Der Vermittlerverband AfW hat seine Positionen zur Bundestagswahl noch einmal verdeutlicht und kritisiert dabei verschiedene bestehende Regelungen sowie Pläne der Parteien. "Es ist aus unserer Sicht vollkommen unverständlich, dass unsere Branche in den letzten 15 Jahren eine Regulierung nach der anderen durchlaufen hat, die stets den Verbraucherschutz durch verbesserte Beratungs- und Dokumentationsleistungen als Ziel hatte und nun der Gesetzgeber allen Bürger:innen Finanzdienstleistungsprodukte faktisch beratungsfrei andienen möchte.", heißt es in dem Positionspapier.

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Der Bundesverband wünscht sich freie Rahmenbedingungen und einen fairen Wettbewerb. Schließlich würden "Einheitslösungen über kurz oder lang zu Stillstand" führen. Welchen Anreiz gäbe es für staatliche Einheitslösungen, Produktinnovationen voranzutreiben oder Kosten zu sparen? Das gelte für Altersvorsorgesystemen genauso wie in der Krankenversicherung. Während bei der Altersvorsorge zuletzt immer wieder Standardprodukte oder Aktienrenten genannt wurden, geistert das Gespenst Bürgerversicherung immer wieder durch die Reihen des Bundestags.

"In der Altersvorsorge brauchen wir ein gefördertes Produkt, was die sinkenden Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung, zumindest abmildern kann.", wünscht sich der Verband. Sollte die Riester-Rente tatsächlich abgeschafft werden, bräuchte es unbedingt eine Alternative. Diese müsse weniger bürokratisch sein und natürlich weiter auf Beratung setzen. "Ein rein digitales Produkt mit Opt-Out-Möglichkeit lehnen wir aus den bereits oben genannten Gründen ab.", heißt es weiter.

Auch beim Thema Vermittlervergütung beziehungsweise Provisionsdeckel ist der AfW kritisch. Der geplante Provisionsdeckel sei schlicht verfassungswidrig wäre. Das hatte ein Gutachten des ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichtes Prof. Hans-Jürgen Papier und Prof. Hans-Peter Schwintowski deutlich gemacht. Zudem würde ein etwaiges Provisionsverbot zu einem deutlichen Rückgang des Angebots an flächendeckender, unabhängiger Finanzberatung führen. "Das kann und darf nicht im Interesse der Politik sein. Aber einem Nebeneinander von Honorarberatung und Beratung auf Provisionsbasis können wir viel abgewinnen und unterstützen dies.", heißt es weiter.

Diesen Gedanken folgend hat der AfW fünf Forderungen an die Politik aufgestellt. Diese seien unabhängig von der politischen Konstellation nach der Wahl:

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  1. Schaffung eines Level Playing Fields für Gewerbetreibende mit Zulassung nach §§ 34d, 34f, 34i Gewerbeordnung
    Das beinhaltet insbesondere die (weitere) Vereinheitlichung der beruflichen Anforderungen insbesondere im Rahmen der Evaluierung der europäischen Regulierungspakete IDD und MiFid II. Dies sollte dringend auch unter Beseitigung unnötiger bürokratischer Hemmnisse vonstattengehen. Das beginnt bei einer Harmonisierung und Entschlackung der Kundenerstinformation und geht bis hin zu den Dokumentations-, Informations- und Beratungspflichten.
  2. Einheitliche IHK-Aufsicht
    Es sollte für die unabhängigen Finanzberater:innen mit Zulassung nach §§ 34c, 34d, 34f, 34h, 34i Gewerbeordnung eine bundesweit einheitliche Aufsicht unter dem Dach der IHKen eingeführt werden. Begründung: Soweit die IHKen bereits zuständig sind, haben sie bewiesen, dass sie dazu sehr gut in der Lage sind. Die bundesweite Aufsicht über die Versicherungsvermittler:innen (§ 34d GewO) und die Aufsicht über die unabhängigen Finanzanlagenvermittler:innen (§ 34f GewO) in diversen Bundesländern hat sich bewährt. Die IHKen sind bereit dazu, haben das fachliche Knowhow und sind in der Fläche vertreten. Auch im europäischen Vergleich haben sie bereits bewiesen, dass sie das strengste Regime führen – was aber in der Vermittlerschaft hohe Akzeptanz gefunden hat.
  3. Verlässliches Vergütungssystem auf dualer Basis
    Wir erwarten bessere Rahmenbedingungen unter Beibehaltung der Koexistenz zwischen provisionsbasierter und honorarbasierter Vergütung. Im Interesse einer umfassenden, flächendeckenden und unabhängigen Verbraucherberatung in Finanz- und Versicherungsangelegenheiten und unter Berücksichtigung des auch sozialpolitischen Auftrages der Branche brauchen wir eine verlässliche Basis für das Einkommen der Finanzberater:innen. Ständige Diskussionen über Provisionsdeckel oder -verbot sind branchen- und damit auch verbraucherschädlich. Sollte es wider Erwarten doch Provisionsexzesse bei den beiden Vergütungssystemen geben, müssen diese von der zuständigen Aufsicht verhindert werden.
  4. Rente – nachhaltiges System, professionell
    Wir erwarten, dass ein nachhaltigeres System auf den bewährten 3 Säulen geschaffen wird. Die Riester-Rente muss erhalten bleiben – unter Abschaffung der Beitragsgarantie, einer erheblichen Entbürokratisierung (u.a. im Zulagenverfahren) und der Öffnung für weitere Berufsgruppen. Einer 4. Säule, wie sie derzeit schon intensiv diskutiert wird, stehen wir unter bestimmten Prämissen offen gegenüber (u.a. Opt-Out-Möglichkeit, keine Garantievorgaben). Grundsätzlich muss bei kapitalgedeckter Altersvorsorge weiterhin gelten, dass diese nur mit qualifizierter Beratung einhergehen darf.
  5. Sustainable Finance – für Kunden:innen und Vertrieb verständlich und ohne bürokratische Auswüchse
    Wir unterstützen den EU-Aktionsplan „Finanzierung nachhaltigen Wachstums“, der eine Reihe von Handlungsempfehlungen für die Finanzierung der klimapolitischen Ziele von Paris und der nachhaltigen Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals) durch Umlenkung der Kapitalströme beinhaltet. Die Umsetzung muss – um hinreichend Akzeptanz bei Kunden:innen und Branche zu erreichen – unbürokratisch, ohne Informations- und Bürokratie-Overkill und bestenfalls unter hoher Akzeptanz der mündigen Bürger:innen erfolgen.

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