Egal, bei welcher Branche: In jedem Beratungsgespräch zur Sachversicherung sind die technischen Versicherungen relevant. An dieser Stelle geben wir einen Blitz-Einblick, wir starten mit der Elektronikversicherung:

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Schaden, frisch eingetroffen

Stephan SchmitzStephan SchmitzProduktmanager Technische Versicherungen, Gothaer KonzernFirma Hörkens produziert unter Einsatz von Rundstrickmaschinen Textilien. Wie jeder produzierende Betrieb hat Hörkens Schaltschränke im Einsatz. Aber: Welche Funktion haben diese? Im Schaltschrank befinden sich die elektrischen und elektronischen Komponenten verfahrenstechnischer Anlage, die sich nicht direkt in der Maschine, also zum Beispiel seiner Rundstrick- oder Werkzeugmaschine oder einer anderen Fertigungseinrichtung befinden.

In einem dieser Schaltschränke bricht ein Feuer aus. Da hier hohe Ströme fließen und Komponenten des Schaltschrankes dem Verschleiß unterliegen, passiert das in der Praxis häufiger.

Durch den Löschvorgang wird nun auch die Steuerung beschädigt, welche es in der vorhandenen Form nicht mehr gibt. Eine neue Steuerung inkl. Software und passendem PC werden benötigt. Das Schadenvolumen beläuft sich auf 125.000 Euro.

Was umfasst die Sparte?

In den meisten Fällen die gesamte elektrotechnische und elektronische Betriebseinrichtung – auf jeden Fall jedoch erst, sobald sie betriebsfertig ist.

Wie unterscheidet man Elektrotechnik von elektrischen Anlagen?

Elektrotechnik beschreibt die Produktionstechnik von Elektrogeräten, die zumindest teilweise auf elektrischer Energie beruhen. Beispiele: Wandler, Bauelemente oder Schaltungen für die Steuer-, Mess-, Nachrichten- oder Gerätetechnik. Ebenfalls zählen hierzu technische Informatik und Energietechnik.

In Abgrenzung: Elektrische Anlagen entstehen durch den Zusammenschluss elektrischer Betriebsmittel. Was ist darunter zu verstehen? Gemeint sind Gegenstände, die als Ganzes - oder in Teilen - dem Anwenden elektrischer Energie dienen. Beispiele hierfür: Erzeugen, Verteilen, Speichern oder Messen elektrischer Energie.

Gleiches gilt für Gegenstände, die das Übertragen, Verteilen und Verarbeiten von Informationen zur Aufgabe haben.Andreas KnittelAndreas KnittelProduktmanager Technische Versicherungen bei HDI Versicherung AG

Einige dieser Komponenten klingen fast, als ob nicht die Elektronik-, sondern eine Maschinenversicherung zuständig wäre. Maschinen sind logischerweise nicht Gegenstand der Elektronik-, sondern einer Maschinenversicherung. Wie grenzt man also „Elektronische Anlagen“ von Maschinen ab?

Eine Maschine ist eine - mit einem Antriebssystem versehene - aus beweglichen Teilen zusammengesetzte - Vorrichtung, die eine Arbeit verrichtet, eine Energie erzeugt oder umwandelt. Hierzu zählen Baumaschinen oder auch produktionstechnische Anlagen wie Werkzeugmaschinen. Im Gegensatz zu dem Schaltschrank (Elektronik) fällt hierunter auch die Rundstrickmaschine von Firma Hörkens.

Der Primärzweck von elektronischen Anlagen oder Geräten hingegen ist die Verarbeitung von Signalen. Hierzu gehören beispielsweise Bürotechnik, wie PC, Bildschirme, Telefonanalgen oder auch Medizintechnik.

Im Weiteren teilt man die gesamte elektronische und elektrische Betriebseinrichtung in Objekt- oder Anlagengruppen.
Dies hat den Zweck, den Versicherungsschutz passgenau zu gestalten. So kann der Kunde wählen, ob er bestimmte Anlagengruppen vom Versicherungsschutz ausschließen möchte.

Welche Gruppen gibt es?

Anlagengruppe 1: Daten- und Kommunikationstechnik, Bürotechnik
Anlagengruppe 2: Mess- und Prüftechnik
Anlagengruppe 3: Satz- und Reprotechnik
Anlagengruppe 4: Bild- und Tontechnik
Anlagengruppe 5: Medizintechnik
Anlagengruppe 6: Sammelposition für „weitere im Versicherungsschein bezeichnete Anlagen und Geräte“.

Die Elektronikversicherung ist eine Allgefahren-Versicherung. Hier ist alles versichert, was nicht explizit ausgeschlossen wurde. Somit erfolgt die Steuerung des Versicherungsumfanges über die Auswahl der versicherten Sachen, denen man die Allgefahrendeckung zukommen lassen möchte.

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Die klassische Sachversicherung geht hier meist einen anderen Weg: Hier wird üblicherweise eine Auswahl der versicherten Gefahren getroffen und alle vorhandenen Sachen („Inbegriff“) gelten gegen diese Gefahren dann versichert.

Was umfasst die Sparte nicht?

Folgende Gegenstände könnte man den vorgenannten Anlagengruppen zuordnen und somit meinen, diese wären vom Versicherungsschutz umfasst. Jedoch werden explizit (jeweils aus gutem Grund!) folgende Anlagen und Gegenstände ausgeschlossen:

  • Maschinensteuerungen, Tanksäulen, -automaten und Preisanzeigen, Rötgenanlagen in der Materialprüfung, Musikinstrumente
  • Verkehrszähl-, Verkehrsregelungs- und Verkehrsüberwachungsanlagen, Großwiegeeinrichtungen (z.B. Fahrzeugwaagen), Prozessrechner, Technische Gebäudeausrüstung
  • Ticketautomaten, Fütterungscomputer, Haushaltsgeräte, Vorführgeräte und Handelsware
  • Waren-, Spiel- und Geldautomaten, Fahrzeugelektronik in Kraft-, Wasser- und Luftfahrzeugen, Drohnen und Copter, Anlagen und Geräte, die dem VN zu Service-, Reparatur-, Wartungszwecken überlassen werden
  • Bohrloch- und Kanalfernsehanlagen, Beulen- und Lecksuchmolche, Photovoltaik- und Solarthermieanlagen, Wearables, Anlagen und Geräte, für die der VN keine Gefahr trägt

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Einige dieser Anlagen sind natürlich versicherbar (zum Beispiel Drohnen oder Photovoltaikanlagen). Allerdings gibt es hierzu spezielle Versicherungsbedingungen (die jedoch auf den Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Elektronikversicherung aufsetzen).

Welche Entwicklung gibt es?

Es tut sich viel in der Elektronikversicherung! „Dank“ Corona ist das Homeoffice in den meisten Branchen nicht mehr wegzudenken. Sowohl die vom Arbeitgeber „mitgegebene“ Elektronik als auch die privaten Geräte, die man für die Arbeit für seinen Arbeitgeber einsetzt, versichern viele Versicherer anstandslos mit. Beim Arbeitgeber das Auto laden? Hierfür braucht es Wallboxen oder Ladesäulen. Neue Elektronik-Policen bieten hierfür optionale Bausteine.

Keep it simple: Pauschale Versicherungsansätze für elektronischer Geräte nehmen zu. Nicht neu, aber von wachsender Bedeutung treten Multilineprodukte in Erscheinung. Ansatz: Die dem Betrieb dienenden elektronischen Geräte werden gegen die typischen Elektronikgefahren versichert. Vorteil: Mithilfe einfacher Erfassung der Versicherungssumme bedarf es nur einer Eingabe und einem Beitrag für das komplette Produkt. Der besondere Clou: Meist ist standardmäßig die Betriebsunterbrechung mitversichert.

Auch sind Erweiterungen der versicherten Sachen infolge des technologischen Wandels keine Seltenheit. Beispiel: Gewerbliche Flugdrohnen. Auch wenn es sich bei diesen nicht um elektronische Geräte, sondern um Luftfahrzeuge handelt. Neuartige Technik – wie Drohnen - wird meist über einen separaten Baustein, um den jeweiligen Besonderheiten Rechnung zu tragen, versichert.

Bündel-Trend: Es scheint sich zu etablieren, dass die Elektronikversicherung als Baustein in der Sachinhaltsversicherung und die Gebäudeelektronik in der Gebäudeversicherung als Bündel mit abgeschlossen werden kann.

Sichern vor Versichern: Ein für Versicherer und Kunden positiver Wandel von der Funktion der Versicherung als Schadenwiedergutmacher hin zum Schadenverhüter und Schadenvorherseher findet statt. Dies nicht zuletzt dank vielfältiger Hilfsmittel (IIoT, Cloud Services, Sensoren, Vernetzung von Maschinen, Server), die sämtlich Gegenstand einer Elektronikversicherung sind. Daher: Hilfsmittel großflächig in ABE unter Versicherungsschutz stellen!

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