Im ersten Halbjahr 2021 sind die Privatinsolvenzen in Deutschland sprunghaft angestiegen. 57.992 Personen mussten Privatinsolvenz anmelden, berichtet die Wirtschaftsauskunftei Crifbürgel in ihrem aktuellen Schuldenbarometer. Das sind 49,9 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Es ist die höchste Zahl der Insolvenzen seit dem 1. Halbjahr 2014.

Anzeige

120.000 Privatinsolvenzen für 2021 erwartet

Laut Schuldenbarometer sind im ersten Halbjahr 2021 mehr Menschen in die Insolvenz gerutscht als im gesamten Jahr 2020, als insgesamt 56.324 Betroffene gezählt wurden. „Derzeit gehen unsere Prognosen von bis zu 120.000 Privatinsolvenzen im Jahr 2021 aus. Damit würden sich die Zahlen im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppeln“, sagt Crifbürgel-Geschäftsführer Frank Schlein.

Die hohen Zahlen seien aber auch auf eine Gesetzreform zurückzuführen, erläutert Schlein weiter: Viele Menschen hätten im letzten Jahr entsprechende Anträge zurückgehalten, um von den neuen Regeln zu profitieren, die rückwirkend ab dem 1.10.2020 in Kraft getreten sind. Seitdem dauern Insolvenzverfahren nur noch drei Jahre statt -wie bisher- sechs. Mit dem sogenannten Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens hat die Bundesregierung die EU-Richtlinie 2019/1023 umgesetzt. Sie soll nicht nur Unternehmen eine schnellere Entschuldung erlauben, sondern auch Verbraucherinnen und Verbrauchern.

CRIF Bürgel GmbH

Corona auch für Mittelstand existenzbedrohend

Aber auch die Lockdowns hinterlassen Folgen: Viele Menschen sahen sich plötzlich mit Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit konfrontiert, Selbstständigen brachen Aufträge weg. „Ab Mai sehen wir nun einen Anstieg auch der unmittelbar von der Corona-Pandemie verursachten Insolvenzen. Diese Insolvenzwelle wird dann verstärkt ab dem 2. Halbjahr 2021 einsetzen und bis in das Jahr 2022 hineinreichen“, sagt Schlein. Die Corona-Pandemie habe aufgezeigt, dass unvorhersehbare Ereignisse Menschen in eine finanzielle Schieflage bringen können. In Deutschland gelten circa 6,8 Millionen Bürger als überschuldet. Für viele dieser Personen könne ein Schock auf der Einkommensseite für ein erhöhtes Risiko einer Privatinsolvenz sorgen.

Corona habe nicht nur Beschäftigte mit niedrigen Löhnen existenzbedrohende Folgen gehabt, sondern auch für die Mittelschicht, warnt der Risikoexperte. Zudem führe hohe Arbeitslosigkeit zu mehr Insolvenzen: die Betroffenen hätten ohnehin wenig Geld, aber weiterhin hohe Kosten. So bleibe weniger Geld, um Kredite, Mieten oder andere Finanzierungen zu bedienen. Viele Finanzreserven von Menschen, die durch Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit Einbrüche erlitten hätten, seien mittlerweile aufgebraucht, warnt die Auskunftei: auch, wenn sie versucht hätten, durchzuhalten und eigenständig mit ihrer Lage zurechtzukommen.

Auch der Anteil der ehemals Selbstständigen, die eine Privatinsolvenz anmelden müssen, steige derzeit stark an. Soloselbstständige und Honorarkräfte aus unterschiedlichsten Branchen gehören zu den Verlierern der Pandemie: Von einem Tag auf den anderen brach nahezu ihr komplettes Einkommen weg. Und das, obwohl viele von ihnen ohnehin ein niedriges Einkommen erzielt haben und wenig Ersparnisse besaßen. Kredite, Ratenzahlungen oder Mieten können nun nicht mehr beglichen werden.

Anzeige

Bundesweit hat sich der Trend der letzten Jahre auch im 1. Halbjahr 2021 fortgesetzt, wonach in Deutschland eher Männer als Frauen in eine Privatinsolvenz rutschen. 34.621 Privatinsolvenzen von Männern stehen 23.371 Privatinsolvenzen von Frauen gegenüber.

mit Pressematerial CRIFBÜRGEL

Anzeige