Martin Daut: Nein, das ist leider ein populäres Missverständnis, was vielleicht auch an dem sehr technischen Begriff Robo-Advisor liegt. Bei uns treffen nicht Algorithmen die Anlageentscheidungen, sondern die Kolleginnen und Kollegen im Portfoliomanagement. Der Mensch spielt bei uns also sogar die zentrale Rolle. Was bei uns weder Mensch noch Maschine übernehmen, sind Entscheidungen zu vermeintlich guten Kauf- und Verkaufszeitpunkten oder besonders aussichtsreichen Unternehmen, Branchen oder Märkten. Da ist die Kapitalmarktforschung nämlich sehr eindeutig – dieses aktive Management funktioniert langfristig nicht. Deshalb ist unser Ansatz auch passiv, oder besser ausgedrückt: prognosefrei. Wir finden gemeinsam mit dem Anleger das für ihn optimale Risikoprofil heraus und sorgen während der Anlage dafür, dass es passend bleibt. Angelegt wird dann in von Menschen erstellte ETF-Portfolios, die den kompletten Weltmarkt abbilden – und der ist deutlich breiter als ein MSCI World. So hat der Kunde die Möglichkeit, die globale Marktrendite bei geringstmöglichen Produktkosten zu erzielen.

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Apropos menschlicher Faktor: Sie kooperieren auch mit „persönlichen“ Beraterinnen und Beratern, die gegen Honorar tätig sind. Wie funktioniert das? Müssen Kundinnen und Kunden hierfür ein extra Honorar zahlen?

Für die digitale Vermögensverwaltung berechnen wir 0,48 Prozent p.a. und im Modell mit persönlichem Berater 0,88 Prozent jährlich. Inclusive der in den ETFs enthaltenen Produktkosten von im Durchschnitt 0,17 Prozent liegen wir selbst damit deutlich unter den üblichen Managementgebühren aktiv verwalteter Fonds – und können tatsächlich unabhängig beraten.

Auch in der Honorarberatung ist Falschberatung denkbar. Haften Sie für empfohlene Produkte?

Selbstverständlich. Als Vermögensverwalter sind wir BaFin-reguliert und haften für eine eventuelle Falschberatung. Da wir aber so breit wie möglich in den weltweiten Markt investieren, sind die Risiken für den Kunden gut gestreut. Und unsere Risikoprofilierung hat sich über Jahre bewährt.

ETFs gelten als Liebling des Verbraucherschutzes: Bilden aber -stark vereinfacht- „nur“ die Wertentwicklung eines Aktienindizes nach. Gibt es bei Ihnen auch aktiv gemanagte Teile? Wie reagieren Sie, wenn sich ein Index negativ entwickelt?

Ganz einfach: Gar nicht. Die Frage impliziert ein wenig, dass aktives Management den Anleger zuverlässig vor Verlusten schützen kann. Das ist leider nicht der Fall. Die Kapitalmarktforschung ist da wirklich eindeutig. Sie zeigt, dass das entscheidende Kriterium ist, „dauerhaft dabei zu sein“ und nicht zu versuchen, mit Timing besser zu sein als der Markt. Das geht auf lange Sicht nämlich mit größter Wahrscheinlichkeit schief. ETFs sind für diese Anlagestrategie das optimale Instrument und deshalb in gewisser Weise zurecht Liebling des Verbraucherschutzes. Leider wird der ETF-Markt zunehmend unübersichtlich und die Industrie muss aufpassen, nicht den üblichen Fehler der Finanzbranche zu machen: Immer neue Produkte zu erfinden, die niemand braucht.

Kaum mehr als 300 Honorarberater sind in Deutschland registriert, die Zahl stagniert seit Jahren. Was sind aus Ihrer Sicht Gründe hierfür? Und was kann getan werden, um diesen Berufszweig zu stärken? Stand jetzt plant auch die neue Bundesregierung kein Provisionsverbot.

Die Gründe liegen auf der Hand – es fehlt schlichtweg der Anreiz. Wieso sollte ich Honorare nehmen, wenn ich als Berater mit Provisionen viel mehr Geld verdienen kann? Das ist auch der Grund, warum sämtliche Großbanken nicht freiwillig umsatteln werden – sie verdienen in der Provisionswelt viel mehr als mit Honoraren. Der Gesetzgeber hält zudem seine schützende Hand über die provisionsfinanzierten Banken. Das führt dazu, dass die europäischen Anlegerschutzgesetze wie MIFID II eigentlich eher bankenschutz- als Verbraucherschutzgesetze geworden sind. Damit sind Verbraucher beim Autokauf besser geschützt als bei der Geldanlage. Und das wird auch so bleiben, solange es kein Provisionsverbot gibt.

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Die Fragen stellte Mirko Wenig

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