Versicherungen im Direktvertrieb, monatlich kündbar, bevorzugt an eine junge Zielgruppe gerichtet. Der Versicherer hat seine Angebotspalette mittlerweile um Fahrrad-, Reise- und Krankenzusatzversicherungen erweitert. Netto fuhr der Versicherer 2021 ein negatives versicherungstechnisches Ergebnis von -443.000 Euro ein, wobei zu bedenken ist, dass die Nürnberger auch die Altbestände der früheren Neckermann Versicherung AG mit verwalten. Die gebuchten Brutto-Prämien bezifferten sich auf 36,73 Millionen Euro. Mit sehr hohen Kosten hat Nexible gerade in der Kraftfahrzeughaftpflicht- und Kraftfahrt-Versicherung zu kämpfen, wobei der Versicherer auch Rückstellungen für drohende Verluste bildete. Doch gerade junge Autofahrer -die Hauptzielgruppe- haben laut Statistischem Bundesamt das mit Abstand höchste Unfallrisiko im Straßenverkehr: die häufigste Ursache für Unfälle ist eine nicht angepasste Geschwindigkeit und Fahrfehler aufgrund fehlender Erfahrung.

Neodigital und Element mit enorm hohen Kosten

Ebenfalls ernüchternd sieht die Jahresbilanz von Neodigital aus: zumindest mit Blick auf das versicherungstechnische Ergebnis. Zwar konnte der Versicherer den gebuchten Bruttobeitrag 2021 von 5,633 Millionen Euro auf 13,885 Millionen mehr als verdoppeln. Aber das versicherungstechnische Ergebnis für eigene Rechnung schloss mit einem Verlust von 9,057 Millionen Euro ab. Der hohe Verlust sei unter anderem mit der Einführung eines neuen Produktes begründet, schreibt Neodigital im SFCR-Bericht: zum Januar 2021 sei erfolgreich die Wohngebäudeversicherung eingeführt worden, „deren Bruttoaufwendungen in einem Schadenfalle gewöhnlich zu deutlich höheren Aufwendungen führt“. Im Vorjahr hatte der Verlust noch 3,47 Millionen Euro betragen. Neodigital ist darüber hinaus mit Privathaftpflicht-, Unfall-, Hausrat- und anderen Sachversicherungen aktiv.

Ein negatives versicherungstechnisches Ergebnis weist auch der White-Label-Anbieter Element aus: gebuchten Bruttoprämien von 10,44 Millionen Euro steht ein versicherungstechnischer Verlust von 9,634 Millionen Euro gegenüber. "Die erneut hohen Kosten im Jahr 2021 erklären sich durch die spezielle Situation, dass sich ELEMENT in der Wachstumsphase befindet und die Investitionen in interne Prozesse (IT-Plattform, Bestandsführungs- und Schadenregulierungssystem, usw.) im Jahr 2021 erneut zu einem Kostenaufwand führten, der noch nicht durch ein entsprechendes Prämieneinkommen gedeckt wird", schreibt der Konzern im SFCR-Bericht.

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Hohe Kosten, vergleichsweise geringe Prämien-Einnahmen

Versicherungs-Start-ups haben nicht nur das Problem, dass sie gerade zu Beginn enorm viel Geld in Werbung pumpen müssen, um ihre neue Marke bekannt zu machen: etablierte Versicherer genießen hier einen Vertrauensvorsprung. Zudem sehen sie sich mit einem deutschen Markt konfrontiert, bei dem die Versicherungskunden bei Vertragsabschluss und Schadenbearbeitung einen persönlichen Ansprechpartner wünschen. Das schränkt die Zielgruppe -noch- auf einen digital affinen Personenkreis ein. Viele Anbieter haben deshalb den Ansatz aufgegeben, Versicherungen rein online zu vertreiben, und kooperieren mit Vertrieben und Versicherungsmaklern.

Neben hohen Schadenskosten verschlingt auch das Bilden aufsichtsrechtlich geforderter Rückstellungen viel Geld. Zudem muss überhaupt erst die nötige Infrastruktur (IT, Schadenregulierung-Netzwerke etc.) aufgebaut werden, was ebenfalls zu hohen Kosten führt. Als erfolgreich entpuppen sich aktuell jene Anbieter, die mehrgleisig fahren, etwa auch IT-Services für Versicherer sowie White-Label-Lösungen anbieten.

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