Im verhandelten Rechtsstreit hatte ein Mann im September 2008 einen Antrag auf Abschluss einer privaten Krankenversicherung gestellt. Mehr als zwei Wochen später erhielt er den Versicherungsschein. Bis zum 30.09.2012 zahlte er Prämien, die er nun -abzüglich einer Beitragsrückerstattung- wiederhaben wollte: knapp 6.250 Euro. Aufgrund einer Beitragsanpassung kündigte er im selben Jahr den Vertrag. In einer vorherigen Klage hatte der Versicherer bereits erfolgreich nicht gezahlte Beiträge des jetzigen Klägers eingefordert.

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Versicherungsnehmer behauptet mangelhafte Aufklärung

Das aber wollte der Versicherungsnehmer nicht auf sich sitzen lassen: und er versuchte, den Widerrufsjoker zu ziehen. Mit Schreiben vom 20. Juni 2016 erklärte er seinen Widerruf vom Vertrag. Demnach darf man vom Vertrag zurücktreten, wenn man nachweisen kann, beim Vertragsabschluss nicht ausreichend über sein Widerrufsrecht aufgeklärt worden zu sein. Folglich behauptete der Kläger, keine Widerrufsbelehrung erhalten zu haben. Er habe auch den Versicherungsschein, die Allgemeinen Versicherungsbedingungen und das Produktinformationsblatt nicht vor Ablauf der 14tägigen Widerrufsfrist bekommen.

Auch, dass er im Antrag des Versicherers auf sein Widerrufsrecht hingewiesen wurde, wollte der Kläger nicht als ordnungsgemäße Belehrung gelten lassen. Er argumentierte: Soweit der beklagte Versicherer ein Exemplar des Antragsformulars vorgelegt habe, in welchem auch eine Widerrufsbelehrung enthalten gewesen sei, sei diese nicht deutlich hervorgehoben und inhaltlich fehlerhaft gewesen. Der Versicherer habe den Kläger folglich nicht darauf hingewiesen, dass die Widerrufsfrist erst mit Erhalt des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der Versicherungsinformationen "in Textform" beginne.

Konkludente Zustimmung: Antrag enthielt Aufklärung

Doch mit seinem Begehren, den Vertrag zu widerrufen und die komplette Prämie nebst Zinsen zurückzuerhalten, hatte der Versicherungsnehmer keinen Erfolg. Denn er wurde im Antragsformular unmittelbar vor der Unterschriftszeile auf sein Widerspruchsrecht aufmerksam gemacht: sogar fett hervorgehoben. Dort hieß es: „Bevor Sie diesen Antrag unterschreiben, lesen Sie bitte auf der Rückseite die „Vertragsgrundlagen und Erklärungen des Antragstellers und der zu versichernden Personen“. Sie enthalten unter anderem einen Hinweis auf das Widerrufsrecht …“

Auf der Rückseite des Antrages wies der Versicherer unter der Überschrift „Widerrufsfolgen“ auf die Rechtsfolgen des Widerrufs hin. Ferner befand sich dort ein Hinweis auf die zu zahlende Versicherungsprämie in der Weise, dass der Versicherer nur den auf die Zeit nach Zugang des Widerrufs entfallenden Teil der Prämien zu erstatten hat.

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In diesem Fall liege eine sogenannte konkludente Zustimmung vor, wie das OLG Jena betonte: eine Art Willenserklärung, die sich aus dem schlüssigen Handeln einer Vertragspartei ergibt. Demnach hat der Versicherungsnehmer bereits vor Ablauf der Widerrufsfrist zugestimmt, dass der Versicherungsschutz beginnt - und zwar, nachdem er von seinem Widerspruchsrecht erfahren hat.

„Als Hinweis auf ein Widerrufsrecht nach § 9 Abs. 1 Satz 1 VVG genügt ein grundsätzlicher Hinweis auf die Existenz eines Widerrufsrechts bzw. ein Hinweis darauf, dass überhaupt ein Widerrufsrecht besteht. Nicht erforderlich ist eine in jeder Hinsicht ordnungsgemäße Belehrung über das Widerrufsrecht, etwa über die formalen Anforderungen seiner Ausübung oder den Fristbeginn“, erklärt das OLG.

Wird der Versicherungsnehmer fettgedruckt auf sein Widerrufsrecht hingewiesen „und liegt der Vertragsbeginn nur drei Tage nach dem Datum der Antragsunterzeichnung, so liegt in der Antragstellung eine konkludente Zustimmungserklärung im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 1 VVG, weil der Versicherer aufgrund dieser Umstände davon ausgehen darf, dass dem Versicherungsnehmer sein Widerrufsrecht bekannt ist“, schreibt das OLG. Dazu bedürfe es nicht der Überlassung eines Durchschlags des Antragsformulars oder des Nachweises eines tatsächlichen Lesens.

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