Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) sieht in dem Entwurf zur EU-Kleinanleger-Strategie Licht und Schatten. „Die gute Nachricht lautet: Ein generelles Provisionsverbot ist zunächst vom Tisch”, so GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. „Das ist ein gutes Signal, weil ein generelles Provisionsverbot die Verbreitung der privaten Altersvorsorge stark hemmen würde. Das wäre kontraproduktiv in Zeiten, in denen wir in Deutschland um die Reform der geförderten privaten Altersvorsorge ringen.“

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Provisionsverbot nur für Makler

Ganz so entspannt sieht man die Angelegenheit mit dem Provisionsverbot aber nicht überall. So weist der AfW erneut darauf hin, dass weiterhin geplant sei, dass unabhängig agierende Vermittler keine Provisionen mehr für die Vermittlung von Versicherungsanlageprodukten (insurance-based investment products) erhalten sollen. Davon wären laut AfW nur Makler betroffen. „Das mögen einige vielleicht nach dem Motto akzeptieren: Es hätte ja noch viel schlimmer kommen können oder vielleicht ist es ja gar nicht so gemeint. Wir nicht! Wir halten es für komplett abwegig, dass dieses wettbewerbsverzerrende Vorhaben im Sinne von Verbraucherschutz sein soll“, so Norman Wirth, geschäftsführender Vorstand des AfW. „Makler würden im Wettbewerb gegenüber gebundenen Vertretern massiv benachteiligt und diskriminiert. Wir werden auf eine ersatzlose Streichung dieser europarechtswidrigen Regelung hinwirken.“

Auch der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) bezog zum vorgelegten Entwurf Stellung: „Im Bereich der Maklervergütung fordert der BVK, dass Makler gegen Courtage Versicherungsanlageprodukte weiterhin vermitteln dürfen“, so der Verband. Im Bemühen, ein Provisionsverbot zu verhindern, werde der Verband nicht nachlassen.

Speziell mit Hinblick auf Provisionen im Bereich Versicherungen legt der Richtlinienentwurf fest, dass den Anlageinteressenten und späteren Kunden Informationen zu den direkten und indirekten Kosten der Produkte und Anlagen mitgeteilt werden. Neu ist dabei die Pflicht, auch über die Kosten jährlich zu informieren.

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Nach Ansicht von Udo Pickartz, Counsel und Spezialist für Versicherungsrecht bei Simmons & Simmons, bedeutet dies, dass sich nicht nur die Produktinformationsblätter, sondern auch die Wert- und Performancemitteilungen werden ändern müssen. „Es wird interessant sein, wie die entsprechenden Kosten auszuweisen und zu berechnen sind, da insbesondere bei Lebensversicherungen eine Verteilung von Kosten über einen Teil der Laufzeit stattfindet. Wie bei jeder Richtlinie stellt sich ferner die Frage, wie die Umsetzung in nationales Recht aussieht und ob eine uneinheitliche Umsetzung dem erklärten Ziel der EU, den EU-Kapitalmarkt zu vereinheitlichen und zu stärken, nicht entgegenläuft“, erklärt Udo Pickartz.

Provisionsverbot: Branche sollte sich wappnen

„Die EU-Kommission hat klargemacht, dass die im Vorfeld durchgeführte Konsultation durchaus Argumente für ein generelles Provisionsverbot geliefert hat. Drei Jahre nach Inkrafttreten der neuen Regeln will die Kommission prüfen, ob die gewünschten Verbesserungen eingetreten sind. Sollte es weiter aus ihrer Sicht verbraucherschädliche Praktiken geben, könnte ein generelles Provisionsverbot also spätestens in drei Jahren auf den Weg gebracht werden”, so Jochen Kindermann, Partner und Spezialist für Bank- und Kapitalmarktrecht bei der Kanzlei Simmons & Simmons.

Kindermann rät Unternehmen der Finanzbranche, das Thema anzugehen und sich frühzeitig Gedanken über ein generelles Provisionsverbot zu machen. „Die Konsequenz wird vielfältig sein. Es geht einerseits darum, für sich zu definieren, wie Beratung künftig ausgestaltet wird und welchen Stellenwert unabhängige Beratung haben soll. Andererseits werden sich auch diverse Dokumentationsprozesse ändern müssen”, erklärt Jochen Kindermann.

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In der Versicherungsbranche ist ein Provisionsverbot schon lange Thema, selbst in Sparten, die mit Investments nichts zu tun haben. Als Hintergrund wurde und wird regelmäßig die Vermeidung möglicher Interessenkonflikte genannt. „Es stellt sich die Frage, ob der derzeitige Entwurf der Richtlinienverordnung hier nicht bereits ein Schritt der Einführung eines Verbots durch die Hintertür und der nächste Schritt zur verpflichtenden Honorarberatung ist“, erklärt Udo Pickartz.

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