Die Allianz ist mehr als nur ein Versicherungskonzern: Mehrere Innovations-Labore betreiben die Münchener unter anderem, in denen zum Beispiel an Blockchain-Technologie, Künstlicher Intelligenz oder an vernetztem Fahren geforscht wird. Dabei kann sie durchaus Erfolge vorzeigen. Mit der Initiative B3i ist es dem Versicherer erst kürzlich gelungen, eine Rückversicherung auf Blockchain-Basis zu platzieren, die langes Antrags-Prozedere und die aufwendige Prüfung von Schäden beinahe überflüssig macht.

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Doch dass dem blauen Riesen nicht alles gelingt, zeigt nun ein anderes Projekt. Viel Geld und Ressourcen hat die Allianz dafür verwendet, ihr hauseigenes Allianz Betriebssystem (ABS) zu entwickeln. Das Ziel sollte sein, dieses auch anderen Versicherern anzubieten, folglich zum Software-Anbieter zu werden: mit weltweiter Ausrichtung. Wie die Süddeutsche Zeitung am Donnerstag berichtet, wurde dieses ehrgeizige Projekt nun abgeblasen. Ein Grund: fehlendes Interesse von Seiten anderer Versicherer.

Eigene Stiftung und Open-Source-Lösung

Um die Bedenken anderer Versicherer zu zerstreuen, sich die IT eines Wettbewerbers ins Haus zu holen, hat die Allianz extra eine offene Stiftung gegründet und schließlich ein eigenes Unternehmen: Syncier. Immerhin 288 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist das Haus stark, auch Microsoft beteiligte sich.

Doch der große Erfolg blieb aus. Selbst, wenn die Allianz offiziell keine Zahlen nenne, nutzen höchstens zehn Versicherer das System, berichtet die „Süddeutsche“. Überwiegend Lebensversicherer, bei denen auch die Finanzaufsicht darauf drängt, die IT rundum zu erneuern, nachdem es mehrfach Skandale wegen veralteter IT und falsch berechneter Renten gab. Ein Problem, vor dem auch die Allianz selbst nicht verschont blieb. Zu den Kundinnen gehören unter anderem die Leben-Bestandsabwickler Frankfurter Leben und Athora.

Ein Problem sei der hohe Anpassungsbedarf von ABS, schreibt nun die „Süddeutsche“ - und damit verbunden hohe Kosten für die Kunden. Zudem gebe es eine Reihe von etablierten IT-Dienstleistern, die Standard-Lösungen auch für Versicherer bieten und branchenfremd sind, unter anderem der deutsche Software-Riese SAP. Auf diese Angebote werde von Versicherern weit häufiger zurückgegriffen.

Zwar soll Syncier als Unternehmen erhalten bleiben - aber man werde „das Angebot von Software für Drittkunden reduzieren“, so wird ein Sprecher zitiert. Vorausgegangen sei ein Streit zwischen der Stuttgarter Lebensversicherungs-Tochter und der Konzernspitze, da die Leben-Tochter an dem Projekt festhalten wollte, was aber keine Unterstützung gefunden habe.

Ziel scheiterte, weitere Anteilseigner für Syncier zu gewinnen

Noch im Sommer des letzten Jahres hatte sich Syncier strategisch und personell neu aufgestellt: mit dem Ziel, die Unabhängigkeit zu stärken und schneller zu wachsen. Unter anderem hatte Daniel Poelchau, zuvor bei der Allianz Kranken und bei McKinsey tätig, die Co-Geschäftsführerschaft von Andreas Nolte übernommen, der das Unternehmen auf eigenen Wunsch verließ.

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Die Allianz hatte vermehrt angedeutet, dass es Ziel sei, vom Haupteigner zum Minderheitseigner des Unternehmens zu werden: auch, um das Vertrauen der anderen Versicherer zu gewinnen und die hohen Kosten zu verteilen. Neben der hauseigenen Software bietet Syncier auch einen Marktplatz für andere IT-Dienstleister an, bevorzugt aus der Versicherungsbranche. Die Strategie, ein eigenes Softwarehaus aufzubauen, dürfte vorerst gescheitert sein.

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