Das ungewohnte Schweigen der Ampel-Koalitionäre zu konkreten Inhalten aus den Arbeitsgruppen sorgt für Nervosität. So nimmt der Deutsche Sparkassenverband (DSGV) „Signale“ wahr, dass sich die mögliche künftige Bundesregierung auf eine Stärkung der Honorarberatung einigen könnte.

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Gegenüber der Deutschen Presseagentur warnte Helmut Schleweis, Präsident des DSGV, vor einem solchen Schritt: „Wenn ein Kleinanleger für eine Erstberatung von zwei Stunden erst einmal die tatsächlichen Kosten von durchschnittlich 360 Euro als Honorar auf den Tisch legen muss, nehmen die meisten keinerlei Beratung mehr in Anspruch“, so Schleweis. „Eine solche Vorgabe schließt große Teile der Bevölkerung vom Zugang zu guter Beratung aus und ist deshalb unsolidarisch.“

Das Provisionssystem sei dem überlegen: „Bei einer provisionsorientierten Beratung zahlen Kleinanleger wenig, Großanleger mehr. Wir halten ein solches solidarisches Finanzierungsmodell für besser und leistungsfähiger als ein System der Spaltung unserer Gesellschaft entlang ihres Vermögens.“ Eine Abkehr von der Provisionsberatung würde „die Schere zwischen vermögenden und weniger vermögenden Anlegern immer weiter öffnen“, so Schleweis. Auf seinen Blog hat der Verband bereits vor der Bundestagswahl 2021 einen Beitrag veröffentlicht, der die wichtigsten Argumente der Sparkassen für Provisionsberatung versammelt.

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vzbv: „Sparkassen sind scheinheilig“

Diese Äußerungen von Schleweis riefen alsbald einen der glühendsten Verfechter von Honorarberartung auf den Plan: Den Verbraucherzentrale Bundesverband. Zwischen Ernährungs- und Reisetipps decken die Verbraucherschützer auch auf, worum es den Sparkassen in Wirklichkeit geht: „Verweis der #Sparkassen, #Provisionen seien solidarisch ist scheinheilig. #Honorarberatung ist auch bei kleinen Anlagen schnell günstiger, als Provisionen. In Wahrheit geht es um die Sicherung einer großartigen Einnahmequelle“, twittert der vzbv.

‚Provisionsunwesen‘ oder 3 Stunden Altersvorsorgeberatung

Ganz ähnlich auch der ehemalige Grünen-Politiker Gerhard Schick. Der Vorstand der Bürgerbewegung Finanzwende, die jüngst das Bundesfinanzministerium wegen mangelnder Transparenz verklagte, bezog bereits im Vorfeld der Bundestagswahl 2021 Position gegen Provisionsberatung (Versicherungsbote berichtete).

Nun legte er auf Twitter nach und schrieb, dass es wenig überraschend sei, dass sich die Sparkassen gegen Änderungen am „Provisionsunwesen“ aussprechen: Schließlich würden sie 8,5 Milliarden Euro Provisionseinnahmen verzeichnen.

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Daran störte sich Christian Prüßing, ein Journalist, der für kapital-markt-intern schreibt. Er hielt Schick entgegen, dass selbst die Verbraucherzentralen Honorare für Geldanlage-Beratung berechnen: 110 Euro pro Stunde. „Bei ca. 25 Mio. Haushalten, die Sparkassen-Kunden sind, wären pro Jahr also für 8,5 Mrd. € nur 3 Stunden VZ-Beratung drin! Was ist jetzt die Definition von ‚teuer‘“, fragt er in seinem Tweet.

Darauf Schick: „Ungeeignete Rechnung. Man braucht nicht jedes Jahr Finanzberatung, wenn sie gut gemacht ist. Ideal sind beim Sparen und Altersvorsorge Langlaufende Verträge. Das ist ja genau das Problem, dass ständig ‚beraten‘ wird, um Produkte zu verkaufen, die der Kunde nicht braucht.“

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Dass das bei Honorarberatern grundsätzlich anders sei, bezweifelt Prüßing in seiner Erwiderung: „Auch für #Honorarberatung ist Vergütung des laufenden Betreuungsaufwandes essentiell, der durch Regulierung induziert wird. Kein Honorarberater kann von Laufkundschaft leben, denen er Portfolio aufsetzt und dann alleine lässt. In UK sind inzw. 74% der 'Honorare' lfd. Service-Fees.“

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