Im November 2021 berichtete Versicherungsbote über die enormen Preisunterschiede, die bei Beratungsleistungen der Verbraucherzentralen bestehen. Die Verbraucherschützer beraten Ratsuchende u.a. zu Versicherungen, Geldanlage und Altersvorsorge. Für eine persönliche Beratung schwanken die Preise zwischen 30 und 127 Euro pro Stunde. Eine telefonische Beratung kostet zwischen 30 und 120 Euro und für die Bearbeitung von Mail-Anfragen können zwischen 15 und 160 Euro (!) fällig werden.

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Deshalb wollten wir vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) wissen, wie sich diese Spreizung erklären lässt, welche Rolle kostenpflichtige Beratungen bei der Finanzierung der Verbraucherzentralen spielen und wieviele solcher Beratungen überhaupt bundesweit durchgeführt wurden.

Eine entsprechende Anfrage sendete Versicherungsbote Anfang Februar und setzte eine Frist von einem Monat. Kurz vor deren Ablauf meldete sich die Pressestelle des Verbands und erbat sich eine Verlängerung. Und natürlich stimmten wir dem zu - gute Antworten sind schließlich wichtiger als das Beharren auf solchen Fristen.

Als die Antworten des Verbands vorlagen, war schnell klar: Das Warten hat sich nicht gelohnt. Der Bundesverband Verbraucherzentrale weicht den Fragen aus. Von der Transparenz, die die Verbraucherschützer sonst einfordern, fehlt beim eigenen Handeln jede Spur.

So antwortet der Verband (ohne einen Zitatgeber zu benennen) auf die Frage, welche Rolle kostenpflichtige Beratungen bei der Finanzierung der Verbraucherzentralen spielen, dass die Beratungsangebote ohne Gewinnerzielungsabsicht erfolgen würden. Das mag in den Augen der Verbraucherschützer ein wichtiger Aspekt sein, beantwortet die Frage aber in keiner Weise.

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Danach gefragt, wieviele kostenpflichtige Beratungen zu Altersvorsorge, Geldanlage und Versicherungen durchgeführt wurden, verweist der Bundesverband darauf, dass die Verbraucherzentralen in den Ländern voneinander unabhängige Organisationen seien. Versicherungsbote solle sich doch direkt an die jeweiligen VZ wenden, um konkrete Zahlen zu erfahren.

Verbraucherschützer und die Schwierigkeiten mit der eigenen Satzung

Diese Antwort ist besonders bemerkenswert. Denn hier räumt der vzbv ein, dass er entweder die eigene Satzung nicht kennt oder bewusst gegen sie verstößt. Dort heißt es, der Verein würde die Stellung des Verbrauchers stärken, „insbesondere indem er Marktentwicklungen mit Hilfe von empirisch zu erhebenden Daten über Beschwerden, Probleme und Beratungsbedarfe der Verbraucher aus den Verbraucherzentralen systematisch und auf der Suche nach strukturellem Marktversagen analysiert.“ (Hervorhebung durch Versicherungsbote)

Der eigenen Satzung nach, werden also sehr wohl Daten aus den VZ der Länder im Bundesverband zusammengeführt. Und zwar nicht irgendwelche, sondern solche, die sich empirisch erheben lassen. Das dürfte auf die erfragten Daten zutreffen.

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Würde der Bundesverband Verbraucherzentrale sein eigenes Satzungsziel, Marktentwicklungen und Beratungsbedarfe aufzuzeigen, ernstnehmen, wäre es wenigstens grob fahrlässig, auf Daten über eigene durchgeführte Beratungen zu verzichten.

Die Anschlussfrage, wie die Satzung des Bundesverband Verbraucherzentrale verstanden werden soll, wenn die erfragten Daten nicht dazu gehören sollen, ließen die Verbraucherschützer unbeantwortet.

Vor diesem Hintergrund muss auch die Frage gestellt werden, ob es gerechtfertigt ist, einem Verbraucherschutzverein Budget-Erhöhungen von 23 Millionen Euro zu gewähren, wenn sich dieser Verein nicht einmal an die eigene Satzung halten will, sie nicht kennt oder nicht erklären kann.

Was Versicherungsbote vom vzbv wissen wollte und wie die Verbraucherschützer antworteten

1.) Welche Rolle spielt das kostenpflichtige Beratungsangebot zu Versicherungen, Geldanlage und Altersvorsorge bei der Finanzierung der Verbraucherzentralen?

Die Verbraucherzentralen arbeiten bei Ihren Beratungsangeboten zu Versicherungen und Geldanlagen sowie Altersvorsorge ohne Gewinnerzielungsabsicht.

2.) Wie oft wurden kostenpflichtige Beratungen zu den genannten Themengebieten 2021 in Anspruch genommen? Ist eine Auswertung nach Bundesländern möglich?

Die Verbraucherzentralen in den Ländern sind voneinander unabhängige Organisationen. Wenn Sie konkrete Zahlen zu den Beratungen benötigen, müssten wir Sie daher bitten, sich bitte direkt an die einzelnen Verbraucherzentralen zu wenden.

3.) Wie sind die starken Spreizungen bei der Vergütung von Beratungsleistungen zu erklären?

Die Verbraucherzentralen in den Ländern sind voneinander unabhängige Organisationen und haben damit auch voneinander unabhängige Finanzierungsstrukturen. Entsprechend ist die finanzielle Ausgangssituation für das Angebot dieser Beratungen unterschiedlich und wird durch die Landes-Verbraucherzentralen kalkuliert.

4.) Werden Ratsuchende transparent darüber informiert, dass eine Beratung zum gewünschten Thema bei anderen VZ möglicherweise die Hälfte oder weniger kostet? Konkret: Wird in der VZ Berlin darüber aufgeklärt, dass die Altersvorsorgeberatung im benachbarten Brandenburg "nur" 40 statt 80 Euro pro Stunde kostet?

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Die Entgelte für die kostenpflichtigen Beratungsangebote sind transparent auf den Webseiten der Verbraucherzentralen einsehbar. Hier können sich Verbraucher:innen jederzeit über Preise der Beratung der Verbraucherzentralen informieren.

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