Eine Krankentagegeldversicherung kann insbesondere für Selbstständige und Freiberufler existenzsichernd sein. Sie leistet ein vertraglich vereinbartes Tagegeld, wenn der Versicherte arbeitsunfähig wird: etwa aufgrund eines Unfalls oder einer Krankheit. So ist eine solche Police wichtig, um sich finanziell vor einer längeren Auszeit im Beruf zu schützen, falls man hierfür keine Rücklagen hat.

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Gesetzliche versicherte Arbeitnehmer sind besser abgesichert: Erst zahlt der Arbeitgeber das Entgelt fort, dann übernimmt die Krankenkasse 70 Prozent des Bruttoeinkommens für bis zu 78 Wochen. Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung müssen aber weiter bezahlt werden. Hier kann sich eine Krankentageldpolice ebenfalls lohnen, um Einnahmeausfälle aufzufangen. Auch für privat versicherte Beschäftigte ist ein solcher Schutz Pflicht: Sie erhalten nach den sechs Wochen Entgeltfortzahlung kein Geld mehr, um Lohnausfälle aufzufangen.

Schaden-Kosten-Quote 2020 über 100 Prozent

Umso mehr lässt aufhorchen, dass bei diesen wichtigen Policen die Versicherer mit steigenden Kosten zu kämpfen haben. Darauf macht aktuell das Ratinghaus Assekurata aufmerksam. „2020 legte die Schadenquote, also der Anteil der gezahlten Leistungen an den Bruttobeiträgen, im Segment der Krankentagegeldversicherungen bei nahezu allen privaten Krankenversicherern merklich zu und lag Mitte des Jahres teilweise über 100 Prozent“, schreibt Abdulkadir Cebi, zuständiger Bereichsleiter Analyse und Bewertung, auf dem Blog der Rheinstädter. Zum Vergleich: Von 2015 bis 2019 habe die durchschnittliche Schadenquote bei 74 Prozent gelegen.

Das Kölner Analysehaus sieht Parallelen zur Finanzmarkt-Krise 2008: Auch damals waren die Leistungen nahezu explodiert, um danach wieder allmählich zu sinken. „Eingedenk der Tatsache, dass es aktuell sowohl um wirtschaftliche Verwerfungen geht, als auch die Gesundheit von Menschen direkt betroffen ist, dürften die Effekte im Vergleich zur Subprime-Krise stärker ausfallen“, warnt Experte Cebi.

Eine Frage der „richtigen“ Vertragsbedingungen

Aus Sicht des Experten erfordert die aktuelle Situation, dass die Versicherten mehr denn je auf die Vertragsbedingungen der Tagegeld-Policen schauen. Denn die Assekuranzen könnten bestrebt sein, die hohen Kosten wieder einzufangen: zum einem, strenger Leistungen prüfen, und zum anderen durch steigende Prämien.

Deshalb rät Cebi, auf einige Stolperfallen in den Verträgen zu achten. Es sei wichtig, dass die Vertragsbedingungen eindeutig formuliert seien:

  • Definition Arbeitsunfähigkeit: Frauen sollten darauf achten, dass Arbeitsunfähigkeit wegen Schwangerschaft, nicht rechtswidrigem Schwangerschaftsabbruch oder Fehlgeburt als Versicherungsfall explizit aufgeführt ist.
  • Regeln für Karenzzeiten beachten: Die Versicherer definieren in den Verträgen Karenzzeiten: Dabei handelt es sich um die Zeit zwischen dem Datum der Krankschreibung und des ersten Tages, für den ein Anspruch auf Krankentagegeld besteht. Bei der Anzeige der Arbeitsunfähigkeit für die Karenzzeiten sollte hierbei geregelt sein, dass diese erst nach Ablauf der Karenzzeiten notwendig ist, durchgängig für den gesamten Zeitraum der Karenzzeit.
  • Krankentagegeld ausreichend hoch und lang: Es sollte ein ausreichend hohes Krankentagegeld vereinbart werden. Assekurata nennt hierfür keinen Wert, das ist auch abhängig von Einkommen, Bedarf und Vermögen. Mehrere Online-Makler empfehlen jedoch, 80 Prozent des Bruttogehaltes als Orientierungswert zu nehmen. Es lassen sich auch gestaffelte Zahlungen vereinbaren, so dass das Tagegeld ab Erreichen bestimmter Krankheitstage steigt. Der monatliche Lebensbedarf sollte dadurch gedeckt werden können.
  • Kein Vertragsstopp bei Erhalt einer privaten Rente: Der Bezug einer privaten Rente vor dem Eintritt des gesetzlichen Rentenalters sollte – weder für Arbeitnehmer noch für Selbstständige – keinen Einfluss auf das Fortbestehen der Versicherung haben. Zudem sollte die Versicherung nicht aus Altersgründen vor dem 67. Lebensjahr enden und an die Regelaltersgrenze durch den Versicherer angepasst werden, wenn der Gesetzgeber das Rentenalter erhöht.

Je klarer die Leistungen in den Versicherungsbedingungen formuliert seien, desto zielführender sei es für die Kunden und den Versicherer, schreibt Abdulkadir Cebi. Und er warnt vor steigenden Beiträgen in der kommenden Zeit. Hier könne eine zu optimistische Kalkulation bei einzelnen Versicherern zu einem erhöhten Anpassungsbedarf in der Zukunft führen. "Mögliche Beitragsentwicklungen dürfen aber nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass Krankentagegeldpolicen einen wichtigen, bisweilen gar existenziellen, Bestandteil des persönlichen Versicherungsportfolios darstellen", kommentiert der Experte. Er erwartet sogar eine steigende Nachfrage nach den Policen: weil in Coronazeiten das Gesundheitsbewußtsein der Bürgerinnen und Bürger gestiegen sei.

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