Ein sinkendes Rentenniveau bedeute aber nicht automatisch mehr Altersarmut - sofern nicht alle Rentnerinnen und Rentner gleichermaßen davon betroffen seien. Gerade hohe Rentenbezieher seien oft durch Betriebsrenten, Wohneigentum oder private Altersvorsorge gut abgesichert, geben die Autoren zu bedenken. Hohe Renten müssten durch eine Reform folglich stärker belastet werden als niedrigere Renten. Einen ähnlichen Vorschlag hatte vor wenigen Tagen bereits Bert Rürup in einem Kommentar für das „Handelsblatt“ gemacht. Man müsse weg vom Prinzip, dass jene, die viel einzahlen, auch deutlich mehr rausbekommen: und folglich einen sozialen Ausgleich innerhalb der Rentenversicherung schaffen. Auch deshalb, weil Geringverdiener und Menschen mit körperlich schwerer Arbeit statistisch eine geringere Lebenserwartung haben, folglich kürzer Rente beziehen.

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Die Professoren greifen drei Vorschläge auf, die der wissenschaftliche Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums in seinem Positionspapier präsentiert hat. Was aus dem Süddeutsche-Kommentar nicht so hervorgeht: alle drei gehören diesem Beirat auch an und haben sogar am Papier mitgewirkt:

  • Die Generationen der Erwerbstätigen und Rentner können mittels des Nachhaltigkeitsfaktors gleichmäßig belastet werden: mit einem mäßigen Anstieg des Beitragssatzes und einem mäßigen Rückgang des Rentenniveaus. Der Nachhaltigkeitsfaktor ist Teil der Rentenformel und -stark vereinfacht- bremst den Anstieg der Renten, wenn sich Demografie, Geburten und die Konjunktur zulasten der Rentenkasse entwickeln.
  • Alternativmodelle sehen vor, dass die Haltelinie nur noch für einen Teil der Renten gilt. So soll nur die anfängliche Rente mit einer Haltelinie geschützt werden, um dann die Renten nur noch mit der Inflation fortzuschreiben. Aktuell orientieren sie sich noch an der Entwicklung der Löhne. Die Renten würden weniger stark steigen: Vorbild hierfür ist das österreichische Rentenmodell. Allerdings erhalten die Österreicher im Schnitt auch höhere Renten als die Deutschen. Das Rentenniveau nach 45 Beitragsjahren liegt in Österreich bei 80 Prozent: auch, weil die Arbeitgeber beim Rentenbeitrag stärker zur Kasse gebeten werden und auch Selbstständige sowie Beamte in die Rente einzahlen. In diesem Modell werden kleinere Renten stärker gestützt als höhere, argumentieren die Ökonomen.
  • Lobend äußern sich die drei Wirtschaftswissenschaftler immerhin dazu, dass die Ampel-Koalitionäre ein zusätzliches Element der Kapitaldeckung in die Rentenversicherung integrieren wollen: auf Aktien und Fonds beruhend. Dafür sollen der Rentenkasse im kommenden Jahr einmalig zehn Milliarden Euro aus kreditfinanzierten Bundesmitteln zugeführt werden. Aber selbst wenn die Wette auf steigende Aktienkurse aufgehe, werde die Rentenkasse nur marginal und sehr langfristig durch diesen Extrastock entlastet, warnen die Ökonomen. Kurzfristig müssten die Bundeszuschüsse drastisch steigen - das Geld fehle für wichtige Investitionen.

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