Nach insgesamt 20 Jahren Verfahrensdauer endet das Prospekthaftungsverfahren zum dritten Börsengang der Deutschen Telekom mit einem Vergleich. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main billigte am 23. November den ausgehandelten Vergleichsvorschlag und empfahl allen Klägern dessen Abschluss, teilte die TILP Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (TILP) mit.

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Deutsche Telekom, Musterklägervertreter (TILP), Vertreter der größten Klägergruppen (Doerr Kühn Plück + Partner) und weitere Anlegervertreter (z.B. DSW) verhandelten das Vergleichsangebot. Dem ging ein Beschluss des Bundesgerichtshofs (Az. XI ZB 24/16) voraus, der „über zentrale verallgemeinerungsfähige Voraussetzungen zu Gunsten der Kläger abschließend entschieden hatte“, wie TILP schreibt.
Nach Darstellungen der Telekom war nach dem BGH-Beschluss absehbar, „dass die Einzelverfahren bis zu einer endgültigen Entscheidung viele weitere Jahre fortzuführen wären“ und „erhebliche Zeit und Ressourcen in Anspruch nehmen“. Das hätte man zum Anlass genommen, auf die Klägervertreter zuzugehen und eine außergerichtliche Lösung durch Vergleiche vorzuschlagen, so die Telekom.

Was der Vergleich beinhaltet

Wie der Konzern betont, erfolgen die Vergleichsangebote ohne Anerkenntnis einer Schadensersatzpflicht. Die Angebote richten sich nach Angaben der Telekom nach den verschiedenen Möglichkeiten, die ein Kläger seit dem dritten Börsengang im Juni 2000 hatte (kein Aktienverkauf, vollständiger Aktienverkauf oder teilweiser Aktienverkauf).

Der Vergleich sieht vor, dass Klägern die ursprünglichen Erwerbskosten abzüglich erhaltener Dividendenzahlungen und zuzüglich anteiliger Prozesszinsen (70 Prozent) erstattet werden. Die Aktien verbleiben bei den jeweiligen Klägern, wofür sich diese den aktuellen Wert der Aktien anrechnen lassen sollen, so die Telekom. Kläger, die ihre T-Aktien mittlerweile verkauft haben, wird die Differenz zwischen den Erwerbskosten und dem Verkaufserlös abzüglich der während der Haltedauer geflossenen Dividenden und zuzüglich anteiliger Prozesszinsen erstattet. Das gilt laut Telekom für Kläger, die folgende Voraussetzungen erfüllen:

  • Kauf der Aktien im Zeitraum zwischen dem 27. Mai 2000 und dem 19. Dezember 2000
  • kein Eintritt der Verjährung

Die Deutsche Telekom veröffentlichte zur Veranschaulichung folgende Beispielberechnung aus dem Vergleichsangebot: „Für einen Kläger, der damals 50 Telekom-Aktien im Rahmen des Zeichnungsangebotes als Privatanleger erworben hat und diese Aktien bis heute hält, beträgt der wirtschaftliche Gegenwert des Vergleichsangebots rund 5.184,07 Euro.
Dabei kann der Anleger zuzüglich zum Vergleichsangebot von 3.609,22 Euro die damals erworbenen 50 Aktien zuzüglich 5 Treue-Aktien nach Ablauf der Haltefrist im Dezember 2001 (Wert von insgesamt 907,50 Euro) sowie die bezogenen Dividenden (rund 667,35 Euro) behalten. Demgegenüber steht ein Kaufpreis der Aktien von 3.175 Euro (50 Aktien zum ermäßigten Bezugspreis für Privatanleger von 63,50 Euro je Aktie). In diesem Fall erhält der Kläger seinen Kapitaleinsatz zuzüglich eines Aufschlags von 63 Prozent.
Für die Angebotsberechnungen wird ein aktueller Durchschnittskurs von 16,50 Euro je Aktie angesetzt.“

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Auswirkungen der T-Aktie auf die deutsche Aktien-Kultur

Bis heute verstärkte der Kurssturz der T-Aktie die Aktienmüdigkeit der Deutschen, stellte eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und der Universität Bonn in diesem Jahr fest. Auch 20 Jahre nach dem ersten Börsengang der Telekom investieren Kleinanleger, die den Kursabsturz der T-Aktie damals miterlebt haben, zu 60 Prozent seltener in Aktien als jüngere Haushalte.

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